"Bankraub" ist falsche Lösung gegen die nächtliche "Anarchie" am Hasselbachplatz

Die Grünen-Stadträte Jürgen Canehl und Sören Herbst diskutieren mit Wolfgang Bahls, Chef der Magdeburger Taxigenossenschaft, über die fehlenden Sitzbänke in der Liebigstraße. Die Stadt hatte sie nach Anwohnerbeschwerden abbauen lassen | Foto: Stefan Harte
Erstveröffentlicht: 
12.05.2012

Der kommunale "Bankraub" in der Liebigstraße hat Folgen. Taxifahrer und Grüne prangern die Demontage als falschen Weg gegen laute Jugendliche an. Die fehlende Präsenz des Ordnungsamts sei die eigentliche Ursache für nächtliche "Anarchie".

 

Altstadt l Bereits nachdem die Diskussion um das Café Central aufflammte, meldete sich ein Anwohner der Liebigstraße in der Stadtteilredaktion. Er berichtete von einem ähnlichen Problem mit nächtlicher Ruhestörung in unmittelbarer Nachbarschaft. Denn rund um die drei Sitzbänke am westlichen Ende der Straße, kurz vor dem Hasselbachplatz, würden sich allwöchentlich "randalierende, grölende und besoffene Jugendliche" treffen. "Das ist eine richtige Bedrohung", erzählte er.

Dies war ihm und anderen Anwohnern ein lauter Dorn im verschlafenen Auge, woraufhin sie sich per Unterschriftenliste an den Oberbürgermeister wandten. Uli Bittner, Betreiber des Cafés "Liebig" und ebenfalls Unterzeichner der Liste, erklärte gestern zum Hintergrund: "Wenn wir ordnungsgemäß den Terrassenbetrieb um 1 Uhr eingestellt haben, wurde dort weiter Lärm gemacht. Das fiel natürlich auf uns zurück. Pöbeleien gab es auch ab und zu. Außerdem waren die Beete jeden Morgen vermüllt."

Der OB ließ den Fall vom zuständigen Beigeordneten Holger Platz prüfen. Ergebnis: Die Bänke wurden Ende April abgebaut. Wenige Tage später setzte Jürgen Canehl von den Grünen den kommunalen "Bankraub" auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung. Er wollte wissen, warum die Bänke ohne Beteiligung der Gemeinwesenarbeitsgruppe oder von Stadtratsausschüssen mir nichts, dir nichts weggenommen wurden.

Holger Platz hatte zuvor in Bezug auf die Debatte um die Kulturinitiative "Hassel.Leben" Einzelfallentscheidungen anstatt einer Generallösung für Lärmprobleme favorisiert. In diesem einzelnen Fall entschied er: Die Jugendlichen haben sich nicht an die Spielregeln gehalten, deshalb werden die Bänke entfernt. In Absprache mit Stadtplanungs- und Ordnungsamt soll testweise geschaut werden, ob sich die Situation entspannt. Dass die Maßnahme die Aufenthaltsqualität einschränkt, werde in Kauf genommen, erklärte Platz sinngemäß auf der Stadtratssitzung.

Doch damit wollen sich die Grünen nicht zufrieden geben und fordern, dass die Bänke wieder zurück an ihren Platz kommen. Bei einem Vor-Ort-Termin gestern macht Jürgen Canehl mit seinem Parteikollegen Sören Herbst und Wolfgang Bahls, Vorsitzender der Magdeburger Taxigenossenschaft, aus dem vermeintlich kleinen "Bankraub" am Taxistand ein großes kommunales Problem.

Zunächst kritisiert Bahls, dass die älteren Patienten der umliegenden Ärzte nun nicht mehr auf den Bänken auf ihre bestellten Taxis warten können. Auch seine Kollegen hätten dort gerne ihre Raucherpause abgehalten. Die vielen Falschparker am Abend und in der Nacht verhindern zudem, dass seine Fahrer am Taxistand stehen können. Er glaubt: "Würde gegen die Falschparker durchgegriffen, hätten die Taxifahrer ein Auge auf die Bänke."

Volksstimme-Leser Andreas Friedrichs schlägt in einem Leserbrief in die gleiche Bresche. "Nach der gleichen Logik, nach der die Bänke abgebaut wurden, müsste man alle Straßen, die gern von Falschparkern genutzt werden, zurückbauen", argumentiert er überspitzt. Auch er sieht das Problem in der fehlenden Kontrolle: "Das Ordnungsamt ist offensichtlich bereits überfordert, die geltenden Regeln und Verbote durchzusetzen."

Genau in diesen fehlenden Kontrollen in den Abend- und Nachtstunden sieht auch Sören Herbst die eigentliche Ursache für die nächtliche "kleine Anarchie". "Das, was den Jugendlichen vorgehalten wird, ist doch bereits verboten. Es muss nur kontrolliert werden, anstatt Bänke abzuschrauben. Das ist doch keine Lösung für Randale", sagt er. Der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Kontrollen sei aber im wahrsten Sinne des Wortes wie Tag und Nacht.