Trotz brauner Bremsspur in den Bundestag?

Kleine-Hartlage und Mannheimer
Erstveröffentlicht: 
26.09.2012

Die Freien Wähler wollen mit Anti-Euro-Populismus in den Bundestag. Als Steigbügelhalter geben sich der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel und der Hamburger Professor für Volkswirtschaftslehre, Bernd Lucke, mit einer neuen „Wahlalternative“ her. Doch es gibt auch weniger vorzeigbare Unterstützer.

 

Von Roland Sieber


Als „völlig maß- und konzeptionslos“ kritisieren die Freien Wähler zusammen mit der „Wahlalternative 2013“ und den nationalchauvinistischen Initiativen „Aktionsgemeinschaft Direkte Demokratie“, „Bündnis Bürgerwille“ und der „Zivilen Koalition“ die durchgesickerten Pläne zur Vervierfachung des ESM-Volumens:

 

„Hier wird Geld des Steuerzahlers mit vollen Händen ausgegeben, um die Ansprüche von Banken und Hedgefonds gegenüber zahlungsunfähigen Staaten abzusichern“.

 

Bernd Lucke, Sprecher der „Wahlalternative 2013“ und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, weist darauf hin, dass keinerlei Vorstellungen darüber entwickelt würden, wie diese Mittel jemals zurückgezahlt werden können. „Die Empfängerstaaten sind doch schon jetzt praktisch pleite“, sagt Lucke und verweist darauf, dass es mit der „Wahlalternative 2013“ eine politische Initiative prominenter Persönlichkeiten gebe, die sich für eine Kehrtwende in der Euro-Rettungspolitik einsetze.

 

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Damit dürfte die Politik der Einthemeninitiative auch schon zusammengefasst sein: Chauvinistische Parolen gegen südeuropäische Länder zur Unterstützung des Wahlkampfes der Freien Wähler öffentlichkeitswirksam herausgeben. Ein eigenständiger Wahlantritt ist nicht geplant.

 

Brisant ist, dass als Generalsekretär dieser neuen „Wahlalternative“, Gerd Robanus, fungiert. Dieser ist Bundesvorstandsmitglied der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU. Mit dem stellvertretender Sprecher Konrad Adam, dem ehemalige politische Chefkorrespondent der „Welt“ und Feuilletonist bei der FAZ, ist die Berichterstattung in den konservativen Medien mutmaßlich sichergestellt. Unter den Gründungsmitgliedern befindet sich auch der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider. Schachtschneider veröffentlicht regelmäßig in verschwörungsideologischen und neurechten Publikationen und trat auf Vorschlag der NPD-Fraktion als Experte im Europaausschuss des sächsischen Landtags auf.

 

Auf oben schimpfen, nach unten treten

 

Der Mittelstand fühlt sich offenbar zunehmend von „denen da oben“ abgezockt und betrogen und tritt nach unten, auf die als „Arbeitsfaulen“ und „Sozialschmarotzer“ verächtlich gemachten. Auf diejenigen, die angeblich auf Kosten der „Leistungsträger“ leben. Dies ist der rechtspopulistische und sozialchauvinistische Trampelpfad, den Thilo Sarrazin mit seinen letzten zwei Büchern – „Deutschland schafft sich ab“ und „Europa braucht den Euro nicht“ – zur Autobahn breitgetreten hat.

 

Dazu passt das Sarrazin am 06. November den „Deutschen Mittelstandspreis 2012“ „für seine publizistische Auseinandersetzung mit der Eurokrise, die auch vor unbequemen Wahrheiten und Repressalien ′seiner′ SPD nicht zurückschreckt“ verliehen bekommt. Er soll angeblich den „demokratische Diskurs über die Zukunft Europas und des Euro wiederbelebt“ haben.

 

Rassismus und Kulturalismus

 

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Die Freien Wähler Frankfurt werben: „SARRAZIN beherzigen – ohne Schmerzen …“. Der neurechte Kommunikationswissenschaftler Andreas Kämmerer veröffentlichte auf deren Website unter der Zwischenüberschrift „Die neue deutsche Diktatur: Vielfalt“ folgende rassistische Ausführung:

 

„Doch die Realität des staatlich erzwungenen Nebeneinanders nicht verträglicher Fremdkulturen ist den Menschen des Alltags auf der Straße nur zu bekannt. Es sind die negativen Folgen einer staatlich verordneten Zwangsvermischung von Völkern und Kulturen, die sich teilweise gegenseitig ausschließen und wohl niemals zusammenfinden werden.

 

Die Folgen dieses unvernünftigen Zwangs der Vermischung nichtkompatibler Kulturen sind soziale Verelendung, sind der drohende Zusammenbruch eines lange Jahrzehnte gesunden Sozialstaates, sind die Vernichtung von Ersparnissen und Rentenleistung, von Lebenszeit einer ganzen Nation, die für die negativen Kosten und Folgen der ganzen Welt aufkommen und bezahlen sollen. Diese Folgen sind Vergewaltigungen und Mord und Totschlag, sind Körperverletzungen, millionenfache Angriffe auf die eingesessene Bevölkerung in ihrem eigenen Land.“

 

(Quelle: http://freie-waehler-frankfurt.de/artikel/index.php?id=384)

 

Auf Einladung der Frankfurter Freien Wähler stellte der neurechte Publizist Manfred Kleine-Hartlage im Mai sein Buch „Neue Weltordnung“ vor. Im Rahmen dieser Lesereihe traf der Sozialwissenschaftler anschließend in Stuttgart die rassistischen BPE-Aktivisten Helene-Elisabeth Ilona Schliebs und Karl-Michael Merkle alias Kybeline und Michael Mannheimer, wie er stolz auf seinen Blog „Korrektheiten“ mitsamt Foto berichtet.

 

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Bereits 2011 gab Kleine-Hartlage zusammen mit Martin Lichtmesz das Buch „Europa verteidigen“ mit zehn Texten des Breivik-Vorbilds Fjordman heraus.

 

Unterstützung von der NPD

 

Den Freien Wählern in München blieb nur die Flucht in geschlossen Veranstaltungen, als diese die Mitdemonstranten der NPD und deren Tarnliste „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) bei den wöchentlichen Montagsdemos wegen sehr ähnlichen euro-politischen Forderungen nicht mehr los wurden.

 

Wenn die Medien sich nicht von den Professoren und Mittelstandsvertretern blenden lassen, könnten sich die braunen Spuren noch als Bremsspur für die Wahlalternative und die als Kooperationspartner angestrebten Freien Wähler im Bundestagswahlkampf erweisen.

 

Lesetipp: Alan Posener mit einer vernünftigen Kritik an den Zuständen im Euroland.

 

Siehe auch: Ökonomie und IdeologieNachgemachter PR-CoupÜber Stammtischökonomen und “Volksverräter”Opposition dringend gesucht!National-chauvinistische RückbesinnungAttacke auf den Sozialstaat