[Rz-Prozess ffm] "Der Denunziant geht mal davon aus.."

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Im Frankfurter RZ Verfahren am vergangenen Freitag fasste die Verteidigung die Widersprüche des Kronzeugen Klein zusammen, die bezüglich seiner Anwerbung und des Waffentransports für den OPEC-Überfall 1975 in Wien vorliegen. Damit ist die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen völlig demontiert. So gibt Klein in seinen bisherigen Aussagen vier verschiedene Versionen von seiner Anwerbung im Stadtwald an. Immer war B. Kuhlmann dabei, dann fügte er verschiedene Namen von einem oder mehreren Männern hinzu. Der Name Sonja Suder fiel erst nach seiner Inhaftierung 1999, als Namen gefordert waren, um Strafrabatt in der Kronzeugenregelung zu erlangen.

 
Die grundlegenden Widersprüche waren schon bei der Anklageerhebung 2012 bekannt. Sie wurden in Kleins Prozess 2000 bereits gerichtlich festgestellt und führten folgerichtig zum Freispruch eines Mitangeklagten. Die Zulassung der Anklage gegen Sonja Suder zeigt daher, dass das Gericht offenbar nicht an Fakten interessiert ist.

Die in der Hauptverhandlung erörterten Widersprüche sind so massiv, dass die Verteidigung am Freitag die Aufhebung des Haftbefehls von Sonja Suder beantragte und ihre sofortige Freilassung fordert.
Es ist ein Skandal, dass Sonja Suder seit fast 1,5 Jahren in U-Haft sitzt und das Frankfurter Landgericht nur Widersprüche und Lügen eines Kronzeugen präsentieren kann. Welche Motivation hätte das Gericht, dem Antrag auf Freilassung nicht stattzugeben?

Am Dienstag, 5.2. um 9 Uhr wird die Entscheidung des Gerichts verkündet und die Vernehmung des Kronzeugen durch die Verteidigung fortgesetzt.

 

Der Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls

PM auf Französisch

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Prozessbericht vom 1.2.2013

 

Nach der erneuten Abweisung einer der Personen, die vom Prozess ausgeschlossen worden waren, stellte die Verteidigung den Antrag, die Ausschlüsse aufzuheben, weil die Aufrechterhaltung unverhältnismäßig sei. Nach zehn Minuten Pause gab das Gericht bekannt, dass der Antrag abgelehnt ist.

 

Dann ging es mit der Befragung des Zeugen Klein weiter. Den Anfang machte die Staatsanwaltschaft, die zunächst nach Kleins Verhältnis zu den Angeklagten Suder und Gauger fragte. Im Verlaufe dieser Befragung kam heraus, dass Klein zwar sagte, Gauger wäre oft bei Sponti-Geschichten dabei gewesen, aber er würde ihn nicht wiedererkennen. Das Verhältnis damals sei aber freundschaftlich gewesen. Auf die Frage, ob er ihn als Christian Gauger kenne, antwortete Klein, er wüsste nicht mal mehr den Vornamen. In einer Vernehmung 1999 konnte er mit Gauger gar nichts anfangen und auch mit Suder nichts verbinden. Dann ging es darum, wie die Beziehungsverhältnisse in den RZ waren. Klein sagte, es sei damals ungewöhnlich gewesen, eheähnlich zusammen zu leben. Das hätten aber sowohl Brigitte Kuhlmann und Wilfried Böse als auch Johannes Weinrich und Magdalena Kopp getan.

 

Weil er wiederholt so antwortete, wurde Klein gefragt, was eigentlich die Formulierung „ich gehe mal davon aus…“ heiße. Er sagte unter anderem, das sei eine Art Redewendung von ihm und heiße soviel wie „So muss es gewesen sein.“
Weiter ging es um die Beschreibung der Wohnung in Wien, in der die Gruppe vor der OPEC-Aktion untergekommen gewesen war. Einige Dinge schilderte Klein sehr konkret, an andere – wie zum Beispiel ob es einen Code gegeben habe, um hereingelassen zu werden – konnte er sich nicht erinnern. Deutlich, sagte Klein, könne er sich daran erinnern, dass die Waffen der RZ damals in einem Koffer kamen. Diesen konnte er allerdings nicht beschrieben und es schien mehr als würde er aus der Annahme, dass es keine Tasche gewesen sein könne auf einen Koffer schließen.


Auch wer die Waffen ausgepackt hatte, konnte er nicht sagen. Sicher war er dagegen, dass er sie geputzt hat. Einige Widersprüche ergaben sich aus der Beschreibung der Waffen, die damals geliefert worden seien. In seinem Buch „Rückkehr in die Menschlichkeit“ schrieb er nichts von einer Kalaschnikow, nun tauchte eine solche in seinen Erinnerungen auf. Auf Nachfrage folgerte er, dass er sich heute irren müsse: Wenn es im Buch stehe, würde es stimmen. Die Waffen wurden jedenfalls nach Frankfurt zurückgeschickt, weil libysche ankamen. Klein sagte aus, dass die Aktion trotz der RZ-Waffen abgebrochen worden wäre, wenn es nicht die libyschen gegeben hätte.

 

Weiter ging es um die Festnahme Kleins, die, so er zunächst, in einem von ihm angemieteten Haus stattgefunden habe. Als die Oberstaatsanwältin nachfragte, ob es nicht doch in einer Kneipe gewesen wäre, erinnerte er sich plötzlich an diese Version und die genaue Uhrzeit: „16.20 Uhr… äh…18.20 Uhr“. Warum er sich gestellt habe wurde weiter gefragt. Er gab an, er sei gesundheitlich angeschlagen gewesen, hätte keinen Job und zwei Selbsttötungsversuche hinter sich. Daniel Cohn-Bendit hätte ihm dann empfohlen, sich zu stellen. Ob es Überlegungen gab, wie er Straferlass bekommen könnte, fragt die Oberstaatsanwältin weiter. Nein, antwortete Klein um sich später mit einem Brief seines damaligen Anwalts konfrontiert zu sehen, der bei der Festnahme gefunden wurde und in dem dieser ihm die Bedingungen der Kronzeugenregelung in Deutschland erläuterte. Daran hatte Klein keine Erinnerungen.

 

Der Anwalt der Nebenklage fragte dann nach der Ermordung des Polizisten Tichler, dessen Sohn er vertritt. In seinem Buch beschreibt Klein die Ermordung Tichlers, gab in seiner Vernehmung allerdings an, er habe die Fakten aus der Zeitung und war selbst nicht dabei. Weiter fragte die Nebenklage, um wen es sich bei der Auslassung in seinem Buch handelte bei der Stelle „Waffen und Plan für die OPEC-Aktion kamen von …“?. “Libyen” sagte Klein, gab aber an, er habe in Wien keine Libyer getroffen.


Die Verteidigung konzentrierte sich zunächst auf einige Treffen zwischen Klein und dem Verfassungsschutz vor seiner Festnahme. Die Angaben, wie das abgelaufen sei, waren etwas unklar. Klein konnte sich praktisch nur noch daran erinnern, dass der VS den Klarnamen von „Nada“ wissen wolle und ihm nur dann zu helfen bereit sei. Wie diese Hilfe ausgesehen haben könnte und was er selber vom VS wollte bzw. wie er seine Bedürfnisse geäußert hätte, konnte oder wollte Klein nicht äußern. Auch als er mit seiner Aussage, er wolle auf keinen Fall in den Knast gehen konfrontiert wurde, konkretisierte sich das nicht. Er wisse einfach nicht mehr viel.

 

Nach der Pause wurde es dann spannend. Klein wurde mit verschiedenen Aussagen konfrontiert, die er im Laufe der Jahre zu den Treffen gemacht hatte, auf denen er für die OPEC-Aktion angeworben wurde.


Ein anderer Punkt jedoch wurde vorher noch erörtert, nämlich der Brief, den Klein im Mai 1977 an den Spiegel geschrieben und dem er seinen Revolver beigelegt hatte. Kleins Aussage, dass er damit das Leben zweier Rabbiner habe retten wollen, die von den RZ ermordet werden sollten, konfrontierte die Verteidigung mit der Tatsache, dass diese Information reichlich beiläufig am Schluss des Briefes auftauche und dass er diese Information scheinbar schon zwei Monate oder sogar ein halbes Jahr zuvor hatte! Widersprüchlich scheint außerdem, dass Klein zuvor sagte, in der Regel seien nicht involvierte RZ-Leute nicht in andere Aktionen eingeweiht gewesen.

 

Zum Schluss beantragte die Verteidigung die Aufhebung des Haftbefehls gegen Sonja. Sie begründete dies damit, dass Klein sich in seinen Aussagen über die Treffen im Frankfurter Stadtwald, bei denen er für die OPEC-Aktion angeworben worden sei, immer sicher war, dass er dort Brigitte Kuhlmann getroffen hat. Er habe dann in seinen Unterlagen oder Interviews vor (!) seiner Verhaftung immer von einem oder mehreren Männern (!) gesprochen, die dabei gewesen wären. Erst nach seiner Verhaftung sei dann der Personenkreis noch größer geworden und auch der Name Sonja Suder aufgetaucht.


Jetzt in diesem Prozess taucht die neueste Version auf: es sind zwei Frauen bei den Treffen gewesen: Kuhlmann und Sonja Suder und kein Mann oder Männer. Dieser krasse Gegensatz zu früheren Aussagen und eine Menge Widersprüche in seinen anderen Aussageteilen machen Klein so unglaubwürdig, dass der Haftbefehl aufgehoben werden muss, obwohl die Vernehmung von Klein (durch die Verteidigung) noch nicht abgeschlossen ist.

 

Die Verteidigung kündigte an, sich an den nächsten Verhandlungstagen weiter auf den Brief an den Spiegel zu konzentrieren. Klein will wochenlang von der geplanten Ermordung der Rabbiner gewußt haben und “obwohl nur noch Fluchtautos besorgt werden müssten” (so sein Schreiben an den Spiegel) staatliche Stellen nicht informiert haben, weil er kein Verräter sein wollte. Sie machte dann in einer eindrücklichen Erklärung deutlich, dass es in den 60iger Jahren sehr viele Menschen in der Bundesrepublik gegeben hat, die froh waren, dass jüdische Menschen (wieder) hier leben wollten. Von einem Mordanschlag an Rabbiner zu hören und nicht sofort alles zu tun, um das zu verhindern wäre nicht vorstellbar gewesen.