Sebastian Striegel: Behinderte Abgeordneter die Polizei bei Anti-Nazi-Demo?

Die Polizei in Magdeburg geht Hinweisen auf ein möglicherweise rechtswidriges Verhalten des Grünen-Abgeordneten Sebastian Striegel bei einer Demonstration gegen Neonazis nach. (ARCHIVFOTO: PETER WÖLK)
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Erstveröffentlicht: 
24.01.2013

VON HENDRIK KRANERT-RYDZY, 24.01.13, 16:49h, aktualisiert 25.01.13, 00:15h

MAGDEBURG/MZ. In Polizeikreisen gilt er als rotes Tuch - der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel. Zuletzt sorgte der 31-jährige Landtagsabgeordnete mit seiner Ankündigung, das Verhalten von Polizisten bei Gegendemonstrationen zu einem Nazi-Aufmarsch in Magdeburg kontrollieren zu wollen, für scharfe Kritik. Mit anderen Parlamentariern wollte Striegel dafür sorgen, dass die Polizei angekündigte Blockaden von linken Gegendemonstranten nicht gewaltsam auflöst.

 

Doch nun soll Striegel genau bei dieser Demo am 12. Januar 2012 selber mit der Polizei in Konflikt geraten sein: Beim Einsatz einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der niedersächsischen Polizei, die ihre sachsen-anhaltischen Kollegen unterstützte, soll Striegel die Festnahme eines des Landfriedensbruchs verdächtigen Mannes massiv behindert haben. Der Mann soll zuvor Polizisten mit Steinen beworfen haben. Zwei Polizeikommissare aus Braunschweig gaben nach MZ-Informationen anschließend zu Protokoll, dass Striegel mehrfach versucht habe, in die Nähe des Festgenommenen zu kommen. Ein Befreiungsversuch habe nicht ausgeschlossen werden können, zumal Striegel mehrfach Aufforderungen, sich zu entfernen, missachtet habe. Erst als Striegel selbst die Festnahme angedroht worden sei, habe er nachgegeben.

 

Striegel zeigte sich überrascht von den Anschuldigungen, von denen er nur aus den Medien erfahren habe. Inhaltlich wollte er sich nicht äußern, er baue aber auf die Justiz in diesem Land. Striegels Fraktionschefin Claudia Dalbert sowie die Linken im Landtag stellten sich hinter Striegel: „Ich halte den Vorwurf für absurd“, so Dalbert. Das rechtsstaatliche Verfahren gebiete es zudem, dass zunächst der Betroffene informiert wird und dann der Landtag über die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten entscheide. „Dieser Vorgang erinnert mich stark an die Vorverurteilungen, die schon vor der Demonstration gegen den Abgeordneten Striegel an die Presse lanciert worden sind“, so Dalbert.

 

Linken-Innenpolitikerin Henriette Quade, die Striegel am Tag der Demo begleitete, sagte: „Das Vorgehen der Behörden nährt den Verdacht eines politisch motivierten Verfahrens.“ Sie habe zudem „nichts dergleichen beobachten können“, was Striegel vorgeworfen werde. Vielmehr sei Striegel massiv verbal von Polizisten attackiert worden. Linken-Fraktionschef Wulf Gallert sprach vom Versuch einer gezielten politischen Diskreditierung. CDU und SPD attackierten Striegel hingegen. „Wenn sich aber bewahrheiten sollte, dass er versucht hat, Polizisten aktiv daran zu hindern, einen autonomen Straftäter abzuführen, dann hat er den Bogen eindeutig überspannt“, sagte CDU-Innenpolitiker Jens Kolze. Das Mandat eines Abgeordneten berechtige nicht, in polizeiliches Handeln einzugreifen. Kolzes SPD-Kollege Rüdiger Erben erklärte, Striegel können nicht erwarten, von der Polizei anders als jeder andere Bürger behandelt zu werden, wenn er sich in die Arbeit der Polizei einmische: „Wer in der Küche arbeitet, muss auch Hitze aushalten.“ Das Innenministerium wollte sich nicht äußern.