VON STEFANI GEILHAUSEN - zuletzt aktualisiert: 24.07.2012 - 02:30
Düsseldorf (RP). Mit ihrer Besetzung des französischen Konsulats und der Grünen-Parteizentrale wollten Flüchtlingsaktivisten auch erreichen, dass polizeiliche Auflagen für ihre Mahnwache aufgehoben werden. Der Polizeipräsident bleibt bei seinem Nein. Bald entscheidet das Oberverwaltungsgericht.
Nach den Besetzungen des französischen Generalkonsulats und der Landeszentrale der Grünen am Freitag ermittelt die Polizei gegen insgesamt 48 Flüchtlings-Aktivisten wegen Hausfriedensbruchs. Gegen die 37 Besetzer der Grünen-Geschäftsstelle wird zudem wegen des Verdachts auf Freiheitsberaubung ermittelt: Eine Mitarbeiterin der Partei hatte Anzeige erstattet, weil sie von den Besetzern daran gehindert worden war, das Gebäude zu verlassen. Gegen drei dieser Personen besteht zudem der Verdacht der Körperverletzung. Als einer der Männer, als Paketbote verkleidet, an der Tür klingelte, wurde die Büroangestellte, die ihm arglos öffnete, von dem falschen Boten und zwei weiteren Besetzern beiseite gedrängt und dabei verletzt.
Die Flüchtlinge und Aktivisten gehören zum Protestzeltlager einer "No Border"-Gruppe in Köln, die auf dem Düsseldorfer Johannes-Rau-Platz eine Mahnwache eingerichtet hat, um auf die Bedingungen aufmerksam zu machen, unter denen Flüchtlinge in Deutschland leben. Dort zu übernachten hatte Polizeipräsident Herbert Schenkelberg untersagt. Die Grünen hatten auch nach der Besetzung ihrer Parteizentrale appelliert, diese Entscheidung zu überdenken. Schenkelberg denkt jedoch nicht daran. Diese Woche wird das Oberverwaltungsgericht in zweiter Instanz über eine Beschwerde der Aktivisten entscheiden. "Sollte das Gericht die Sache anders sehen als ich, werden wir uns natürlich daran halten", sagte Schenkelberg gestern.
"Grundrecht überstrapaziert"
Das Versammlungsrecht sei ein hohes Gut, doch die Tendenz, aus Demonstrationen Zeltlager zu machen, überstrapaziere dieses Grundrecht. "Wäre eine Mahnwache für eine Nacht beantragt worden, oder hätte Occupy nach drei Wochen wieder zusammengepackt, wäre das sicher kein Thema", so der Polizeipräsident. Die Kapitalismusgegner von Occupy campieren inzwischen seit einem Dreivierteljahr an der Johanneskirche. Die Stadt hat ihnen jetzt eine Frist gesetzt, das Lager bis zum 31. Juli zu räumen. Vor drei Jahren hatten Tamilen vor dem Düsseldorfer Landtag eine Dauermahnwache aufgebaut, campierten unter dem Schutz des Versammlungsrechts wochenlang dort. "Heute", sagte Schenkelberg, "würde ich das Tamilen-Camp, wie es damals war, nicht mehr zulassen".
"Veranstaltungen nach dem Versammlungsgesetz sind privilegiert", so der Polizeipräsident. Die Anmelder bestimmen, wo, wie und mit welchem Inhalt ihre Versammlungen stattfinden und müssen sich auch nicht um ein teures Sicherheitskonzept sorgen. "Nach dem Versammlungsrecht ist die Polizei für ein Rundum-Sorglos-Paket in Sachen Sicherheit zuständig, und das ist auch richtig so." Gerade deshalb aber gebe es immer öfter Versuche, Veranstaltungen, die nicht unter dem besonderen Schutz des Versammlungsrechts stehen, als Kundgebungen zu deklarieren.
So hatte vor einem Jahr eine kurdische Organisation ein Festival in Neuss feiern wollen, und, nachdem dort ein Sicherheitskonzept verlangt worden war, die Veranstaltung zu einer politischen Demonstration umdeklariert und in Düsseldorf angemeldet. Die auf den Rheinwiesen geplante Veranstaltung war seinerzeit abgelehnt worden.
Echte Versammlungen dagegen müssen nicht einmal genehmigt werden, sind durch das Grundgesetz gestattet. Auch die Demonstration von "No Border"-Aktivisten am Flughafen war am Samstag trotz der beiden Hausbesetzungen vom Vortag nicht untersagt worden. "So lange es keine Fakten gibt, die belegen, dass von einer Demonstration Straftaten zu erwarten sind, gibt es keinen Verbotsgrund." Nicht einmal die Auftritte der rechtsextremen Gruppierung Pro NRW, die im Mai mit islamfeindlichen Karikaturen provozieren wollte, hat der Polizeipräsident untersagt.
Und nach dem Versammlungsgesetz auch noch Beamte abstellen müssen, die die Veranstaltung schützten. "Das Versammlungsrecht gilt für jedermann – aber wenn Grenzen überschritten werden, greifen wir ein", sagte Schenkelberg.