Nach dem Zoff um die 1. Mai-Party 2012 gibt das Verwaltungsgericht der Stadtverwaltung Recht – die Anwohnergesprächsrunde gilt dennoch als beispielhaft.
Ohne straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis hat die Partymeile zum 1.
Mai quer durchs Sedanquartier und das angrenzende Grün fortan keine
Chance, so die Position der Stadt und der Ordnungsbehörden. Dem schließt
sich nun auch die Rechtsprechung an: Am Montag teilte das
Verwaltungsgericht Freiburg der Presse mit: "Das Verbot des autonomen
Straßenfestes 2012 (Im Grün/Sedanviertel) war rechtmäßig." Das Urteil
zur Mai-Party des vergangenen Jahres ergeht just zu dem Zeitpunkt, da in
den betroffenen Stadtteilen ungewöhnliche Wege beschritten wurden, um
fernab von Juristerei und Polizei für den diesjährigen 1. Mai friedliche
Festbedingungen zwischen allen Quartiersnutzern auszuhandeln.
Zwischen Oktober und Januar haben sich dreimal Anwohnerinnen und
Anwohner, Gastronomen und Gäste der weitreichenden Party zu Gesprächen
getroffen. Etwa 50 Menschen nahmen an den Treffen teil, die von
Mediatoren begleitet wurden. Wer wünscht sich was? Was wird als leidvoll
erlebt, was nervt?
"Heraus zum 1. Mai!" – die Parole ist Programm – auch im Sedanquartier
und im Grün. Hier lockt das traditionelle Straßenfest zum Tag der Arbeit
rings um die Spechtpassage ausgehend vom Jos Fritz Café seit fast zwei
Dutzend Jahren unübersehbar viele Menschen auf die Wilhelmstraße.
Mittlerweile allerdings ist aus dem Straßenfest eine Partymeile quer
durchs Viertel geworden, die bei den Feiernden Begeisterung entfacht,
bei etlichen lautsprecherbeschallten Anwohnern Unmut schürt – und die
mit städtischem Veto und Polizeieinsätzen im vergangenen Jahr zu neuen,
besseren Ideen für die Zukunft herausforderte. Die einen klagten auf das
Recht, ungehindert im öffentlichen Raum feiern zu können, manche
hofften auf die ordnende Hand der Behörden, andere suchten nach
basisdemokratischen Möglichkeiten, das gute alte Straßenfest möglichst
ungehindert fortbestehen lassen zu können. Einer von ihnen ist Richard
Rögler, ein Anwohner. Er sagt von sich, dass er Freude hat an einem
spontanen Fest auf der Straße. Die Querelen im Quartier beim
Vorjahresfest ließen ihn schon bald nach dem Fest aktiv werden. Mit
einer Hand voll Anwohnerinnen und Anwohner lud er zu einer informellen
Gesprächsrunde für alle Anwohnerinnen und Anwohner und andere
Fest-Beteiligte. "Mich interessiert meine Nachbarschaft", so Rögler. Das
ergebnisoffene, von allen akzeptierte Gespräch sollte möglichst
unbelastet stattfinden – die Bürgervertretung Bürgerforum Sedanquartier
trat denn auch nicht als Institution in Erscheinung. Man verhandelte
Konditionen für Zeiten und Lautstärke und Sicherheit: In der drängenden
Enge beim Straßenfest wäre im Vorjahr bei einem Notfall kein Notarzt
durchgekommen.
Auch als Vertreterinnen und Vertreter dieses "Runden Tischs" vergangene
Woche mit Stadt und Polizei zusammenkamen, um den ausgehandelten
Kompromiss aus den Gesprächsrunden vorzustellen, war das Bürgerforum
nicht mit von der Partie. "Wir tragen den Kompromissvorschlag mit", sagt
Ulrich Armbruster vom Bürgerforum, "aber der ganze Prozess spielt viel
näher an der Basis, als dass wir da als Einrichtung mittun sollten."
Die Stadt habe die Absprachen des Runden Tischs mit Interesse zur
Kenntnis genommen, bescheinigt Stadt-Sprecherin Edith Lamersdorf, doch
Voraussetzung für ein Straßenfest am 1. Mai sei eine ordnungsgemäß
beantragte Sondernutzungserlaubnis. Zu der war bislang nur
Jos-Fritz-Café-Betreiber Günther Glanz bereit. Der allerdings will den
Antrag nur stellen, wenn auch andere Verantwortliche für "ihre"
Straßenabschnitte Anträge stellen. Sonst zieht er zurück. "Dass wir quer
durch alle Interessengruppen Kompromisse ausgehandelt haben, ist ein
Erfolg", hält Rögler fest, "und die gelten ja auch, wenn kein
Wilhelmstraßenfest stattfinden sollte."