Der Feind in den eigenen Reihen. Offenbar war ein Kasseler Neonazi jahrelang in seinem örtlichen CDU-Verband aktiv und schaffte es sogar in dessen Vorstand. Der wiederum will von den Aktivitäten seines Mitgliedes nichts mitbekommen haben.
Nach Recherchen des Magazins „Defacto“
des Hessischen Rundfunkes ist der bisherige Schriftführer des
CDU-Stadtbezirksverbandes Kassel-Nord, Daniel Budzynski, Mitglied der
Kameradschaft „Freier Widerstand Kassel“. Pikanterweise liegt in diesem
Bezirk der Tatort des letzten Mordes der Terror-Vereinigung
„Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Damals war ein
türkischstämmiger Besitzer eines Internetcafés von mutmaßlichen Neonazis
ermordet worden.
Die Verstrickung wirft – wiededanielr einmal –
eine wichtige Frage auf: Wie weit sind rechtsextremistische Strukturen
in die „Mitte der Gesellschaft“ eingesickert?
Seit fünf Jahren
soll sich Budzynski im Umfeld der Neonazi-Kameradschaft bewegen.
Scheinbar ist er in organisatorische Aufgaben eingebunden. Budzynski ist
mehr als ein Mitläufer, sagt Helge von Horn, ein Kenner der
nordhessischen Szene. Er gehöre vielmehr zum Kern der Gruppierung.
Budzynski
marschierte auch auf rechtsextremistischen Demonstrationen mit.
„Defacto“ liegen Fotos vor, die Budzynski als Teilnehmer
neonationalsozialistischer Aufmärsche zeigen. Er wolle sich dazu nicht
äußern, dass sei „Privatsache“, sagte er auf Anfrage des HR.
Den
Kampf für ein anderes System führte der Kameradschafts-Aktivist auch im
Internet. Kurz nachdem ein Bekenner-Video des Zwickauer Trio gefunden
wurde, änderte er das Bild seines Facebook-Profils in ein Bild des
„Rosaroten Panthers“: Jener Comicfigur, die auch der NSU verwendet
hatte. Helge von Horn hält dies für eine versteckte Sympathiebekundung,
wie sie derzeit dutzendfach von Rechtsextremisten im Internet gepostet
würden. Im Thiazi-Forum, dem größten deutschsprachigen
rechtsextremistischen Internetforum, soll der Kasseler ebenfalls aktiv
gewesen sein. Dort hatte er vor zwei Jahren um Tipps gebeten, wie man
den Holocaust am besten leugnen könne.
Die CDU gibt sich indes
unwissend. Warum der bekennende Neonazi unbemerkt bis in den
Stadtbezirksvorstand aufrücken konnte, kann niemand aus der
CDU-Gliederung beantworten. Obwohl er seit zwei Jahren Schriftführer
sei, wäre er bislang bei keiner Veranstaltung oder Sitzung des Bezirks
anwesend gewesen, unternimmt der Verbandsvorsitzende Stefan Weidelich
einen Rechtfertigungsversuch. Er kenne ihn nur flüchtig, obwohl beide
zusammen studieren. Budzynski freilich sieht das anders, er bezeichnet
Weidelich als „Freund“.
Unmittelbar nachdem seine
rechtsextremistischen Aktivitäten publik geworden waren, trat Budzynski
von seinem Vorstandsposten zurück. Seine Unions-Mitgliedschaft hat er
aber behalten.