Randale ohne Folgen

Die M31-Demo trifft in der Schönen Aussicht auf Polizeiaufgebot. Foto: Michael Schick
Erstveröffentlicht: 
20.09.2012

Frankfurt Blockupy

 

Von Felix Helbig

 

Die gewaltsamen antikapitalistischen M31-Proteste vom Frühjahr werden praktisch kein juristisches Nachspiel haben, wie das Frankfurter Landgericht jetzt feststellt. Wegen Nichtigkeit. Der Polizei reichten sie aber als Grundlage für die späteren Blockupy-Verbote

 

Vor dem Frankfurter Landgericht war am Dienstag ein Mann angeklagt, der bei der antikapitalistischen Demonstration am 31. März mehrere Polizisten schlimm beleidigt haben soll. Der 24-Jährige, so dokumentieren es die Ermittlungsakten, traf an jenem Tag an der Langen Straße auf drei Beamte, denen er den Mittelfinger zeigte, die er „Wichser“ nannte und denen er wenig später den Spruch zurief: „Hass, Hass, Hass wie noch nie, all cops are bastards – ACAB“.

Die Staatsanwaltschaft hat für den jungen Mann eine Strafe von 45 Tagessätzen zu 30 Euro beantragt, letztlich ein eher minder schwerer Fall. Bemerkenswert ist er dennoch: Es ist das einzige Verfahren in Folge der Proteste, die der Polizeiführung wenig später als Grundlage für ihre dramatische Gefahrenanalyse zu den Blockupy-Aktionstagen im vergangenen Mai gedient hatten.

Angst vor Wiederholung

Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Dienstag auf FR-Anfrage, dass nach ihren Erkenntnissen „keine weiteren Verfahren“ vorlägen. Laut Oberstaatsanwalt Thomas Bechtel beschränken sich die strafrechtlich relevanten Folgen der sogenannten M31-Proteste auf den „ACAB“-Rufer aus der Langen Straße. Zu den Vorfällen um einen während der Demonstration verletzten Polizisten, auf den mehrere Demonstranten losgegangen sein sollen, hätten bislang keine Täter ermittelt werden können, so Bechtel.

 

Der Frankfurter Polizeivizepräsident Gerhard Bereswill hatte die polizeiliche Gefahrenanalyse, die letztlich zum beinahe vollständigen Verbot der kapitalismuskritischen Blockupy-Aktionstage geführt hatte, im Mai damit begründet, dass nach den gewalttätigen Protesten im März davon auszugehen sei, dass sich dies bei Blockupy wiederhole.

Vor den Aktionstagen hatte die Polizei deshalb an 419 Personen im gesamten Bundesgebiet schriftliche Aufenthaltsverbote für die Innenstadt verschickt. Begründet hatte die Behörde das damit, dass die Betroffenen bei der Demonstration am 31. März „polizeilich aufgefallen“ seien. Dabei sei es „zu zahlreichen „Straftaten“ gekommen.

Verweise, keine Verbote

Zu Verfahren haben diese Straftaten aber nun offenbar nicht geführt. Das Frankfurter Verwaltungsgericht hatte die Aufenthaltsverbote noch während der Aktionstage kassiert. Sie seien „rechtswidrig“, so die Richter damals, es gebe keine Urteile gegen die Betroffenen, größtenteils seien noch nicht einmal Verfahren eingeleitet. Die Polizei hatte die Verbote daraufhin zurückgenommen. Nach Angaben des Ermittlungsausschusses, der während der Aktionstage die Demonstranten juristisch betreut hatte, waren dennoch zahlreiche Verweise ausgesprochen worden.

Das Blockupy-Bündnis, dem unter anderem das globalisierungskritische Netzwerk Attac und das Erwerbslosenforum angehören, warf Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) und der Polizei vor, ein „massiv übertriebenes Horrorszenario“ entworfen und „bürgerkriegsähnliche Zustände“ heraufbeschworen zu haben. Sie seien „von der Realität widerlegt“ worden.


Vor Gericht scheint sich das zu bestätigen. Im einzigen Verfahren, jenem gegen den jungen „ACAB“-Rufer, kam es am Dienstag noch nicht zu einem Urteil. Der Richter war krank.

 


 

Neues Blockupy-Verbot

Das Blockupy-Bündnis kann ein weiteres Vorhaben nicht so umsetzen wie ursprünglich geplant: In einem Gespräch über das Blockupy-Wochenende am 20. und 21. Oktober hat das Ordnungsamt den Anmeldern mitgeteilt, dass die Stadt kein Zelt in der Frankfurter Innenstadt zulassen will. Das berichten Teilnehmer des Gesprächs.

In dem Zelt hatten die Anmelder ein zweitägiges Treffen abhalten wollen, bei dem inhaltliche Diskussionen nachgeholt werden sollten, die im Mai wegen des Verbots der Aktionstage hatten ausfallen müssen. Die Frankfurter hätten ein Interesse daran, auch über die Ziele des Bündnisses informiert zu werden, so die Anmelder.

Die Stadt schlug das Areal bei der Jahrhunderthalle in Höchst oder den Festplatz am Ratsweg als alternative Standorte vor. Das Bündnis hatte das Zelt auf dem Römerberg oder alternativ auf dem Rathenauplatz angemeldet.