"Land ist fruchtbar, Gold ist furchtbar"

Flyer for transnational action day Rosia Montana

...die Aufschrift des Transparents bringt's auf den Punkt. Am 1. Dezember protestierten über 50 Aktivist*innen vor der rumänischen Botschaft in Wien gegen den Bau der größten Goldmine Europas. In ganz Europa fanden Aktionen gegen den Gold-Tagebau in Rosia Montana, Rumänien statt.

 

„Wir glitzern mehr als Gold“ ist das Motto der Aktion, und es ist nicht gelogen: An allen Ecken und Enden blinkt und blitzt es, an den Kostümen der lauten Samba-Trommler*innen¹, den Tänzer*innen, den Luftballons und dem aufgebahrten Styropor-Gold vor den Transparenten.

Gold, ein verlockendes Geschäft bei dem aktuellen Goldpreis. Da wird viel spekuliert und investiert – auch in die geplante Goldmine in Rumänien. Seit dem Jahr 2000 versucht der Minenkonzern Roşia Montană Gold Corporation (RMGC) im Gebirge Transsylvaniens eine Tagebau-Goldmine errichten. Und seit 2000 ist es ihr immer noch nicht gelungen, dies durchzuführen. Grund ist der massive Widerstand der lokalen Bevölkerung und solidarischer rumänischer Bewegungen gegen diese bevorstehende ökologische und soziale Katastrophe.

 

Was bleibt ist ein riesiger See voll Cyanid.

 

RMGC befindet sich zu 80 Prozent in Händen der kanadischen Firma Gabriel Resources, die extra für dieses Projekt gegründet wurde. Der Konzern beabsichtigt, rund 314 Tonnen Gold und 1.480 Tonnen Silber auf einer Fläche von 2388 Hektar abzubauen. Dazu sollen vier Berge abgetragen, riesige Mengen von Erz bewegt und mit hochgiftigem Cyanid ausgelaugt werden. Das nahe gelegene Corna-Tal würde durch den Bau einer 185 Meter hohen Staumauer mit den etwa 250 Millionen Tonnen Giftabfällen aus der Mine, Cyanidschlacke, gefüllt werden. Im Jahr 2000 verursachte das Brechen einer solchen Staumauer im rumänischen Baia Mare die größte Umweltkatastrophe in Europa seit Tschernobyl. Dabei waren 2.5 Millionen Menschen von Trinkwasservergiftung betroffen, 1.400 Tonnen Fische starben und Hunderte von Fischer*innen an der Theiß (Ungarn) verloren ihre Existenzgrundlage. In der EU wurde 2010 vom europäischen Parlament ein vollständiges Verbot von Cyanid-Einsatz beschlossen – doch die Kommission hat dieses aus gewissen Gründen seither ignoriert.

 

Das Minenprojekt teilte in den letzten Jahren die Bewohner*innen Rosia Montanas in zwei Fronten. Während sich die einen für den Erhalt ihres Dorfes und der umliegenden Natur einsetzen, haben andere inzwischen dem psychischen Druck und den Versprechen auf Arbeitsplätze und finanzielle Entschädigung nachgegeben. Der Umsiedlungsplan, den RMGC verfolgt – insgesamt sollen 740 Bauernhöfe und 140 Wohnungen geräumt werden – ist in vollem Gange. Eugen David, Bauer und Mitstreiter von Alburnus Maior meint dazu: "Wenns sein muss, lassen sich die Menschen umsiedeln, aber meine Kühe haben da sicher was dagegen! Wir bleiben hier und bieten der Goldmine die Stirn!"

 

Doch RMGC und die rumänische Regierung wissen sich zu helfen: Aktuell wird eine Änderung des Minengesetzes diskutiert, welche privaten Unternehmen ermöglichen würde, anstelle des rumänischen Staates willkürliche Zwangsenteignungen der lokalen Bevölkerung durchzuführen. Als Reaktion konzentrieren sich die jüngsten Protestaktionen vor allem gegen dieses geplante Enteignungsgesetz, indem symbolisch wichtige Gebäude enteignet werden.

 

Solidarität mit „Save Rosia Montana“.

 

Rosia Montana ist in Rumänien ein heißes Thema – jede*r hat eine Meinung dazu. Doch obwohl es sich um die größte Goldmine Europas handelt ist jenseits der Grenzen bisher wenig darüber zu hören gewesen. Deshalb fand im September 2011 ein transnationales Camp von „Reclaim the Fields“ in Rosia Montana statt. Reclaim the Fields¹, kurz RtF, ist eine junge Konstellation von Bäuer_innen, Landlosen, Gärtner_innen und Aktivist_innen aus ganz Europa. Direkte Aktionen, Besetzungen und das Leben von Alternativen sind die Strategien dieser Bewegung, um gegen das industrielle Ernährungs- und Agrarsystem und die Verwertung von Land für kommerziellen Nutzen vorzugehen. Die Zerstörung von Leben zur Gewinnung von Gold, Agrartreibstoffen oder Cash Crops ist ein globales Phänomen. Durch die Vernetzung von lokalen Kämpfen können globale Probleme besser erkannt und gemeinsam dagegen vorgangen werden – das ist die Grundlage der Solidarität von RtF mit „Save Rosia Montana“.

 

In Wien hat sich nach dem Camp in Rosia Montana eine lokale RtF-Gruppe gebildet. Sie war zusammen mit Alburnus Maior Initiatorin eines transnationalen Aktionstags, der am 1. Dezember, dem rumänischen Nationalfeiertag, stattfand. Dazu wurden in den verschiedensten Ländern den rumänischen Botschaften Briefe übergeben, in denen die Änderung des Minengesetzes verurteilt und der Stopp der Minenplanung gefordert wurde. In einigen Städten fanden symbolische Enteignungsaktionen statt. In Wien wurde nicht nur der rumänischen Botschaft eine Enteignungs-Plakette verpasst – auch Parlament, Nationalbank, EU-Haus und das Büro des österreichischen Ex-Kanzlers Alfred Gusenbauer mussten dran glauben. Gusenbauer ist seit 2010 im Aufsichtsrat des kanadischen Minenkonzerns Gabriel Resources. Aus diesem Grund verfasste RtF auch an das SPÖ-nahe Renner-Institut, dessen Präsidentschaft Gusenbauer inne hat, einen Brief mit der Forderung, ihn aus diesem Amt zu entlassen.

Nach einer glitzernden Protestaktion vor der rumänischen Botschaft fand Abends im Amerlinghaus eine Veranstaltung statt, in der die rumänische Aktivistin Alina Banu über die Protestgeschichte informierte.

Eine weitere Aktion zu Rosia Montana wird von einer anderen Gruppe am 8. Dezember organisiert. Mehr Informationen dazu auf: ...

 

 

 

 

¹ „Das * soll daran erinnern, dass es neben dem weiblichen und männlichen Geschlecht

noch viele andere Formen gibt, Geschlechtsidentität zu leben und zu empfinden.“

 

² Reclaim the Fields heißt übersetzt etwa „Erobert die Felder“ oder „Fordert das Land zurück“. Mehr Informationen auf: http://www.reclaimthefields.org/

 

 

PS: Die nächste Rosia-Montana Demo findet am 8. Dezember statt, Treffpunkt um 14 Uhr vor dem Stephansdom in Wien statt.