Gestützt auf die Erfolge des Schülerstreiks im letzten Herbst hat sich
ein Bündnis von Gewerkschaftlern, Studenten, Schülern,
Auszubildenden in Betrieben und Berufsschülern gegründet um durch eine
bundesweite Aktionswoche auf die Missstände des Bildungssystems
aufmerksam zu machen.
Frage: Kannst du kurz das Bündnis vorstellen und sagen wie es zu dieser Zusammensetzung kam?
Wir
sind ein Bündnis, bestehend aus Schüler, Studenten, Azubis und
Gewerkschafter, die sich unter dem Motto „Bildungsblockaden
einreißen“ zusammengefunden hat.
Uns haben die bereits
angesprochenen Schülerstreiks im letzten Jahr, bei denen im ganzen
Bundesgebiet über 100 000 Menschen auf der Straße waren,
gezeigt, dass es wichtig ist die Proteste auszuweiten und die
Probleme die existieren nicht vereinzelt zu betrachten. Schließlich
sind nicht nur Schüler, oder eben nicht nur Studenten von den
Maßnahmen der Politik betroffen. Der gesamte Komplex von
Bildungsinstituten, wie Schulen und Universitäten sind betroffen,
d.h. Es sind alle die in den Institutionen arbeiten, seien es
Lehrende, Lernende und Angestellte, von den Maßnahmen abhängig und
betroffen und müssen als Gesamtes gesehen werden. Unser Bündnis und
die Aktionswoche sollen die scheinbaren Einzelinteressen miteinander
verbinden und in einen größeren Rahmen setzen, um die Bezüge und
Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.
Frage: Wo liegen denn eurer Meinung nach die Probleme? Also was versteht ihr unter Bildungsblockaden?
Wie
angesprochen unterscheiden sich die Probleme von Schülern,
Studenten, Azubis und Arbeitnehmern im konkreten voneinander und
können nicht pauschal abgehandelt werden. Die Tendenz ist aber in
allen Bereich die selbe.
Neben der Tatsache, dass sich der
Leistungsdruck in den Schulen und Universitäten ständig erhöht muss ein
Großteil der Studenten neben dem Studium arbeiten, um sich überhaupt
finanzieren zu können, Schüler haben in überfüllten Klassenräumen mit
überforderten und frustrierten Lehrern 40 Stunden in der Woche
Frontalunterricht und Auszubildende sind mit der Situation
konfrontiert – wenn sie denn mal eine Firma gefunden haben, die
noch in der Lage ist sie auszubilden – dass sie nur in den seltensten
Fällen übernommen werden. Also ganz allgemein gesagt erhöht sich in
allen Bereichen der Leistungsdruck. Dadurch entsteht Konkurrenzdenken
und jeder versucht für sich selbst ohne Rücksicht auf die anderen das
Beste rauszuholen. Dass mit einem solchen Denken niemandem geholfen
ist, sollte klar sein. Die einzigen die davon profitieren sind
die, die Sozialabbau betreiben, Löhne senken, den Leistungsdruck
stetig erhöhen und kein Interesse daran haben, dass wir uns für
unsere gemeinsamen Interessen zusammenschließen.
Uns war es
wichtig auch Auszubildende in unserem Bündnis mit aufzunehmen und deren
Situation zu thematisieren, denn gerade die Arbeitssituation der
meisten Auszubildenden (aber auch der bereits Ausgebildeten, bzw.
sogenannten Ungelernten) verschärft sich schon seit Jahren
zunehmend: Durch wachsende Arbeitslosenzahlen kann die Situation auf
dem Arbeitsmarkt zunehmend verschärft werden, ohne dass sich großer
Widerstand regt: Beispiele hierfür sind der angesprochene
Sozialabbau, Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung und kaum
Lehrstellen. Wenn sich die ArbeiterInnen dann wehren und auf die
Straße gehen sind sie damit konfrontiert, dass sie gekündigt werden
und ihnen damit ihre Lebensgrundlage entzogen wird.
Wir denken,
dass es notwendig ist diese Problematik mit in unsere Forderungen
aufzunehmen. Schließlich versuchen wir ja mit dem Bündnis die
verschiedenen Problematiken und Interessen in einen größeren Kontext zu
stellen. Darüber hinaus ist es ja wie eben aufgezeigt für
ArbeitnehmerInnen weitaus schwieriger ihren Protest auf die Straße zu
tragen als für Studenten oder Schüler und macht die Notwendigkeit
deutlich sie in diesem Vorhaben zu unterstützen.
Frage: Kannst du noch kurz was zu der Situation von Schülern und Studenten sagen?
In
Schulen findet schon früh durch das dreigliedrige Schulsystem eine
soziale Selektion statt. Auch wenn Politiker immer wieder behaupten,
dass jeder und jede die Chance hat die höchstmögliche Bildung zu
erhalten, stellt es sich in der Realität anders dar: Gymnasiasten
kommen eher aus sozial besser gestellten Familien, während
Realschüler und Hauptschüler eher aus aus sozial benachteiligten
Familien kommen. Darüber hinaus steigt durch die Verkürzung der
Schulzeit, durch
die kaum vorhandene Aussicht auf einen Job nach der Schulzeit der Leistungsdruck, wie auch das Konkurrenzdenken.
In
den Universitäten stellt sich das ähnlich dar. StudentInnen müssen
durch die Einführung der Studiengebühren arbeiten um sich zu
finanzieren, durch die Umstellung des Studiums auf den Bachelor und
Master verkürzt sich die Studienzeit, der Leistungsdruck wird erhöht
und die Inhalte gehen verloren.
Von Beginn an wird versucht
die Bildung darauf auszurichten später für die Wirtschaft verwertbar zu
sein. Bildung wird kommerzialisiert und Wissen wird nur zur
Verwertung und zur Herstellung von Reichtum von anderen angeboten –
das zeigt sich nicht zuletzt an der faktischen Abschaffung von
geisteswissenschaftlichen Fakultäten oder an der Fächerauswahl in
Schulen.
Das sind alles Auswirkungen des sogenannten Bologna Prozesses, die auch in diesem Kontext gesehen werden müssen.
Ohne
zu theoretisch zu werden müssen wir uns doch immer fragen welche
Funktion Bildung hat und wem das momentane Bildungssystem denn
eigentlich nutzt. Wir müssen uns klar machen, dass sowohl in
Schulen als auch in Universitäten Meinungsbildung betrieben wird, um
die herrschende Meinung zu reproduzieren – das spiegelt sich in den
Lehrbüchern wider, in den Lehrplänen und zeigt sich in der enormen
Hetze, mit der jegliche fortschrittliche Bewegung und alternative
Option überzogen wird.
Dieser Meinungsbildung wollen wir unseren
Protest entgegensetzen und zeigen, dass wir mehr sind als verwertbare
Objekte und dass wir uns unser Recht auf freie Bildung nehmen und
erkämpfen werden.
Frage: Was wollt ihr mit dem Streik erreichen?
Wir
wollen mit dem gemeinsamen Streik von SchülerInnen, StudentInnen,
Auszubildenden und ArbeitnehmerInnen in der Protestwoche zeigen,
dass so wie es momentan ist für uns nicht mehr hinnehmbar ist. Es
geht uns nicht darum für eine Woche zu schwänzen oder einfach nur so
auf die Straße zu gehen, dass wir auf der Straße waren. Sowohl als
Student, als auch als Schüler – als Arbeitnehmer ja sowieso –
sind wir mittlerweile mit einer Situation konfrontiert, die uns
keinerlei Freiräume mehr lässt. Wir wollen durch den Streik
einerseits Aufmerksamkeit erregen und über unsere Situation informieren
und andererseits auf die Politik und die scheinheiligen Parlamentarier
– die einem ja gerne das Blaue vom Himmel versprechen – Druck
ausüben.
Dafür findet bundesweit vom 15. bis 19. Juni eine Aktionswoche unter dem Motto „Bildungsblockaden einreißen“ .
Frage: Was ist denn konkret geplant?
Bereits
im Vorfeld der Aktionswoche wird es verschiedene Aktionen geben. So
wird es unter anderem eine Pressekonferenz geben und kleinere Aktionen
gegen Bildungsblockaden. Am 10. Juni gibt es dann eine
Infoveranstaltung zum Thema Bildungsstreik, bei denen VertreterInnen
der Schüler, Studenten, Auszubildende und Lehrende zu Wort kommen
werden und die Frage der Funktion von Bildung diskutiert werden soll.
In der Aktionswoche selbst wird es dann am Montag, den 15. Juni
und am Dienstag, den 16. Juni in den verschiedenen Bereichen
Aktionen und Veranstaltungen geben, die auf die Hintergründe des
Streiks und der Aktionswoche eingehen werden, sowie dazu aufgerufen
wird am Mittwoch, den 17. Juni gemeinsam gegen die
Bildungsblockaden auf die Straße zu gehen und zu streiken. Nach dem
Streik am Mittwoch gibt es dann noch ein Fest.
Am Donnerstag,
also dem 18. Juni, findet der sog. „Tag des zivilen
Ungehorsams“ statt, wo es verschiedene Aktionen rund um die
Thematik Bildung geben wird. Am Freitag ist dann ein größeres Fest
geplant mit anschließendem Konzert.
An den Universitäten in
Stuttgart und Hohenheim wird es verschiedene Aktionen geben. So wird
es sowohl in Hohenheim als auch in Stuttgart ein Alternativprogramm zur
normalen Universität geben.
Das alles kann man auch nachlesen auf unserer Homepage unter: www.bildungsstreik2009.de/stuttgart
Bildung
geht uns alle an! Beteiligt euch an der Organisation, beteiligt
euch an den Aktionen! Bildungsblockaden einreißen!