Jäger demonstrierten in Düsseldorf: Halali am Landtag

Erstveröffentlicht: 
22.09.2012

Etwa 300 Jäger und Jägerinnen aus ganz Deutschland haben am Samstag (22.09.2012) vor dem Düsseldorfer Landtag gegen eine Novelle des NRW-Jagdrechts demonstriert. Das Ministerium plante eine Verkürzung der Jagdsaison und wolle sowohl das Anfüttern von Wildtieren, als auch das Abschießen frei laufender Hunde und Katzen verbieten. Die Jäger*innen wollten mit der Aktion "1000 Hörner" einen Weltrekord aufstellen und 3.000-10.000 Jagdhörner gleichzeitig blasen, was mangels außreichender Teilnahme gründlich schief ging.
Etwa 300 Tierrechtler*innen, Tierbefreier*innen und Naturschützer*innen standen der Jäger-Demo lautstark entgegen.

 

Mit seiner Initiative "1.000 Hörner" wollte er der Landesregierung NRW "das Halali blasen": Klaus Gummersbach ist Jäger, und unter dem Motto "Finger weg vom Jagdrecht, Rotgrün kriegt auf die Ohren" hat er andere Jäger aus ganz Deutschland für eine Demo vor dem NRW-Landtag aufgerufen. Rund 300 Jäger und ebenso viele Gegendemonstranten waren gekommen. Laut Polizei waren 1.000 Teilnehmer angemeldet.

 

Gegen "jagdfeindliche Kräfte"

 

Erwartet hatte Klaus Gummersbach mindestens 3.000 Teilnehmer. "Vielleicht werden es auch 10.000", hoffte er noch vor der Demo optimistisch. Mit markigen Worten macht er auf seiner Homepage Stimmung gegen den grünen NRW-Umweltminister Johannes Remmel: Die Initiative "1.000 Hörner" sei "angetreten, um das deutsche Jagdrecht vor ideologischen Einflüssen durch jagdfeindliche Kräfte zu schützen". Remmels geplante Novelle des Gesetzes will er als "ökolügisches Jagdrecht" entlarven, und nebenbei - auch das ist auf der Homepage zu erfahren - mit der Aktion als größtem Bläsercorps der Welt den Einzug ins Guinness Buch der Rekorde schaffen.

 

Aber nicht nur die Jäger wollten am Samstag vor dem Landtag demonstrieren, auch Tierschutzorganisationen hatten nach Polizeiangaben eine Gegendemonstration mit geschätzten 1.000 Teilnehmern angemeldet, ebenfalls vor dem Landtag. "Da wird es schon ordentlich Emotionen geben", sagt die Sprecherin. Doch worum dreht sich die Aufregung?

 

Ministerium hat sich noch nicht geäußert


"Keine Ahnung", sagt Frank Seidlitz, Sprecher des NRW-Umweltministeriums. Zwar hat der grüne Umweltminister Johannes Remmel eine Novelle des Jagdrechts für NRW angekündigt, auch schwebe ihm ein ökologisches Jagdgesetz vor, doch gebe es bisher noch gar keinen Referentenentwurf dazu, "noch nicht einmal ein Eckpunktepapier". Für den Organisator der Jägerdemo Gummersbach dagegen steht fest: "NRW-Umweltminister Remmel will die Jagd durch die Hintertür abschaffen." Das Ministerium plane eine Verkürzung der Jagdsaison und wolle sowohl das Anfüttern von Wildtieren, um sie vor die Flinte zu locken, als auch das Abschießen frei laufender Hunde und Katzen verbieten. Katzen aber fräßen Bodenbrüter und gehörten abgeschossen, wenn sie frei draußen herumlaufen, findet Gummersbach, "auch auf Füchse, Marder und Waschbären muss man schießen, weil es zu viele von ihnen gibt und sie Schaden anrichten". Eine verkürzte Jagdsaison führe dazu, dass vermehrt sogenannte Drückjagden abgehalten würden, bei der der Jäger nicht einzeln gezielt auf ein Tier schießt, sondern das Wild mithilfe von Treibern auf den Jäger zu gejagt wird. "Dann müssen wir auf alles schießen, was sich bewegt. Das wollen wir nicht, denn das ist dann Mord."

 

Landesjagdverband hält sich zurück

 

Dass es so kommen werde, schließt Jäger Gummersbach - der in Hamburg lebt - daraus, dass die Grünen ein ökologisches Jagdrecht "in anderen Bundesländern überall forcieren". Der Landesjagdverband NRW dagegen, der mit 65.000 Mitgliedern seinen Sitz in Dortmund hat, sieht offenbar durchaus noch Handlungsspielraum, solange es keine festen Aussagen des Umweltministeriums gibt. Ein Grund, weswegen der Verband nicht mit unter den Demonstranten war. "Wir halten das für kontraproduktiv", sagt Landesjagdverband-Sprecher Andreas Schneider. Man sei "in Gesprächen mit dem Umweltministerium", die lautstarke Protestaktion sei da nicht förderlich. Dennoch seien die Jäger "sehr besorgt um das Jagdrecht in NRW", räumt auch Schneider ein. Das Hauptargument des Verbands gegen eine Novelle: Das Landesjagdgesetz habe sich "bewährt" und bedürfe keiner Änderung. "Es wurde seit 1994 zehn Mal geändert", sagt Schneider, und stelle sicher, "dass die natürlichen Lebensräume in ihrer Vielfalt erhalten" blieben.

Nach eigenen Angaben zählt der Landesjagdverband NRW zurzeit rund 80.000 Jagdscheininhaber. Gejagt wurden im vergangenen Jahr 19 verschiedene Haarwildarten - vom Waschbären oder Hermelin über Rot- und Damwild bis zu Wildkaninchen und Wildkatzen. 32 Vogelarten wurden erlegt - vor allem Fasane, Tauben und Aaskrähen, aber auch Kanadagänse, Raubvögel und Schwäne. Außerdem machten die Grünröcke Jagd auf Sumpfbiber, Bisamratten und Kormorane.

 

"Natur reguliert sich selber"


Die Jagd diene ausschließlich dem Hobby der Jäger, kritisiert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Als "blanken Unfug" bezeichnet BUND-Jagdexperte Holger Sticht die Auffassung, dass die Jagd zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Wälder notwendig sei."Die Natur reguliert sich selber, ohne Einfluss des Menschen", sagt Sticht und verweist auf Untersuchungen, die das bestätigen würden. In einem "13-Punkte-Programm für ein ökologisches Jagdgesetz" fordert der BUND, die Jagd müsse dem in der Verfassung verankerten Tierschutz gerecht werden und sei nur bei nachhaltigem Nutzen zulässig. Zur Regulation tauge die Jagd nicht, steht dort weiter, da sie, im Gegenteil, oft dazu führe, dass sich die gejagten Tierarten umso schneller fortpflanzen würden.

 

Auch als Mittel gegen wirtschaftliche Schäden - wenn beipielsweise Wildschweine ganze Maisfelder zerstören - sei die Jagd nicht zu rechtfertigen, sagt Sticht. In Gegenden wie der Lausitz, der Eifel oder in Süddeutschland hätten sich prophylaktische Maßnahmen wie Elektrozäune als wesentlich effektiver erwiesen. Das übliche Anfüttern der Wildtiere durch die Jäger dagegen führe ebenfalls dazu, dass sich die Arten schneller vermehren und letzlich mehr Schaden anrichten würden.

 

Jagdzwang abschaffen

 

BUND und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert außerdem eine Abschaffung des im deutschen Jagdrecht verankerten sogenannten Jagdzwangs: Besitzer von Wald- oder Wiesengrundstücken, die kleiner als 75 Hektar sind, aber innerhalb eines Jagdbezirks liegen, müssen die Jagd auf dem eigenen Territorium zulassen, auch wenn sie selber keine Jäger sind. Per Gesetz werden sie sogar automatisch Mitglied einer Jagdgenossenschaft. Dagegen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 26. Juni 2012 entschieden, dass "die Pflichtmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft" die Europäische Menschenrechtskonvention verletze. Die deutschen Jagdrechtsbestimmungen, so das Urteil, würden den Schutz des Eigentums verletzen, Grundstückseigentümer, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, müssen nicht mehr dulden, dass auf ihren Flächen gejagt wird. Ganz abschaffen wolle der BUND die Jagd nicht, sagt Jagdexperte Sticht. Rotwild, Sikawild oder Wildschweine beispielsweise könnten "unter Berücksichtigung des Naturschutzes" durchaus bejagt werden."Grundsätzlich aber ist ein vernünftiges Management der Jagd erforderlich."