Stresstest der US-Banken ein riesiges Schmierentheater

Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main

Die Kritik am "Stresstest" für US-Banken ist gewaltig und inzwischen wird sogar berichtet, es habe sich um ein abgekartertes Spiel gehandelt. Gespottet wird in den Wirtschaftszeitungen über den "nicht so stressigen Test" und er wird auch als "Schmierentheater" bezeichnet. Statt dem herbeifabulierten Kapitalbedarf der Banken von 75 Milliarden US-Dollar und drohenden Verlusten zwischen 600 und 950 Milliarden Dollar summieren sich weiter Billionen an faulen Krediten und Wertpapieren auf, die noch in den Bilanzen verborgen sind. Tatsächlich wurde mit dem Test nichts getestet, sondern die Bedingungen zur besseren Verschleierung der Probleme im Vorfeld geschaffen. Zur Krisenbekämpfung begibt sich aber auch die Europäische Zentralbank (EZB) immer deutlicher auf US-Kurs von Helikopter Bernanke und wirft die Notenpresse an. Sie stürzt weitere Dogmen um und kauft nun auch Anleihen auf. Die alternativen Maßnahmen der "quantitativen Lockerung" greifen weltweit weiter um sich. Der Spielraum zur Deflationsbekämpfung wurde mit der Zinssenkung weiter verringert, in der Japan nun erneut versinkt.

Zur Orchestrierung der positiven Testergebnisse, die schon im Vorfeld festgestanden haben, rechneten die Großbanken kürzlich schnell angebliche Gewinne herbei, weil sie ihre "Unwertpapiere" nun nicht mehr zu dem realen Wert (Null) in den Bilanzen führen müssen. Und so müsste eigentlich auffallen, dass trotz der angeblichen neuen Gewinne der Kapitalbedarf bei der Bank of America oder der Citigroup sogar noch höher ausgefallen ist, als ohnehin erwartet worden war. Letztere wird durch Umwandlung von Vorzugs- in Stammaktien nun sogar praktisch verstaatlicht und das im Stammland des Kapitalsismus.


Geprüft wurde in dem angeblichen Belastungstest eben nicht, ob das Eigenkapital auch dann noch ausreicht, wenn sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert, wie Geithner behauptete. Das Worst-Case-Szenario war bestenfalls ein Best-Case-Szenario.  Denn es gab kein Szenario, das eine Rezession untersucht, die "tiefer und länger" ausfällt. Denn das "nachteilige Szenario" ging von einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung für 2009 von 3,3 % aus. Für 2010 wird schon wieder ein Wachstum von 0,5 % angesetzt, wobei die Arbeitslosenquote nur auf 8,9 Prozent steigen werde.

Doch tatsächlich schrumpfte die US-Wirtschaftsleistung im ersten Quartal mit 6,1 % noch deutlich stärker als ohnehin mit 4,7 % erwartet. Die angenommene Arbeitslosenquote von 8,9 % gemäß dem "nachteiligen Szenario" nun sogar schon im April gerissen wurde. Offiziell verloren erneut 539.000 Menschen ihre Stelle. Doch das hat die Ergebnisse des Tests nicht beeinflusst, denn auf das verkündete positive Ergebnis wurde auf allen Ebenen hingearbeitet.

 

Dass die Löcher bei den Finanzinstituten Banken deutlich größer klaffen, darauf weist vieles hin. So wird allgemein damit gerechnet, dass sich die Verluste der Großbanken in den nächsten zwei Jahren nicht auf 600 Milliarden Dollar summieren dürften. Sogar der schlimmste anzunehmende Ausblick des Tests greift mit 950 Milliarden noch viel zu kurz. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet, dass der Finanzsektor weltweit noch Gesamtverluste von 4,1 Billionen Dollar verkraften muss, 2,7 Billionen davon allein in den USA. Der New Yorker Ökonomie-Professor Nouriel Roubini, auch als "Mr. Doom" benannte Nationalökonom rechnet mit Gesamtverlusten der US-Banken von 3,6 Billionen Dollar und dabei fiel der Dampfplauderer in den letzten Wochen eher als Beschwichtiger auf. Tatsächlich werden Konsum- und Kreditkartenkredite wegen steigender Arbeitslosigkeit faul und fauler. Auch die Erträge der Banken und die Wertentwicklung gewerblicher Immobilien wurden im Test zu optimistisch bewertet. Neben dem möglichen Desaster bei den Derivaten sind auch weitere die Kreditausfälle bei privaten Immobilen zu nennen.

 

Der Hedgefondmanagers George Soros erklärte in einem Interview, der Test sage nichts über die gegenwärtige Verfassung der Banken aus. Über den Zustand der US-Banken sagte er: "Die Angst ist - und ich teile diese Angst -, dass das gesamte Bankensystem insolvent ist". Eine Reihe von Banken muss rekapitalisiert oder liquidiert werden. Immobilien würden mindestens 30 Prozent an Wert verlieren. "Was mit den Wohnimmobilien anfing, geht jetzt bei den Gewerbeimmobilien weiter", sagte er.

 

Anders als in Japan, den USA oder Großbritannien hat sich die Europäische Zentralbank (EZB) einen Spielraum zur Deflationsbekämpfung aufrechterhalten, die inzwischen in einigen Ländern droht. Während der Leitzins in Japan und den USA nahe Null und bei den Briten schon bei 0,5 % liegt, hat die EZB den Leitzins nun um 0,25 % auf 1 % gesenkt. EZB-Chef Jean-Claude Trichet schloss nach der siebten Leitzinssenkung seit Oktober eine weitere Lockerung der Geldpolitik aber nicht aus. Insgesamt nähert sich die EZB damit deutlicher der Nullzinspolitik an. Auch mit einem anderen Schritt begab sich diese Woche die EZB auf den Kurs der US-Notenbank (FED) und deren unkonventionellen Geldpolitik. Denn beschlossen wurde auch, dass die EZB für etwa 60 Milliarden Euro so genannte "covered bonds" (Pfandbriefe) aufkauft. Das ist eine Maßnahme alternativer Geldpolitik nach dem Vorbild der quantitativen Lockerung auch wenn Trichet das anders darzustellen versucht.


Auch die Bank of England (BoE) hat sich zu weiteren Schritten des "quantitativ easing" entschlossen. Zwar hat die BoE nicht weiter an der Zinsschraube gedreht, um den Spielraum zur Deflationsbekämpfung nicht ganz zu verlieren, doch in Großbritannien wurde das Aufkaufprogramm ausgeweitet. Mit dem Ankauf von Staats- und Firmenanleihen wurde schon im März begonnen. Statt 50 Milliarden Pfund hat das Finanzministerium der Notenbank nun einen Rahmen von maximal 150 Milliarden für geldpolitische Operationen zugebilligt und damit beginnen auch in London die Notenpressen heiß zu laufen, wie es zu erwarten war.

 

Wer Interesse an einer ausführlicheren Fassung hat, findet sie hier.