Elimane Kane stammt aus dem Senegal, lebt in Frankreich und nimmt am Protestmarsch von "sans papiers" teil.
So frei wie zurzeit hat sich Elimane Kane seit Jahren nicht gefühlt. Er kann reisen, von Grenze zu Grenze, ohne Angst. Für ihn eine Sensation, denn er ist ein "sans papiers": Er lebt ohne gültige Papiere, untergetaucht, im Verborgenen. 130 "sans papiers" treten derzeit auf einem einmonatigen Marsch von Brüssel nach Straßburg in die Öffentlichkeit und fordern ihre Rechte. Fast alle stammen aus afrikanischen Ländern, sie leben überwiegend in Frankreich und Belgien. Am Mittwoch waren sie in Freiburg.
Neun Jahre Verstecken: wie geht das? Elimane Kane sitzt entspannt im Innenhof des Grether-Geländes, wo es Essen und Getränke gibt, bevor die Demo mit den Unterstützern der "Aktion Bleiberecht" beginnt. Elimane Kane, 36 Jahre alt, stammt aus dem Senegal und lebt seit 2003 ohne Pass in Paris. Vor seiner Zeit als "Untergetauchter" hatte er drei Jahre Biochemie studiert, für das Studium kam er 2000 nach Paris. Als er kein Geld mehr hatte, musste er die Uni verlassen und verlor seinen legalen Status. Damals begann ein neues Leben: Mit wechselnden, immer schlecht bezahlten Jobs, meist in Restaurants oder Supermärkten, die er oft nur mit falschen Papieren ergattern konnte. Anfangs veränderte er einfach das Gültigkeitsdatum auf seinem Studentenausweis, später liehen ihm Freunde ihren Pass. Viele Chefs nutzen es aus, wenn sie seine Situation ahnen: dann zahlen sie nur die Hälfte des Lohns, wohl wissend, dass er sich nicht wehren kann. Ähnlich schwierig ist die Wohnungssuche, oft kam Elimane Kane monatelang nur bei Freunden unter, weil sonst nichts klappte. Überhaupt ginge gar nichts, wenn er nicht dieses dichte Netz an Unterstützung hätte, eine große Gruppe, zu der Freunde aus seiner Uni-Zeit, Nachbarn und Landsleute aus der alten Heimat gehören. Sie sind da, wenn er Hilfe braucht, finanzieren sein Leben, wenn er keine Arbeit hat. Das war in den vergangenen Jahren immer wieder der Fall, denn nach dem Regierungsbeginn von Nicolas Sarkozy hatte sich die Lage für die "sans papiers" in Frankreich verschlechtert: Seitdem konnten Chefs die Papiere ihrer Angestellten der Polizei zur Überprüfung schicken, auch das Herumreisen in Frankreich wurde schwieriger. Bei jeder Fahrt mit Bahn oder Metro ist das Risiko für Elimane Kane wegen seiner schwarzen Hautfarbe groß, kontrolliert zu werden. Längst ist er trainiert darin, solche Situationen früh zu ahnen und unauffällig zu verschwinden. Er weiß: Am wichtigsten ist es, sauber und gut gekleidet zu sein, solchen Leute misstrauen die Beamten weniger. Darauf achtet er. In all den Jahren hatte er viel Glück. Nur einmal konnte er einer Kontrolle am Bahnhof nicht entgehen, damals ließ ihn die Polizei ohne Ausweis nicht in den Zug steigen, aber sonst passierte nichts. In Paris ist es deutlich einfacher ohne Papiere als in Deutschland, ist Elimane Kanes Eindruck: In Paris leben viele wie er, sie sind überall. Auf ihrem Marsch versuchten die Teilnehmer, mit deutschen "sans papiers" in Kontakt zu kommen, das klappte nur vereinzelt, mitkommen wollte keiner. Sie haben Angst, obwohl der Marsch seit einem Jahr vorbereitet und von den Behörden genehmigt wurde, darum rechnet niemand der "sans papiers" mit Problemen.
Für Elimane Kane ist das Leben inzwischen entspannter geworden: Er kann mit Universitäts- und Lohnquittungen, Fahrkarten und anderen Belegen nachweisen, dass er seit zwölf Jahren in Paris lebt. Nach zehn Jahren ist es für französische "sans papiers" möglich, einen legalen Status zu bekommen, das ist sein Ziel. Zudem hofft er nach dem Sieg von Francois Hollande auf Veränderungen. Doch es bleibt viel zu tun. Dazu soll der Marsch beitragen, mit der Forderung nach gleichen, besseren Rechten für alle "sans papiers" in Europa.