Am 22.02.2012 versammelten sich ca. 60 Menschen um 19 Uhr auf dem Schillerplatz in Mainz um eine Soli-Demo für bedrohte Freiräume zu veranstalten. Ca. eine ¾ Std zog die Demo durch Mainz: Am Höfchen vorbei, durch die Fußgänger_innen-Zone, bis sie sich irgendwann über die Große Bleiche zum Hauptbahnhof bewegte. Dabei wurde laut zur Besetzung von Häusern aufgerufen und die Ablehnung des kapitalistischen Systems klargestellt. Das Front-Transpi lautete: „Selbstverwaltete Freiräume verteidigen. Solidarität weltweit. Wir bleiben alle!“
Weiterhin wurde durch laute Parolen auf die Demo aufmerksam gemacht:
„Miete verweigern, Kündigung ins Klo, Häuser besetzen sowieso“
und
„Ihr reißt unsere Häuser ein und wir sollen die Chaoten sein,“ waren unter Anderem zu hören.
Außerdem sorgten Leuchtfeuer für Stimmung und Aufmerksamkeit. In den verteilten Flyern wurde die Situation in Berlin und Mainz dargelegt und die Solidarität im Kampf um selbstverwaltete Freiräume in Berlin und überall erklärt. Ein Hauptanliegen war sich solidarisch mit dem, in den letzten Tagen akut räumungsbedrohten, Projekt „Schokolade“ in Berlin zu erklären.
Anlass für eine Freiraum-Demo bietet jedoch auch die aktuelle Lage in Mainz. Sich gegen die Privatisierung öffentlichen Raumes auszusprechen und für das Erkämpfen von Freiräumen und deren Erhaltung ist in Mainz für die Veranstalter_innen ein aktuelles Thema. „Die Stimmung in dieser Stadt ist alles andere als gut: Zum einen sind die Mieten kaum mehr bezahlbar. Zum Andern soll in der Innenstadt ein neuer Konsumtempel entstehen. So wird weiter öffentlicher Raum privatisiert und nur auf funktionales Konsumieren ausgerichtet.“ erklärte eine Demo-Teilnehmerin.
Zudem steht das Kultur- und Kommunikationszentrum Haus Mainusch mit der Universität in Verhandlungen, da diese den Mietvertrag zum Dezember 2012 gekündigt hat. Eine rechtskonservative Bürgerinitiative, die aus den REP´s hervorging, hetzt gegen den Verein PENG im Rahmen der Bürgermeister_innenwahlen. „Emanzipatorische Strukturen sind überall bedroht: Auch in Mainz!“ stellte eine Aktivistin klar. „Deswegen wurde hier ein Zeichen gesetzt für selbstverwaltete, autonome Freiräume in denen nicht alles Verwertungslogik und Konsumzwang unterliegt. In denen Kultur auch ohne Konkurrenzdruck und nicht nach dem Kriterium der Konsumierbarkeit entsteht, sondern im Miteinander der Menschen, die sich einbringen.“ erklärte sie im Anschluss an die Demonstration.
Text des Flyers:
In den letzten Wochen kam es in Berlin wieder vermehrt zur Bedrohung selbstverwalteter linker Freiräume.
Ein Jahr nach der Räumung des Wohn- und Kulturprojekts „Liebigstr. 14“ wurde während einer Party der benachbarte Veranstaltungsort „Kadterschmiede“ und das Hausprojekt „R 94“ in der Riegaerstraße 94 durch Einsatzkräfte der Polizei gewaltsam gestürmt.
Hierbei kam es zu Festnahmen und Verletzten auf Seiten der Besucher_innen.
Auch der „Schokoladen“ in Berlin-Mitte muss sich zurzeit mit Räumungsbedrohung auseinandersetzen.
Zwar sind die Verhandlungen zu seiner Existenzsicherung wieder aufgenommen worden, dennoch kann von Entwarnung nicht die Rede sein.
Dies sind aber nur einige von vielen Schlägen gegen selbstverwaltetes und selbstgestaltetes Leben – und das hat System!
Neoliberale Stadtumstrukturierungsprozesse, auch Gentrifizierung genannt, machen Städte zu Unternehmen die um Standort und Attraktivität konkurrieren müssen.
Das dabei nicht viel auf die Bedürfnisse der Bewohner_innen gegeben wird, ist klar: Städtisches oder kommunales Eigentum sowie öffentliche Plätze werden privatisiert, Mieten steigen, früher günstiger Wohnraum wird luxussaniert und viel teurer wieder vermietet oder verkauft, Geringverdiener_innen (z.B. Erwerbslose, Rentner_innen, Studierende, Alleinerziehende, Azubis) werden an den Stadtrand gedrängt, Obdachlose oder andere „unerwünschte“ Personengruppen werden aus den Innenstädten vertrieben, für unkommerzielle Freizeitgestaltung und selbstgestaltetes Leben ist kaum noch Platz.
Auch in Mainz ist diese Entwicklung verstärkt zu beobachten:
In der Innenstadt wollen private Investoren ein großes Einkaufszentrum bauen, bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper und unkommerzielle Veranstaltungsräume müssen weichen.
Wir wollen nicht länger tatenlos zusehen, wie unser Lebensraum zerstört wird!
Deswegen setzen wir heute ein Zeichen der Solidarität mit allen betroffenen Menschen und bedrohten Freiräumen in Mainz, Berlin und überall!!!
„Schokoladen“ und alle anderen bleiben!
Gentrifizierung stoppen, Kapitalismus überwinden!
Für eine freie, solidarische Gesellschaft!