Dessauer Verhältnisse angreifen!
Eigentlich stellt sich die Situation in Dessau dar, wie sie in einer mittelgroßen, ostdeutschen Stadt zu erwarten ist: Tief
in der Bevölkerung verankerter Rassismus und Nationalismus, eine zwar
kleine und intellektuell bemitleidenswerte, aber organisierte
Neonaziszene mit fließendem Übergang zu rechtslastiger Jugendkultur,
homophobem Mackergehabe, Stammtischnazis und einem rechtsdominierten
Fußballverein, ein NPD-Stadtrat, überforderte Behörden, rassistische
Polizeibeamte, einige gutwillige „Zivilgesellschafter“, viele
„Extremismus“-Bekämpfer, ein paar Student_innen, ein „Ausländer“-Anteil
von knapp 2 %, eine kommerzialisierte, „alternative“ Kulturszene und
eine marginalisierte, radikale Linke. So weit, so schlecht. Und zweifelsfrei genug Grund für eine Demo.
Einige Ereignisse der letzten 12 Jahre allerdings sorgten auch
bundesweit dafür, dass sich die Stadt an Mulde und Elbe ihr bejammertes
Image redlich verdient hat.
Neonazigewalt bis hin zum Mord an
Alberto Adriano im Juni 2000, seither fast jährlich Aufmärsche,
Polizeiskandale (Stichwort Staatsschutz-Skandal), rassistische
Polizeikontrollen und natürlich der immer noch ungeklärte Tod von Oury
Jalloh in Zelle 5 des Polizeireviers am 7. Januar 2005.
In den
letzten Wochen nun hat sich die Lage für all jene noch einmal
verschärft, die sich den Dessauer Zuständen nicht völlig ergeben oder
wegen ihrer Hautfarbe gar keine Chance zur Konversion haben.
Die
Demonstration zum siebenten Todestag von Oury Jalloh am 7. Januar wurde
von der Polizei durch einen Strategiewechsel für eine skandalöse
Gewalteskalation genutzt. Angeblich sei die Parole „Oury Jalloh – das
war Mord!“ strafbar, weshalb das Zeigen entsprechender Transparente
unterbunden werden müsse, so die durchsichtige Begründung.
Zehn Tage
später dann soll ein Nichtweißer einen Weißen – ausgerechnet Spieler
des rechtslastigen Fußballvereins ASG Vorwärts Dessau – niedergestochen
haben, weil dieser sich in einen vermeintlichen Raub eingemischt hätte.
Was
folgte waren zwei Demonstrationen mit bis zu 400 Teilnehmer_innen, bei
denen sich unter Sprechchören wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer
raus!“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“ klare Neonazis mit
rechten Hools, Stammtischrassist_innen und sich ihres Rassismus` nicht
einmal bewussten Wutbürgern mischten. Auch das Ordnungsamt der Stadt als
Versammlungsbehörde hatte kein Problem mit den Anmeldern, die beide als
rechts bekannt sind, und machte sich auf diese Weise zum
Erfüllungsgehilfen des rassistischen Mobs.
Die in Dessau ohnehin
schon gefährliche Situation für Menschen mit „Migrationshintergrund“,
soziale Randgruppen, alternative Jugendliche oder politisch aktive
Antirassist_Innen und Antifaschist_Innen hat sich durch die rassistische
Eintracht aus Bürger_Innen, Nazis, der Stadt und der Polizei noch
einmal deutlich verschärft.
Angesichts dieser neuen Dimension
des rassistischen Normalzustandes ist eine klare, antifaschistische und
antirassistische Intervention in der Stadt von Bauhaus und Zyklon B
bitter nötig.
Zeigen wir, dass wir solche Verhältnisse nicht widerspruchslos hinnehmen! Ob in Dessau, Plauen, Velbert oder sonstwo!
Auch wenn dies nur ein Anfang sein kann: kommt am 25. Februar zur überregionalen, antirassistischen Demonstration nach Dessau!
Den rassistischen Konsens brechen – Dessauer Verhältnisse angreifen!
Oury Jalloh – das war Mord!