Polizei rüstet gegen Nazis

Erstveröffentlicht: 
15.12.2011

VON JAN DREBES - zuletzt aktualisiert: 15.12.2011

Solingen (RP). Mit einer Sondereinheit will der polizeiliche Staatsschutz gegen Rechtsradikale vorgehen. Drei Solinger stehen im Fokus ebenso wie die Szene in Vohwinkel. Der dortige Wachleiter wurde versetzt. Er ist Ratsmitglied in Solingen.

 

Es gibt in Solingen keine Neonazi-Szene. In Wuppertal aber wächst und gedeiht sie. Gewalttätig, unerschrocken, einschüchternd: So treten rund 40 Nazis aus dem Wuppertaler Stadtteil Vohwinkel auf – in direkter Nachbarschaft zu Gräfrath. Und auch aus Solingen mischen drei Rechtsradikale dort mit. Jetzt will Wuppertals Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher härter durchgreifen und rief das Projekt "Hellwach gegen Rechtsextremismus" ins Leben. 20 Beamte aller Fachrichtungen arbeiten daran mit, inklusive einer achtköpfigen Sonderkommission des Staatsschutzes.

 

Dass das dringend nötig ist, zeigt der jüngste Vorfall. In der Nacht zu Samstag prügelten am vergangenen Wochenende in Elberfeld drei Neonazis auf einen 18-jährigen Türken ein. Die Polizei nahm die alkoholisierten Männer unter Einsatz von Pfefferspray in Gewahrsam. Gegen das Trio wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

 

Wachleiter Markus Preuß versetzt


"Die Szene wird gewaltbereiter, und wir beobachten einen Zuzug von Neonazis", sagte Polizeipräsidentin Radermacher gestern bei einer Pressekonferenz zum neuen Projekt gegen Rechts. Der Leiter der Vohwinkler Wache, Markus Preuß, soll eben diese Problematik verneint haben – und wurde jetzt versetzt. Angeblich habe er während eines Einsatzes am Rande einer Demonstration gesagt, dass es kein Problem mit Rechts-, sondern mit Linksradikalen in Vohwinkel geben solle. Wuppertaler Mitglieder der Grünen hatten dem Solinger das Leugnen des Problems öffentlich vorgeworfen, derzeit läuft ein Disziplinarverfahren gegen ihn.

 

Markus Preuß sitzt als zuweilen impulsiver Politiker für die BfS im Stadtrat, ist Vorsitzender des Schulausschusses. 2009 kandidierte er für das Amt des Oberbürgermeisters. Zu seiner Versetzung sagte Polizeipräsidentin Radermacher: "Ich habe mich dazu entschieden, nicht den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, sondern den Beamten ab sofort im Innendienst einzusetzen. Eine Degradierung ist das nicht, ich bin von seiner Integrität überzeugt." Sie wolle mit der Maßnahme Preuß selbst und die Wache in Vohwinkel schützen und für das Vertrauen der Bürger in die Arbeit der Polizei werben. Preuß selbst wollte sich gestern auf Anfrage unserer Zeitung wegen des laufenden Verfahrens nicht dazu äußern.

 

Um die Szene in den Griff zu bekommen, will die Polizei das Projekt "Hellwach gegen Rechtsextremismus" auf drei Beine stellen: Bessere Strafverfolgung, Aufklärung an Schulen und leichterer Informationsfluss innerhalb der Polizei.

 

Bei der Strafverfolgung ist die Soko des Staatsschutzes federführend. Sie soll jedem Verdacht einer von Nazis begangenen Straftat nachgehen – von der Prügelei in der Disco bis zum Rufen von eventuell strafbaren Parolen bei Demonstrationen. Radermacher sieht gute Chancen: "Wir kennen jeden der rund 40-köpfigen Gruppierung. Das ermöglicht es unseren Fahndern, auch vagen Täterbeschreibungen ein Gesicht zu geben." Die Wuppertaler Neonazis seien im Alter zwischen 15 und 29. Die meisten der Zugezogenen gehören zu den Älteren der Szene.

 

"Wir wissen aber nicht, ob es sich bei ihnen um Führungspersonen handeln soll", sagte Claudia Greve, Leiterin des Wuppertaler Staatsschutzes. Ihre Beamten stünden jetzt täglich im Austausch mit dem Verfassungsschutz.