7.März in Dessau. - Neuer Termin in der Flutsaison der Nazitränen

07.03.2009: Dessau blockiert

Am 7.März reiht sich nun auch Dessau in die jährlich Flutsaison der Nazitränen. Nach dem 17. Januar in Magdeburg und dem 13/14. Februar in Dresden planen auch Dessauer Nazis der Bombardierung "ihrer" Stadt 1945 zu gedenken.

Dessau…

Im Jahr 2009 angekommen versuchen Rechtsextremisten der „Freien Nationalisten Dessau und Anhalt – Bitterfeld“ auch in Dessau-Roßlau die Bombardierung der Stadt am 07. März 1945 im Terminkalender der Neonaziszene zu etablieren. Fakten- und realitätsresistent thematisieren Neonazis bundesweit die kriegsnotwendigen Angriffe deutscher Städte und erklären sie zu alliierten Angriffskriegen oder wahlweise zum „Bombenholocaust“. Die Schuld an industriell organisiertem Massenmord wird dabei von Neonazis relativiert, um sich selbst mit ihren ideologischen „Volksgenossen“, infolge der militärischen Zerschlagung Nazideutschlands, als Opfer von Schicksal und Unrecht präsentieren zu können. Außer Acht wird dabei gelassen, dass der Krieg, der von deutschem Boden ausging, lediglich zum Verursacher zurückkehrte.

…kein unschuldiges Opfer!

Im Land Anhalt stellte Dessau auch aufgrund früh entwickelter völkisch-nationaler Strukturen und organisiertem Antisemitismus ein bedeutendes Verwaltungszentrum des Gaues „Magdeburg-Anhalt“ dar, dessen Gauhauptstadt Dessau später auch wurde. Bereits bei den Wahlen 1932 wurde die NSDAP als stärkste Fraktion in Anhalt gewählt und konnte demnach auf den Rückhalt der Bevölkerung zählen. Nationalsozialistische Funktionäre wie Gregor Strasser (SA-Führer), Joseph Goebbels, Adolf Hitler u.a. waren geladene Gäste in Dessau, und erhielten, u.a. im Kristallpalast der Stadt, stehende Ovationen von den zigtausend Sympathisant_Innen. Am 01. April 1933 erging der erste öffentliche Boykottaufruf gegen jüdische Geschäfte, Arztpraxen und Handwerkerbetriebe. Am 09. November brannte auch in Dessau die Synagoge und der israelitische Friedhof wurde geschändet. Nachdem alle in Dessau verbliebenen Jüd_Innen in einer Tageszeitung mit Namen und Adressen, in Form eines offenen Pogromaufrufs, veröffentlicht wurden, folgten Plünderungen und Zerstörungen jüdischer Geschäfte. Mit der Machtergreifung richtete sich die brutale Gewalt des Naziregimes gegen alle nicht faschistischen Kräfte.

Zu einem Zentrum der Nazi-Rüstungsindustrie aufgebaut, wurden in Dessau u.a. Kampfflugzeuge und Munition für die verbrecherische deutsche Wehrmacht produziert. Für das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B, mit dem die Nationalsozialisten millionenfach Menschen in Konzentrationslagern ermordeten, war Dessau Hauptproduktionsstätte. Tausende von Zwangsarbeiter_Innen mussten in den hiesigen Betrieben für Nazideutschland unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Bei alliierten Luftangriffen wurde ihnen der Zugang zu den Luftschutzräumen von den fanatischen „Volksgenossen“ verwehrt, wodurch unzählige von ihnen starben. Infolge der militärischen Maßnahmen konnten alliierte Truppen die am Leben gebliebenen Opfer des Naziterrors am 21. April 1945 in Dessau befreien.

…nichts hören, nichts sehen, nichts sagen!?

Erstmals am 12. März 2005 führten die „Freien Nationalisten Dessau/Anhalt“ in Zusammenarbeit mit dem bundesweit bekannten Neonazianmelder Christian Worch einen „Trauermarsch“ mit ca. 250 Teilnehmern durch. Im Jahr 2008 folgte die zweite Auflage des geschichtsrevisionistischen Stelldichein. In Kooperation mit dem NPD-Kreisverband Wolfen-Anhalt-Dessau organisierten die „Freien Nationalisten“ am 08. März 2008 einen Aufmarsch mit etwa 140 Rechtsextremisten zum Friedhof in der Dessauer Heidestraße.

Die Zahl rechtsextremer und antisemitischen Propagandaaktionen und Sachbeschädigungen ist im Jahr 2008 massiv angestiegen. So sind beispielsweise die Gedenk-Stele, die an die Deportation der Dessauer Juden und die Zerstörung der Synagoge erinnert, und der israelitische Friedhof bereits mehrfach mit Hakenkreuzen u.a. nationalsozialistischen Symboliken geschändet worden. Ferner ist das Alternative Jugendzentrum e.V. in Dessau im Jahr 2008 bereits sechs Mal Ziel von rechtsextremen Angriffen geworden, teils mit erheblichen Sachschaden. Im Januar 2009 griffen zudem mindestens 20 Vermummte erneut das AJZ an und drangen dabei in das Gebäude ein. Nur durch besonnenes Handeln konnten sie aus dem Gebäude gedrängt werden und größerer Schaden im Inneren verhindert werden.

Mit erheblichem Zuwachs sind Menschen, die nicht ins Weltbild von Rechtsextremisten passen, in der Muldestadt bedroht, eingeschüchtert, angegriffen und verletzt worden. Zunehmend fanden geplante, teilweise bewaffnete Angriffe auf alternative Jugendliche in der jüngsten Vergangenheit statt. Und um der anwachsenden Neonazigewalt die Krone aufzusetzen, marschierten die Wölfe im Schafspelz 2008 bereits an drei weiteren Terminen in der Innenstadt auf und wähnten sich selbst als die Opfer ausufernder Gewalt. Eine Demonstration mit 300 Teilnehmern stellte am 20. September 2008 dafür den vorläufigen zahlenmäßigen Höhepunkt dar.

Neben dem Neonaziladen „Nordic Flame“ in der Nachbarstadt Köthen, ist die Eröffnung des Verkaufsgeschäfts „Rodberg“ im Januar 2009, das die von Rechtsextremen beliebten Modemarken „Thor Steinar“ und „Erik & Sons“ vertreibt, in Dessau-Roßlau nur die kommerziell getriebene Konsequenz. Der Betreiber zieht, aus Wittenberg kommend, somit einer wachsenden Käuferschaft hinterher. Kleidung mit rechtsextremen Bezug werden somit vermehrt in der Öffentlichkeit Einzug erhalten und menschenfeindliche Positionen salonfähig machen.

…am 07. März und anderen Tagen!!!

In der Vergangenheit gelang es nur unzureichend breiten, engagierten Protest gegen Neonazis auf die Straße zu tragen – deshalb zählen wir auf Dich!!! Mit der Hoffnung, aus der Vergangenheit Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, ermutigen wir alle, sich dem Aufmarsch entgegenzustellen. Mehrfach gelang es in den zurückliegenden Monaten – auch in Sachsen-Anhalt – durch entschlossenen Protest, Aufmärsche der extrem rechten Szene zu behindern oder gar zum Rückzug zu zwingen. Aus Salzwedel [Dezember 2008] und Magdeburg [Januar 2009] lernend, halten wir ein kreatives Blockadekonzept auf allen Ebenen für ein bevorzugtes Mittel, den Neonazimob am 07. März 2009 gerade auch in Dessau-Roßlau in die Schranken zu weisen. Neonazis im gesellschaftlichem Leben zurück zu drängen, sollte Ziel einer/s Jeden mit humanem, tolerantem Weltbild sein.

…unter [www.dessau-blockiert.tk] informieren wir Euch, über Hintergründe, Entwicklungen und Möglichkeiten, am Samstag, den 07. März 2009 in Dessau-Roßlau kreativ zu werden.

Nazis den Weg versperren!!! …mach mit, mach`s nach, mach`s besser! www.dessau-blockiert.tk

Bündnis „Dessau blockiert…“