GegenStandpunkt & Diskussion:
Mehr Schulden für den Euro
Europas Staaten kämpfen um ihren Kredit und verarmen ihre Völke
Wann: Donnerstag, 20. Oktober, 19.30 Uhr
Wo: Karlsruhe, Werderstraße 28, Planwirtschaft
Drei Jahre nach dem Zusammenbruch des Finanzsystems im Gefolge der Lehman-Pleite ist es wieder so weit. Wenn das spekulative Vermögen globaler Finanzkapitalisten nicht erhalten bleibt, das in griechischen, portugiesischen, spanischen, italienischen Staatsschulden steckt, wenn sie diese Papiere in großem Stil abstoßen, weil sie ihnen den Wert nicht mehr zumessen, den sie ihnen einmal zugemessen haben, dann droht von neuem ein Crash der Banken, die Verflüchtigung aller Ersparnisse, der Zusammenbruch des Geldverkehrs und überhaupt das Ende des Geldes, in dem die europäischen Staaten wirtschaften. Und klar ist auch: Ökonomisch ist der Wert dieser Staatsschulden schon dahin; erhalten bleibt er nur, wenn ihn die Geldkapitalisten gegen ihr eigenes Urteil von der Politik garantiert bekommen.
Dafür gefordert sind Bürgschaften und Kapitalhilfen von Euro-Staaten, die noch Kredit haben, also Schulden machen können, für die sie mit ihrem Staatshaushalt und Steueraufkommen einstehen. Wenn nun der deutsche Steuerzahler als das entscheidende Subjekt der neuen Runde der Finanzmarkt-Rettung gehandelt wird, das einerseits geschont, andererseits für die notwendigen Maßnahmen gewonnen werden müsse, dann ist das gelogen: Regierungen machen von der Zustimmung der Leute nicht abhängig, was sie national und europapolitisch nötig finden. Umgekehrt stimmt die Sache schon: Natürlich sind es immer die Bürger, die mit ihren Steuern für die souveränen Beschlüsse der Finanzpolitiker gerade stehen.
Also wird den Deutschen auch erklärt, warum ihre Regierung die Risiken eingeht, die sie tragen müssen; zum Beispiel mit der sympathischen Zusicherung, dass sie garantiert nur für egoistische deutsche Interessen rangenommen werden: Griechenland wird nicht für die Griechen gerettet, sondern „für uns“! „Wir“, hört man, profitieren von allen Mitgliedsländern am meisten vom Euro, „wir“ können uns weder einen griechischen Rausschmiss, noch einen eigenen Austritt aus der Eurozone, noch gar ihren Zusammenbruch leisten. Alle Alternativen zu den gigantischen Rettungsschirmen wären sowieso noch teurer und in ihrer Wirkung desaströs. Die Kanzlerin und ihre Kollegen verlassen sich darauf, dass das nationale „Wir“ schon seine Wirkung tut und die angesprochenen Bürger bereit sind, sich für die weit und breit größten Nutznießer des Euro zu halten, nur weil sie als preiswerte Arbeitskräfte – irgendwie – an der erfolgreichen deutschen Wirtschaft beteiligt sind. In der Stunde der Gefahr dürfen die Leute an ihr Arbeiten- und Geldverdienen-Können, an das Ersparte, an die Kaufkraft der Renten und Löhne denken und das Missverständnis pflegen, Griechenland und der Euro müssten gerettet werden, damit ihr sogenannter Wohlstand erhalten bleibt.
Dabei zeigt der Abstand zwischen der Welt der staatlichen und privaten Großfinanz (den Bankbilanzen, der Bonität ganzer Länder, den vielen hundert Milliarden des EFSF) und dem alltäglichen Leben (mit den paar tausend Euro, die es kostet) umgekehrt nur, welchen viel wichtigeren Zwecken dieses nachgeordnet ist. Es ist nichts als ein kleines Anhängsel kapitalistischer und imperialistischer Großtaten, bei denen es um ganz andere Dinge geht, als um den Lebensunterhalt einfacher Bürger. Für diese Ziele werden die Bürger in Dienst genommen und von ihrem Erfolg wird deren Lebensunterhalt und Leben abhängig gemacht.
Täglich bekommen die Deutschen zu hören: „Wir“ brauchen den Euro. „Wir“ brauchen stabile europäische Banken. „Wir“ brauchen das Vertrauen internationaler Anleger in die Staatsschulden der Euro-Länder. „Wir“ brauchen den Europäischen Stabilitäts-Mechanismus. „Wir“ brauchen eine neue Ordnung in der Euro-Zone, die Defizit-Staaten die Souveränität über ihren Staatshaushalt wegnimmt. Aber warum und wofür „wir“ alles das brauchen – dazu hört man nur Unsinn. Der Vortrag wird es erklären.