Bericht über den BDS workshop “Die europaweite Kampagne gegen Agrexco”

BDS Gruppe Berlin

Bericht über den BDS workshop “Die europaweite Kampagne gegen Agrexco” am 17. / 18. September 2011 in Berlin

Ausgehend vom 1. Europäischen Forum der Kampagnen gegen Agrexco im Juni 2011 in Montpellier (Frankreich) sollte der workshop in Berlin dazu dienen, die europäische Kampagne gegen Agrexco im deutschsprachigen Raum voranzutreiben und den 26. November 2011 zum europaweiten Aktionstag gegen Agrexco vorzubereiten.

 

Zu dem von den BDS Gruppen Berlin und München eingeladenen workshop kamen rund 40 Teilnehmer_innen aus Hamburg, Braunschweig, Kassel, Marburg, Stuttgart, München, Oslo, Wien und Berlin in das Deutsch-Arabische Zentrum, das dankenswerterweise seine Räume zur Verfügung gestellt hatte.

 

Als Referent_innen eingeladen waren Michael Deas, Europa-Koordinator  Palestinian BDS National Committee, Shir Hever, Alternative Information Center, Inna Michaeli, Coalition of Women for Peace / who profits? und Ahmed Shah für die theaterpädagogischen Inhalte.

 

Doris Ghannam von der BDS Gruppe Berlin gab am Anfang einen Überblick über die Kampagne in Deutschland gegen Agrexco / bzw. gegen die Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus Israel und den besetzten Gebieten und über das „Erste Europäische Forum der Kampagnen gegen Agrexco“ in Montpellier Anfang Juni 2011.

 

Anschließend stellte Michael Deas die Grundzüge der internationalen BDS-Kampagne dar. Die Grundlage der BDS-Kampagne bildet der Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft von 2005, der zu Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel aufruft, bis Israel internationales Recht befolgt. Dieser Aufruf wurde von 170 Organisationen unterschrieben und mitgetragen. Sie  repräsentieren die drei Bereiche der palästinensischen Gesellschaft: diejenigen, die unter Besatzung leben, diejenigen, die als Bürger_innen Israels leben und diejenigen, die als Flüchtlinge leben. Der Aufruf fordert dazu auf, die BDS-Kampagne solange zu unterstützen, bis die Rechte in allen drei Bereichen gewährt werden: Solange bis die Besatzung beendet und die Mauer abgerissen ist, bis die palästinensischen Bürger_innen Israels Gleichheit und gleiche Rechte genießen können und bis das Recht der palästinensischen Flüchtlinge garantiert wird, dass sie in ihr Zuhause zurückkehren können. Das heißt der BDS-Aufruf unterstreicht die Bedeutung, diese drei Teile der palästinensischen Bevölkerung als eine Einheit zu begreifen. Er unterstreicht die Einigkeit der palästinensischen Gesellschaft untereinander und er hat eine gemeinsame Adresse, an die unserer Solidarität gerichtet werden kann.

 

Shir Hever  vom Alternative Information Center (AIC) stellte das Unternehmen Agrexco vor, das er als ein Symbol der israelischen Politik von Besatzung, Apartheid und Kolonisierung sieht. Zu Beginn der zionistischen Bewegung war die Rolle der Landwirtschaft extrem wichtig. Viele Führer der zionistischen Bewegung sahen es als einen ganz wesentlichen Punkt an, daß Juden in Palästina eine ähnliche Gesellschaft aufbauen würden wie andere Gesellschaften. Und selbst wenn die Landwirtschaft auf dem Höhepunkt der industriellen Revolution wirtschaftlich nicht mehr so profitabel und bedeutsam war wie der Handel und die Industrie, dann spielte sie doch für die zionistische Bewegung eine ganz wichtige symbolische Rolle. Ausserdem diente der Agrarsektor dazu, das Land Palästina tatsächlich zu übernehmen, es zu unterwerfen und die Bevölkerung zu vertreiben. Shir Hever geht davon aus, dass nicht nur die weltweite Wirtschaftskrise, sondern BDS eine wichtige Rolle bei dem Kollaps von Agrexco gespielt hat.

 

In seinem 2. Vortrag ging er auf das Unternehmen Mehadrin ein, eines der möglichen Nachfolgefirmen von Agrexco. Für eine neue Kampagne gegen diesen Agrarproduzenten und möglichen neuen Exporteur von Agrarprodukten müssten zunächst noch die notwendigen Informationen eingeholt und aufbereitet werden. Der Erfolg der Kampagne gegen Agrexco gründete sich unter anderem auf eine gewissenhafte Aufarbeitung und eine fundierte Analyse über die Rolle von Agrexco. Es war eine Kampagne, die über viele Jahre aufgebaut und entwickelt wurde und dadurch zu diesem Erfolg führte. Bezüglich der Firma Mehadrin empfahl er eine ähnliche Sorgfältigkeit.

 

 Inna Michaeli  von der Coalition of Women for Peace (CWP) / Who profits from the occupation? stellte zunächst die Organisation vor, in der sie seit über 7 Jahren arbeitet. Sie betonte dabei die Wichtigkeit eines feministischen Ansatzes in ihrer politischen Arbeit. Das Bedürfnis nach mehr Informationen und Verständnis über die wirtschaftlichen Zusammenhänge bezüglich der militärischen Besatzung der Westbank und Gaza führten zum Aufbau eines Datenpools, der inzwischen über die Internetseite von Who profits? zu einer immer größeren Nachfrage seitens interessierter Menschen weltweit, aber auch zu einer Anlaufstelle für internationale Firmen geworden ist, die sich vor einem wirtschaftlichen Engagement in Israel über mögliche Verstrickungen in völkerrechtswidrigen Handlungen informieren, um nicht zum Ziel möglicher Boykottaufrufe zu werden. Anschließend sprach sie über die deutschen Unternehmen HeidelbergCement, Liebherr und Siemens, die von der Besatzung profitieren und über Analysen von weltweit erfolgreichen ökonomischen Kampagnen.

 

Zur Erweiterung der praktischen Möglichkeiten der politischen Arbeit und Informationsvermittlung gab Ahmed Shah eine Einführung in theaterpädagogische Inhalte zur Vorbereitung und Umsetzung von politischen Aktionen im öffentlichen Raum. Es wurden praktische Hilfestellungen vermittelt und erste praktische Übungen vorgestellt. Die Teilnehmer_innen begrüßten diesen Teil des workshops, der ihnen Ideen und Anregungen für ihre politische Arbeit gab.

 

Die Stimmung während des workshop war ausgesprochen gut. Es wurde der Wunsch nach intensiverem Austausch und einer stärkeren Verbindung untereinander durch engere Zusammenarbeit geäußert

Der ursprünglich geplante gemeinsame europäische Aktionstag gegen Agrexco am 26. November 2011 bleibt als Idee erhalten, wird aber den aktuellen Entwicklungen angepasst.

 

Die BDS-Kampagne in Deutschland wird in enger Anlehnung an und gemeinsamer Zusammenarbeit mit den Kampagnen in Europa verstärkt, um so den Druck auf die israelische Regierung zu erhöhen, internationalem Recht nachzukommen.
Die Vorträge und Diskussionen der eingeladenen Referent_innen wurden aufgezeichnet (englisch / deutsch):
  http://bds-kampagne.de/articles/2011/08/28/bds-workshop-in-berlin/