Sächsische Extremismuskonferenz

Patriot_in Nein

Die Landesregierung, bestehend aus CDU und FDP hatten zu einer Konferenz eingeladen, mit dem Ziel, linken und rechten Extremismus gleich zu setzen. "Für Sachsen -  gegen Extremismus". Verfassungsschutz kam. Viele antifaschistische Initiativen durften nicht mitdiskutieren. DGB, SPD, Grüne und Linke folgten der Einladung deshalb nicht.

 

---Wer nicht dabei war und warum:

SPD (eine Oppositionspartei), vor allem Herr Dulig, blieb der Veranstaltung u.a. mit der Begründung fern, dass die Veranstaltung von einem Autor der rechtsextremen „Jungen Freiheit“ Zeitung moderiert wird. (1)

Grüne boykottierten ebenfalls und riefen zusätzlich dazu auf, zu einer (unangemeldeten) Protestkundgebung vor dem Eingang der Arena Riesa zu kommen. (2) Da dürften viele von der CDU ganz froh darüber gewesen zu sein, die umweltbewusstere Partei nicht dabei zu haben. Grund hierfür sind Sticker aus dem Online-Shop, wo drauf steht: Patriotismus? Nein Danke! (3)

Wie Die Linke sich positionierte, überraschte wenig. Piraten sind (noch) nicht im Landtag vertreten.

 

---Wieso hier ?

Warum die Veranstaltung mit angeblich 500 TeilnehmerInnen im beschaulichen Riesa und nicht im großen Dresden oder Leipzig stattfand, verwunderte schon ein bisschen. Evtl. dachte die CDU und Co., dass sich weniger Menschen in das Kaff verirren, um den Event zu stören. Das Fazit der Konferenz, zumindest laut Herrn Tillich, war wohl der, ihm ist es wichtiger gegen Rechtsextremismus vorzugehen, als gegen die andere Seite. (4)

Jetzt ist die Frage, was ist überhaupt Linksextremismus, außer das nonverbale Verletzen von Faschisten? (5) Und wenn er die Meinung schon vorher vertrat, wieso nicht gleich diese Konferenz in Zwickau oder Chemnitz abgehalten werden durfte? In den beiden sächsischen Städten hat die rechte Terrorgruppe NSU jahrelang „unerkannt“ / „unauffällig“ wohnen können.

Die zweite Aussage lautete ungefähr so, es wäre besser, wenn alle demokratischen Parteien eine Demo durchführen resp. anmelden, wenn Neonazis aufmarschieren.

Im Klartext: Sitz-und Materialblockaden lassen sich im Vorfeld nicht anmelden und sollen unterlassen werden! Für die konservative christliche Union scheint diese Aktion des zivilen Ungehorsams schon eine Straftat zu sein. Die Polizei vertritt übrigens die gleiche Position. Schon klar: Wollen nicht arbeiten und wenn ja, härter durchgreifen dürfen. Falsch! Es handelt sich hier nur um eine Ordnungswidrigkeit. Letzteres geschieht trotzdem an und zu...

Da die NPD 2010 und 2011 nicht mehr im Februar demonstrieren konnte, erwiesen sich also Blockaden als wirkungsvolles Mittel, rechtsextreme politische Veranstaltungen, zu stoppen.

Wer ruft trotz unverhältnismäßig hoher Repression zu Blockaden auf ? Linke, Grüne, Piraten, SPD, DGB, IGM, LSVD, ver.di,...(6)

 

---Gefahrenzone Riesa

Ich war eh nur rein zufällig an diesem Morgen in diesem Ort joggen. In Schwarz, was sich wohl als aggressiver Kleidungsstil noch herausstellen sollte. Jedenfalls dauerte es auch nicht lange, bis zwei Streifenwagen gegen 9.15 Uhr mein Treiben erblickten. Der Erste hätte anhalten können, weil die Fußgängerampel Grün zeigte. Tat er /sie nicht, aber immerhin der Zweite. Ich bedankte mich in Form des Heben der rechten Hand. In Sachsen sind sowieso rechte Parteien an der Regierung. Wollte mich so unauffällig verhalten. Keine zehn Meter weitergegangen, hupte Wagen 2 zweimal und bleib unerwartet stehen / blockierte die Autobahnauffahr. Klarer Fall von Nötigung im Straßenverkehr ? Fehlen des Rückwärtsganges ? Was wäre gewesen, wenn dahinter noch ein Auto gefahren wäre ? Der Polizist wahrscheinlich ein Patriot, denn die fallen nach Nationalmannschaftssiegen durch unnötiges Betätigen der Hupen negativ auf. Da in Riesa immer weniger Menschen leben (Deutsche ziehen weg, da kaum Arbeit dort und AyslbewerberInnen kommen ungern nach Deutschland, da die Sozialhilfe für diese Leute noch mal ein ganz Stück unter den Hartz IV Sätzen liegt.), blieb ich mal stehen, denn jemand Anderes konnte er nicht gemeint haben. Der Ausländeränteil beträgt in Sachsen eh nur 2-3 % (7). Obwohl diese Menschen der Wirtschaft mehr helfen als schaden, schieben CDU und FDP die AsylbewerberInnen nach Lust und Laune in andere Länder ab und wenn sie doch eine Zeit lang bleiben dürfen, müssen sie in untauglichen Heimen hausen. Folglich, ein klarer Fall von Rassismus. (8) Und selbst wenn sie nicht wirtschaftsfördernd ist, darf dies niemals als Ausrede dienen, Menschen in Länder gegen ihren Willen zu bringen. Menschenwürde beachten!

Zurück zur Begegnung: Die Polizisten stiegen also aus und der Eine fragte, was auf meinem Schild steht und welche Bedeutung es hat. „Patriot_in ? Nein !“ Anscheinend eine völlig unverständliche Aussage ? „Sie wollen es doch der Öffentlichkeit präsentieren“, er weiter. Um mein Trainingslauf nicht zu lange zu unterbrechen, nur Ausweichendes gesagt, da außer ihm und seinen Freunden ich doch eh nur eine Öffentlichkeit erreiche, die alles gegen Einen auslegt, was Mensch von sich gibt.

Im Endeffekt trug ich das Schild bei mir, da um diese Uhrzeit weniger Patrioten unterwegs sind, welche auch mal Straftaten begehen, wenn sie denn in der Mehrheit sind (9). Außerdem liegt es nicht in meinem Interesse, mit Nazi-Ideologie in Verbindung gebracht zu werden. (10) Wer will denn bitteschön noch PatriotIn sein, wenn es nicht mal die Deutschland-Fans im Stadion schaffen, Nazis aus dem Block zu bekommen ?

Die Polizeistreife hätte mir einen veganen Schokoriegel anbieten können. Mehr als ein „Ich muss mich dazu nicht äußern“ und „Auf Wiedersehen“ hätte ich trotzdem niemals geantwortet. Letzteres erwies sich als Eigentor, denn um die Spannung rauszunehmen, war dies nicht das letzte Mal, dass der Staatsschutz Interesse an mir bekundete.

Besser: „Schönen Feierabend“ oder „Tschüss“.

Bzgl. Öffentlichkeit: Anscheinend gab es irgendwo in Riesa um diese Uhrzeit eine Kundgebung. Die Frage ist nur, wo ?. Innenstadt dürfte nichts los unter der Woche sein. Bleibt nur noch die Arena Riesa übrig, welche ähnliche Züge wie das sächsische Landtagsgebäude aufweist.

Um nicht noch noch irgendwen von der Polizei meinen Personalausweis in die Hand drücken zu müssen, fix nach dem Small-Talk die Klamotten teils gewechselt und Richtung Veranstaltungsort gelaufen.

 

---So ein "Glück"

Die spontane Versammlung war dort, wo ich es vermutete. (In dieser Arena kann übrigens auch die Fussball-EM geschaut werden. Allerdings nur mit deutscher Beteiligung bislang. Patriotismus ist ein Teil vom Faschismus.) Bei dem Polizeiaufgebot kann es gar nicht anders sein, dass jeder, der gegen die Extremismuskonferenz protestiert, vom Staatsschutz als linksextremistisch eingestuft wird. Wenn Kundgebungen aber nicht faschistisch (oder Teile davon) oder z.B. geschichtsrevisionistisch sind, als gefährdend für die öffentliche Sicherheit eingestuft werden, dann muss es doch heißen:

Extrem ist in !

Beim Vorbeigehen noch diverse Leute gesehen, welche den Zugangsberechtigten Flugblätter in die Hand drückten. Möchte auch stark bezweifeln, dass nur Jugendliche für linke Politik dort demonstrierten. Die weitere „Ausrüstung“ für so „wenig“ KundgebungsteilnehmerInnen kann als sehr gut bezeichnet werden. Minimum fünf große Transparente. Wenn RegierungsvertreterInnen antifaschistische Arbeit generell kritisch sehen, überrascht das Polizeiaufkommen nicht wirklich. Neben extrem_ist_in, zeigte die Grüne Jugend auch ihr Transparent. Leider ist das nicht mehr aktuell, weil schon mindestens 182 Menschen durch Rechtsextreme seit 1990 in Deutschland umgebracht wurden (11). Wenig verwunderlich deshalb, dass der MDR nur dieses Transparent als Bild im Internet veröffentlichte. Da Megafone wohl nicht gestattet waren, nahm der Eine oder Andere Trillerpfeifen mit und / oder rief: „Was will ich, was willst du, das Verbot der CDU“ und „Nazis morden, der Staat schaut zu, Verfassungsschutz und NSU“.

---3:1

Gegen kurz nach 10 Uhr (gefühlt) die nächste Kontrolle auf dem Rückweg. Diesmal drei besser gepanzerten Personen in der Nähe des Haupteingangs der Arena. Behaupteten doch tatsächlich, ich hätte gerade an einer Kundgebung gegen die Extremismuskonferenz teilgenommen. Da konnte deshalb meine Antwort nur lauten: „Das behaupten Sie“.

(Soll nicht heißen, ich distanziere mich davon, aber wer da hin gegangen ist, hat Mut gezeigt Kann ja sein, dass der Verfassungsschutz ein paar Fotos schießt.)

Der zweite Kommentar von der Polizei: „Sie sind wohl deshalb so schnell gelaufen, weil Sie zum Zug wollen.“ „Ja, klar.“ (Wer hat schon Lust auf ständige Repression ?) Nach der doch nun erfolgten ersten Personalienaufnahme konnte Mensch davon ausgehen, dass noch sich gegenseitig verabschiedet wird und das war's. Überraschenderweise ging es noch weiter: „ Worum ging es gerade bei der Kundgebung ?“ und die Steigerung „Interessiert mich nur so persönlich“. Wie gesagt, einen Zug zu bekommen, ist mir doch wichtiger, als hier irgendwelche möglichen belastenden Antworten zu geben. Warum sich der Polizist kein Flugblatt mitnahm ? Bei Kundgebungen sind Flugblätter fast schon Pflicht, sonst ist`s kaum effizient. Stellt euch mal vor, der CDU-Ministerpräsident von Sachsen, sieht wie Polizisten Anti-CDU-Infos lesen. Revolte ? 

Erst nichts lesen wollen und jetzt noch Fragen stellen. Wobei, außer den drei Polizisten es sonst noch keine weiteren Augenzeugen gab. Restrisiko Weiterleitung an Verfassungsschutz besteht. Von daher: Keine Aussage ist eine gute Aussage. Verwirrt von den komischen Polizeieinheiten, da sie sich nicht mit Namen vorstellten, jedem trotzdem Tschüss gesagt und Die mir.

Ich gehe mal davon aus, dass die mutigen VersammlungsteilnehmerInnen auch ihre Personalausweise einmal vorzeigen mussten. Noch jemand bedenken, dass Staatsschützer selbst bei ganz friedlicher antifaschistischer Arbeit unbedingt wissen möchten, wer denn da war?

 

---Paranoia

Um jetzt den Status Linksautonomer nicht noch weiter auszubauen, keinen Meter mehr zum Bahnhof gelaufen, obwohl es regnente. Trotzdem noch Streifenwagen gesehen. Zwei davon standen auffällig unter einer Autobahnbrücke. Anscheinend nicht wirklich um GeschwindigkeitsübertreterInnen zu blitzen, sondern um sich Kennzeichen von angereisten „Störer_innen“ zu notieren. Anderen Polizisten fielen später fast die Augen aus, als sie mich sahen. Keine Ahnung warum. Wahrscheinlich weil sonst in Riesa nichts los ist. Trotzdem scheint die Stadt ziemlich viel Geld übrig zu haben, damit auch diese wohl aussterbende Stadt noch einen größeren Fussball-Verein hat. Passiert auch in anderen Städten wie Essen und Chemnitz, wo neue Stadien gebaut werden. Blöd nur, wenn die 1. Liga auch in Zukunft aus 18 Vereinen besteht und die anderen viel reicher sind. Geht wohl eher darum, dass sich die verantwortlichen Stadtoberen noch ein Denkmal setzen wollen. Deshalb gibt es Kürzungen in der Jugendhilfe in Sachsen, was die Rechtsextremen nur freuen dürfte.(12)

Am Bahnhof dann erstmal gemerkt, der Zug ist gerade weggefahren. Die Zeit noch irgendwie überbrückt und kaum in der Bahn drin, stiegen kurz nach mir noch vier Polizisten ein. Als es losging, bewegten sie sich in meine Richtung, gingen aber zum Glück vorbei. Die Fahrt endete ohne Zwischenfälle, doch erhöhte sich am Bahnhof das Polizeiaufkommen nochmals.

Freistaat Sachsen ?

Polizeistaat Sachsen !

Im September 2014 sind hier Landtagswahlen. Je mehr antifaschistische Leute (temporär) nach Sachsen kommen, um so höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es danach nicht mehr passiert, dass jeder mögliche Ansatz von Antifaschismus kriminalisiert wird!

  1. http://spd-sachsen.de/aktuell/sachsen/dulig-sagt-teilnahme-extremismuskonferenz-ab

  2. http://gruene-jugend-sachsen.de/

  3. http://www.gruene-jugend.de/aktuelles/1078684.html

  4. http://www.mdr.de/sachsen/extremismuskonferenz100.html

  5. http://www.publikative.org/2012/04/28/unsinnig-und-rechtswidrig-extremismusklausel-abschaffen/

  6. http://www.dresden-nazifrei.com/

  7. http://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/158372

  8. http://www.zeit.de/1997/04/Auslaender_erwuenscht

  9. http://de.indymedia.org/2012/06/331485.shtml

  10. http://www.sport1.de/de/fussball/fussball_dfbteam/newspage_576290.htmL

  11. https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/news/chronik-der-gewalt/todesopfer-rechtsextremer-und-rassistischer-gewalt-seit-1990

  12. http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2383637