Die Existenzphilosophie Jean-Paul Sartres - eine Kritik

Der Kulturrelativismus, die angebliche Vielfalt der Identitäten, das ‚Gender-Geseiere’ geht, wie das Geschwätz der Postmoderne insgesamt, den Protagonisten dieser ‚Diskurse’ mittlerweile selbst ‚auf den Geist’. Leider, wie die allgemeine Zustimmung zur Verleihung des sog. „Adorno-Preises“ an Judith Butler auch unter Leuten zeigt, die man bisher der kritischen Theorie zuzurechnen gewohnt war, ist diese Aversion gegen das poststrukturale Geraune kein Ausdruck kritischer Distanz, sondern nur dessen, daß dieser heideggerisierende Unfug allseits dermaßen tief verinnerlicht worden ist, daß schon das Ansprechen dieser grundfalschen Voraussetzungen des Denkens als Angriff auf die persönliche Integrität begriffen wird – eine Integrität, die es, der reinen Lehre gemäß (und das macht die Sache so irrsinnig), ja gar nicht geben soll. An Sartre kann zurecht kritisiert werden, daß er einen, wenn auch ‚nur’ an einen kategorischen Imperativ zu bindenden Begriff von Vernunft nicht kennt, nicht dagegen, daß er Vernunft nicht den Subjekten und ihrer Freiheit vorordnet – denn das liefe immer auch auf eine die (Reflexions‑) Freiheit negierende Verordnung hinaus. Und vor allem indiziert die allergische Reaktion heutiger Theoretiker gegen Sartre, worauf sie in Wirklichkeit hinaus wollen: den Volksstaat. Aber gegen Sartre muß festgehalten werden: die Vernunft muß autonom sein, alle Souveränität auf sich, gegen die Kapitalsouveränität gerichtet, vereinen – keinen Begriff von ersterer zu haben und einen Begriff von negativer, kapitaler Souveränität noch nicht einmal zu ermöglichen, macht seine Philosophie als solche, sieht man von ihrem antistrukturalistischen Freiheitsbegriff ab, für die Kritische Theorie dann doch unbrauchbar.

 

Es spricht Manfred Dahlmann (Freiburg), der gerade sein Buch „Freiheit und Souveränität. Kritik der Existenzphilosophie Jean Paul Sartres“ bei ça ira veröffentlicht hat; er ist zugleich Redakteur und Autor der Zeitschrift für Ideologiekritik „sans phrase“, deren erste Ausgabe im Oktober erschienen ist (www. sansphrase.org).

 

Um 20°° im Jos Fritz-Café, Wilhelmstraße 15 (Spechtpassage).

 

Initiative Sozialistisches Forum // Jour fixe // Herbst/Winter 2012/2013

Der Einleitungstext „Der linke Staatlichkeitswahn“ sowie das Kommentierte Programm unter: www.isf-freiburg.org