Nachts kommen die Polizisten im Zehnminutentakt. »Sie leuchten uns mit der Kamera in die Augen, weil wir hier nicht schlafen dürfen. So hat es das Verwaltungsgericht Düsseldorf beschlossen«, sagt Arash Dosthossein, einer von drei Flüchtlingen, die seit fünf Tagen nahe des NRW-Landtages campieren - und die Aufnahme von Nahrung verweigern. Dosthossein, Hamed Haghaighe, beide Perser, und Pascal, Flüchtling aus Guinea, befinden sich im Hungerstreik.
»Oft über zehn Jahre lang warten wir Flüchtlinge darauf, dass über unseren Asylantrag entschieden wird. Wir werden kontrolliert und in Heimen isoliert. Wir dürfen nicht arbeiten. Uns droht die Abschiebung in die Länder, aus denen wir flohen. Immer wieder bringen sich Flüchtlinge aus Verzweiflung um«, benennt Dosthossein die Gründe für die drastische Aktionsform. Das Ziel? »Wir wollen wie normale Menschen leben, wohnen und arbeiten.«
Normal leben und arbeiten? In Iran war ihm das nicht möglich. Als linker Student geriet er ins Visier des Regimes. Er wurde inhaftiert und gefoltert. »Die Spuren der Haft können Sie an meinem ganzen Körper sehen«, sagt der Mann mit leerem Blick.
Nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Regensburg, Bamberg und Osnabrück sind Flüchtlinge im Hungerstreik. Man kann wohl von einer Bewegung sprechen. Ihren Anfang nahm sie in Würzburg - am 19. März. Von Anfang an dabei: Arash Dosthossein, mittlerweile zum dritten Mal im Hungerstreik, von ursprünglich 90 auf 72 Kilo abgemagert. »Ich habe Magenprobleme, litt unter blutigem Durchfall«, sagt der 32-Jährige. »Aber ich kämpfe weiter!«
Schlafen dürfen die Flüchtlinge beim Düsseldorfer Landtag nicht. Das Aufstellen von Zelten ist ihnen ebenfalls untersagt worden. Immerhin hat ihnen die Obrigkeit gestattet, einen blau-weißen Pavillon zu nutzen und Transparente aufzuhängen. »Solidarität mit den streikenden Flüchtlingen«, so ist darauf zu lesen. Andere Parolen wenden sich gegen die Residenzpflicht, die es Flüchtlingen verbietet, ihren Landkreis zu verlassen. Streng genommen sind die drei Hungerstreikenden illegal in Düsseldorf.
Gestern besetzten Aktivisten vom derzeit in Köln und Düsseldorf stattfindenden »No Border Camp« die Landesgeschäftsstelle der in NRW mitregierenden Grünen. Aus Solidarität mit den hungerstreikenden Flüchtlingen drangen nach eigenen Angaben 40 Aktivisten in das Gebäude ein. »Das No Border Camp unterstützt die Forderungen der Geflüchteten nach einem Abschiebestopp, der Abschaffung der Residenzpflicht und der Auflösung der Sammellager«, hieß es. Von den Grünen fordern die Besetzer Unterstützung. Auch das französische Konsulat in Düsseldorf wurde seit etwa zwölf Uhr besetzt - aus Protest gegen drei Tote bei Grenzübertritten. Laut Polizei beteiligten sich zehn bis zwölf Personen, die am frühen Abend geräumt wurden.