Säbelduell in Hamburg: Burschenschafter lassen Schüler antreten

Auf dem Weg zur Hatz: Zwei Schülerburschenschaften haben nach Hamburg eingeladen, dort sollen die Burschenschafter zur "pennalen Mensur" antreten. Ein archaisches Ritual
Erstveröffentlicht: 
06.04.2013

Helm, Säbel, freier Oberkörper: So treten Schüler-Burschenschafter zur "pennalen Mensur" an. Jetzt luden zwei Gruppen für dieses Ritual nach Hamburg. Mit rabiaten Methoden schirmten sie die Veranstaltung ab.

 

Was in der großen, weißen Villa stattfindet, lässt sich von außen natürlich nicht sehen. Aber es gibt Regeln für das Ritual hinter verschlossen Türen: Sie schreiben vor, dass sich junge Männer gegenüber treten, das Gesicht mit einem Helm bedeckt, die Oberkörper frei, in den Händen stumpfe Säbel. Damit müssen sie sich gegenseitig attackieren, wenn es sein muss bis aufs Blut.

 

Die pennale Mensur ist eine Tradition der Schülerburschenschaften, die vor allem in Österreich praktiziert wird. An diesem Samstag allerdings wird sie auch in Deutschland gepflegt: In Hamburg haben sich zwei deutsche Schülerburschenschaften getroffen, um ihre Mitglieder in einer sogenannten Hatz gegeneinander antreten zu lassen, die pennale Burschenschaft Chattia Friedberg und die gymnasiale Burschenschaft Germania. Über Facebook hatten sie ihre "Waffenbrüder" dazu eingeladen.

 

Die Chattia Friedberg wurde im vergangenen Jahr in Hamburgs Verfassungsschutzbericht als rechtsextrem eingestuft und steht unter Beobachtung. In dem Bericht heißt es, die Burschenschaft erwarte "von ihren Mitgliedern mindestens einen Fechtgang mit dem Säbel. Nach eigenem Bekunden werden so die 'Feiglinge und Dummschwätzer' aussortiert". Sie rekrutiert ihre Mitglieder unter Schülern, die mindestens 16 Jahre alt sind.

 

Schüler schlagen aufeinander ein


Burschenschaftliche Rituale werden immer wieder kritisiert. Dazu zählt vor allem die sogenannte Mensur, der reglementierte Fechtkampf, zu dem jedes Mitglied einer schlagenden Verbindung mehrfach antreten muss. Der Körper ist meist mit einem Kettenhemd geschützt, das Ziel mit dem scharfen Säbel ist der Kopf.

 

Besonders heikel ist allerdings die pennale Mensur, wie sie jetzt in Hamburg stattfinden sollte. Hier gehen nicht Studenten aufeinander los, sondern teilweise minderjährige Schüler. Sie schlagen nicht in Richtung des Kopfes, sondern zum nackten Oberkörper und zu den Armen. Das Gesicht ist geschützt, der Säbel stumpf. Angeblich alles ganz harmlos. Doch im Internet kursieren zahlreiche Bilder von massiven Verletzungen, tiefen Schnittwunden, blutigen Oberkörpern. In einem Kommentar zu der Facebook-Einladung fürchtete bereits ein Burschenschafter aus Wien, es könne eine öffentliche Debatte über ein Verbot der pennalen Mensur aufkommen.

 

Beide Burschenschaften gehören zum Allgemeinen Pennäler Ring (APR), einem Dachverband, der laut Selbstdarstellung "national-freiheitliche und wehrhafte Pennalkorporationen unter seiner Fahne" vereine. Hier formiert sich der Nachwuchs der Rechtsaußen-Burschenschafter.

 

Rechtsruck im Dachverband


Deren Dachverband, die Deutsche Burschenschaft (DB), erntete in den vergangenen Jahren wegen rechtsextremer Tendenzen immer wieder Kritik. So führt aktuell die Wiener akademische Burschenschaft Teutonia den Vorsitz. Sie zählt zu den extrem konservativen Studentenverbindungen, interne Papiere und Propagandamaterial offenbarten: Dort herrscht rechtsextremes Gedankengut.

 

Zahlreiche liberalere Verbindungen haben den Dachverband mittlerweile verlassen. Besonders schmerzhaft war der Austritt der Münchner Burschenschaft Franco-Bavaria im Februar. Die DB verlor damit eine der größten deutschen Burschenschaften und mit ihr auch eines der ranghöchsten Mitglieder, Verkehrsminister Peter Ramsauer.

 

Die Stimmung bei den Burschenschaften ist deshalb angespannt, die Presse ein rotes Tuch. Fotografiert werden will kaum einer der Hatz-Teilnehmer in Hamburg. Die meisten verdecken ihr Gesicht, als sie in das Haus der Burschenschaft Germania Königsberg gehen. Zwei von ihnen greifen jedoch zu aggressiveren Methoden.

 

Ein junger blonder Mann mit Sonnenbrille geht vor den Augen der Polizei auf einen Fotografen los, der vor dem Gebäude wartet. Er versucht, ihm die Kamera aus der Hand zu schlagen, schubst ihn nach hinten gegen einen Baum. Der Fotograf schreit, fällt. Die Polizei schreitet ein. Nach einem kurzen Handgemenge ist alles vorbei.

 

Doch nur wenige Minuten später kommt es erneut zu einem Übergriff. Dieses Mal fühlt sich ein Herr im Anzug durch die Presse gestört. Auch er wird handgreiflich, verfolgt den Fotografen sogar noch meterweit und versucht, ihn zu Boden zu werfen. Wieder muss die Polizei eingreifen, um den Angriff zu beenden.

 

Die Polizei sah allerdings keinen Grund, gegen die Veranstaltung in der weißen Villa und das archaische Ritual der Mensur vorzugehen. Bei einem Boxkampf würden sich schließlich auch junge Menschen gegenseitig verletzen, sagte ein Beamter. "Wir haben dagegen einfach keine rechtliche Handhabe."

 

Von Hannah König