Burschenschaft Ghibellinia entschuldigt sich

Die Saarbrücker Burschenschaft Ghibellinia distanziert sich von einem Schreiben mit rassistischem Inhalt, das unter den Bundesbrüdern kursiert war. Politiker reagierten gestern entsetzt auf das Papier.
Erstveröffentlicht: 
27.09.2011

Die Saarbrücker Burschenschaft Ghibellinia distanziert sich von einem Schreiben mit rassistischem Inhalt, das unter den Bundesbrüdern kursiert war. Politiker reagierten gestern entsetzt auf das Papier.
Von SZ-Redakteur Johannes Kloth

Die Saarbrücker Burschenschaft Ghibellinia distanziert sich von einem Schreiben mit rassistischem Inhalt, das unter den Bundesbrüdern kursiert war. Politiker reagierten gestern entsetzt auf das Papier. Martin Schutt (dpa-Zentralbild)

Saarbrücken. Die Saarbrücker Ghibellinia hat sich für ein Schreiben mit rassistischem Inhalt entschuldigt, das ein Burschenschaftler der eigenen Reihen in Umlauf gebracht hatte. Das Papier, aus dem die Frankfurter Rundschau am Donnerstag zitiert hatte, sei unentschuldbar und enthalte „widerliche Formulierungen“, heißt es in einer Mitteilung. Auch Politiker der Landtagsfraktionen reagierten gestern entsetzt: Niveaulos, geschmacklos, inakzeptabel, menschenverachtend – für CDU-Fraktionschef Klaus Meiser konnten es gestern gar nicht genug der deutlichen Worte sein. Damit steht die Ghibellinia erneut in der Diskussion, nachdem sie bereits im März in die Schlagzeilen geraten war:
Der Journalist Wilfried Voigt hatte in seinem Buch „Die Jamaika-Clique“ über Kontakte saarländischer Spitzenpolitiker zu der von dem Antisemiten Karl Hermann Wolf gegründeten Burschenschaft berichtet. So soll sich etwa Ex-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) als „Schirmherr“ einer Jubiläums-Feier der Studentenverbindung anerkennend über deren Geschichte geäußert haben, CDU-Generalsekretär Roland Theis dem Singen von „Deutsch ist die Saar“ auf der Ghibellinia-Feier beigewohnt haben und auch die FDP reichlich Kontakt gepflegt haben. Damals folgte eine kurze Debatte, bei der sich die Parteien gegenseitig Verbindungen zur Ghibellinia vorwarfen. Öffentlich distanziert hatten sich allerdings nur die Linken.  Und selbst als die SZ mehrfach darüber berichtete, dass die Ghibellinia einem von Experten als „völkisch-nationalistisch“ eingestuften Dachverband angehört und rechtsextreme Gastredner empfängt, sprach Ex-Ministerpräsident Reinhard Klimmt (SPD) – einst selbst Gastredner – noch von einer „lächerlichen Diskussion“, und Meiser befand: „Alles Popanz“.

 

Die Frankfurter Rundschau berief sich nun auf ein internes „Protokoll des Generalkonvents“ der Ghibellinia. Dessen Verfasser schwadroniert über eine geplante „Aktivenfahrt nach Namibia zur Negerjagd“ und „zwei wöchentliche Pogrome“. Weiter heißt es, man habe einen Brief des jüdischen Weltkongresses erhalten, in dem dieser sich entschuldige, „unseren AH Jury in der Vergangenheit geschmäht zu haben“. Der „Alte Herr“ der Ghibellinen, Hugo Jury, war SS-Obergruppenführer.

Im gleichen Artikel bemüht sich CDU-Generalsekretär Theis um Schadensbegrenzung. Er sei „erschrocken und überrascht“. Die Burschenschaft sprach von einem „gefälschten Protokoll.“ Tatsächlich handele es sich um einen „völlig missglückten Satireversuch eines Studenten“, der nun ausgeschlossen worden sei.  Grünen-Chef Hubert Ulrich befand gestern, die Ghibellinia habe sich selbst diskreditiert. Der SPD-Abgeordnete Ulrich Commercon nannte das Dokument „unerträglich“. Der FDP-Mann Christoph Kühn sagte, man werde vorerst auf Auftritte bei der Ghibellinia verzichten.  Ähnlich äußerte sich CDU-Fraktionschef Meiser. Linken-Vize Heinz Bierbaum, der im März noch polternd auf Roland Theis losgegangen war, zeigte sich eher zurückhaltend. Er billige jedem einen Lernprozess zu, sagte Bierbaum lakonisch.



Meinung
Überfällige Distanzierung
Von SZ-Redakteur Johannes Kloth

Eine schnelle Internetrecherche reicht aus, um das geistige Umfeld, in dem sich die Saarbrücker Burschenschaft Ghibellinia bewegt, so gut einordnen zu können, dass man sich als Demokrat von dieser nur distanzieren kann. Doch genau das haben Politiker von CDU und FDP, die in Kontakt zu den Ghibellinen standen, lange nicht getan – anders als betroffene Vertreter der Linken. Selbst als sie über eine Buchveröffentlichung und SZ-Artikel quasi mit der Nase auf Indizien für die Rechtslastigkeit der Ghibellinen gestoßen wurden, blieben Distanzierungen aus. Jetzt wird ein pikantes Schreiben aus dem Kreis der Bundesbrüder öffentlich – und Klaus Meiser, Roland Theis und die FDP geben sich überrascht und entsetzt. Doch ersteres ist – mit Verlaub – nicht mehr glaubwürdig, letzteres dagegen überfällig.