Gegen die Lügen der Bullen - Unsere Sicht (Zürich brennt 2011)

Brennende Barrikade am Bellevue im Sept

Text der Revolutionären Jugend Zürich (RJZ) zu den Jugend-Krawallen im September 2011
Nachdem die Polizei schon am Samstag, dem 10. September eine riesige Party brutal angegriffen und aufgelöst hat (Siehe Fight for your Right to Party), ging es das nächste Wochenende im gleichen Stil weiter: Am 16. September trafen sich mehrere hundert Jugendliche auf dem Helvetiaplatz, um ein Zeichen zu setzen, gegen die Polizeigewalt und die Medienhetze vom letzten Wochenende und die Forderung nach mehr Freiräumen zu wiederholen. Nach etwa zwei Stunden setzte sich die Party in Bewegung und wollte sich an einen anderen, symbolischen Ort verlagern. In der Nähe des Stauffachers griff die Polizei den Umzug dann zwei mal mit Gummischrot an, worauf man sich wieder Richtung Helvetiaplatz zurückziehen musste. Danach zog man die Langstrasse entlang und bog anschliessend in die Militärstrasse ein, wo die Bullen uns zum dritten Mal mit Gummischrot angriffen. Dies liess man sich nicht mehr bieten und die Leute begannen sich zu wehren, worauf sich die Bullen ein Stück zurückziehen mussten und zwei Wasserwerfer zur Verstärkung orderten. Mit diesen und einer grossen Ladung Tränengas gelang es ihnen, die Party letztendlich aufzulösen.

Zeit um sich auszuruhen, hatten die Bullen aber kaum. Schon am nächsten Abend mussten sie sich erneut als Freund und Helfer unter Beweis stellen. Die nächste Party war angekündigt; diesmal am Central. Die Bullen waren wild entschlossen, ihre Null Toleranz in eine Unter-Null-Toleranz zu verwandeln und stellten die ganze Innenstadt mit Kastenwägen und Wasserwerfern voll; in der festen überzeugung, dass sich so die Probleme schon lösen würden. Als einige Leute mit einem kleinen Soundsystem vom HB Richtung Central zogen, griffen die Bullen ein erstes mal an und verhafteten mehrere Jugendliche. Ein Kesselversuch der Bullen klappte nicht und die Leute wurden in mehrere Richtungen zerstreut. Als Folge davon, wurden die Bullen aus verschiedensten Richtungen angegriffen und es entwickelten sich Strassenkämpfe die mehrere Stunden andauerten und von den Bullen nicht unter Kontrolle gebracht werden konnten.

Zivile Bullengreifer verhafteten mehrere Menschen, ausserdem trieben die Bullen vor dem Landesmuseum dutzende Leute in einen Kessel, von denen nicht wenige bloss über den HB in den Ausgang wollten. Die Verhafteten wurden vor die Wahl gestellt, entweder den Strafbefehl, der auf Landesfriedensbruch lautete, zu akzeptieren, oder in den Knast zu wandern. Diese Erpressung führte natürlich dazu, dass viele, die auch bloss zufällig in den Kessel gerieten, den Knast mit dem Strafbefehl verliessen. (Was ein Strafbefehl ist und wie ihr euch dagegen wehren könnt, werden wir nächstens noch kurz zusammenfassen.) Ein Sprecher der Bullen sagte dann auch gegenüber den Medien, dass diejenigen die noch im Knast seien, halt nichts zugegeben hätten. Damit verletzen sie wiedermal ihre eigenen Gesetze, denn diese Form der Beugehaft ist in der Schweiz nicht erlaubt.


Gegen die Spaltungsversuche der Medien – Unsere Solidarität

Schützenhilfe erhielt die Polizei dabei von den Medien. Sie überboten sich gegenseitig in abstrusen Theorien, allen voran der Tages-Anzeiger. Eine unglaubliche Anzahl an Artikeln wurden darauf verwendet, die sogenannten „Drahtzieher“ zu finden. Die Suche nach den verborgenen Drahtziehern ist eine typisch bürgerliche Denkweise: Irgendwo im Hintergrund sitzen ein Dutzend Leute, ziehen die Fäden und steuern die dumme Masse. Als wären wir Jugendlichen nicht in der Lage selber zu denken und unsere Handlungen selbst zu bestimmen! Auch die RJZ wurde von verschiedenen Medien angefragt, ob wir die geheimen Drahtzieher wären. Unserer Ansicht nach ist der springende Punkt jedoch nicht, wer letztendlich ein SMS verschickt hat oder eine Soundanlage mitbringt. Sondern wie viele Leute sich in den letzten Tagen spontan versammelten und sich nicht einschüchtern liessen und dies aus eigenem Willen und nicht von irgendwem manipuliert oder verarscht.

Ein weiterer Versuch, sowohl der Medien wie auch der Bullen, war es, die einzelnen Leute in alle möglichen kleinen Gruppen aufzuspalten und sie dann gegeneinander auszuspielen. Am Bellevue waren es die netten Partygänger und die bösen vom „Schwarzen Block“ und aus den Fussballstadien. Am nächsten Samstag war man dann aber schon wieder der Ansicht, dass die Bellevue Leute eigentlich harmlos gewesen seien, am Central seien nämlich nicht mal mehr Teilnehmer eines sogenannten „Schwarzen Blocks“ oder Fussballfans gewesen, sondern sogenannte unpolitische Event-Chaoten-Krawall-Touristen. Was das genau ist, erfuhr man jedoch bis heute nicht. Aber als Feindbild taugt es offenbar ganz gut. Einen regelrechten Skandal machte man sogar daraus, dass zwei Drittel der Verhafteten die Frechheit besitzen, nicht in der Stadt, sondern im Kanton Zürich zu wohnen. Deshalb auch die Bezeichnung als „Touristen“. Offenbar wird es den Leuten jetzt auch noch zum Vorwurf gemacht, dass sie sich die teuren Stadtwohnungen nicht mehr leisten können und in die Agglomeration ziehen müssen. Obwohl diese wohl mehr Beziehung zur Stadt Zürich haben, als die Jetset-Millionäre im Stadtzürcher Primetower. Diese Spaltungsversuche dürfen wir nicht hinnehmen, wir waren gemeinsam auf der Strasse und wir wissen das auch! Und genau in der Breite, welche wir in den letzten Tagen erreichten, lag auch unsere Stärke.


Gegen die Entpolitisierung – Unsere Inhalte

Die nächste und mächtigste Waffe der Medien und Bullen, war der Versuch die Ereignisse zu entpolitisieren. Wir seien bloss gelangweilt, hätten Spass an Gewalt und Probleme hätten wir sowieso schon lange nicht mehr. Dazu bleibt folgendes zu sagen: Sich aus fünf Metern Gummischrot ins Gesicht schiessen zu lassen oder in U-Haft gesteckt zu werden, ist definitiv nicht das, was sich die Zürcher Jugend unter Spass oder Freizeitaktivität vorstellt. Und was wir für Probleme haben, definieren wir immer noch selbst. Wer von „Wohlstandverwahrlosung“ spricht, weiss offensichtlich nicht, wie mies es vielen Menschen gerade auch in der Schweiz heute geht. Wenn für uns der Bullenterror in dieser Stadt, die Wohnungsnot, die mangelnden Freiräume, die Jugendarbeitslosigkeit, der Spardruck an den Schulen, die ZVV-Preise (ZVV = öffentliche Verkehrsmittel), der Leistungsdruck, die Lehrstellensuche oder der überteuerte Ausgang (überteuerte Clubs und Diskotheken) ein Problem darstellt, dann bestimmen wir das selbst und nicht irgendein Uniprofessor oder Jugendpsychologe. Aber von den Medien, den Bullensprechern und den sogenannten Experten erwarten wir auch nichts anderes, denn es sind nicht sie, die sich auf den Strassen bewegen. Und wenn sie so interessiert an unseren Problemen und Motivationen sind, dann sollten sie sich mal aus ihren Büros wagen, auf die Strasse oder hinter eine Barrikade stehen und mit den Leuten selbst sprechen. Denn die wissen ganz genau wieso sie dort sind!


Gegen die Repression – Unser Widerstand

Bezeichnend ist die Hilflosigkeit der Bullen und die Hysterie der Parteien. Die Bullen rennen wie ein nervöser Hühnerhaufen durch die ganze Stadt und kriegen die Situation doch nicht in den Griff. Und die Parteien überbieten sich gegenseitig mit Forderungen nach einem schärferen Vorgehen. Während ein FDP-Exponent die Armee aufbieten wollte, waren es besonders auch die Sozialdemokraten, welche bei der Hetze zuvorderst stehen wollte. Sie forderten Gefängnis für die Jugendlichen oder Verschärfungen des Strafrechts. Diese hilflosen und hysterischen Reaktionen zeigen das Ausmass der Krise in dem unser System steckt und auf das es nicht mehr anders reagieren kann, als mit immer mehr Repression. Und es bestärkt uns in unserem Kampf für eine andere Gesellschaft.


Null Toleranz gäge Bullegwalt (Null Toleranz gegenüber Bullengewalt)
Züri brännt 2011 – Danke a all wo au uf de Strass gsi sind! (Zürich brennt 2011 - Ein Danke an alle, die auf der Strasse waren!)

Quelle: Revolutionäre Jugend Zürich im Web unter www.rjz.ch