Am 23.Oktober 1998 wurde Andrea Wolf als Hevala Ronahî in Çatak in Nordwestkurdistan gemeinsam mit sechs weiteren Freund_innen von türkischen Soldaten, nachdem sie lebend gefangen genommen wurden, ermordet. Andrea politisierte sich Anfang der 1980er Jahre in der radikalen Linken der BRD und schloss sich anfangs autonomen Zusammenhängen und der Hausbesetzerszene an. Der Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung durch die herrschende kapitalistische Ordnung brachte Sie dazu, sich als militante Internationalistin dem bewaffneten Arm der kurdischen Befreiungsbewegung anzuschließen.
Sie war Mitglied der ARGK (Artêşa Rizgarîya Gelê Kurdistanê), der Volksbefreiungsarmee Kurdistans und Mitglied einer Fraueneinheit der YAJK (Yektîya Azadîya Jinen Kurdistanê), dem freien Frauenverband Kurdistans. Nachdem sie und ihre Kampfgenoss_innen bei der türkischen Militäraktion auf grausamste Art und Weise ermordet wurden, gilt sie offiziell weiterhin als „verschwunden“ und die Türkei weist jede Verantwortung für den Tod von Andrea Wolf von sich. Die imperialistische Kumpanei zwischen der Türkei und der BRD, die auf eine lange Kontinuität zurückblicken kann und ihren Höhepunkt im gemeinsamen Kampf gegen die PKK hat, sorgt auch in diesem Fall für eine Verschleppung des Gerichtsfalls. Die aktuelle Arbeit türkischer und deutscher Menschenrechtsgruppen bringt indes neue Einzelheiten hervor. So hat sich jetzt erstmals ein ehemaliger Dorfschützer, der bei dem Massaker an Andrea und ihren Genoss_innen beteiligt war, zu Wort gemeldet und neben grauenhaften Einzelheiten des Massakers auch den Ort sowie den Namen des Mörder benannt.
Die neuen Entwicklungen im Fall Andrea Wolf fallen in eine Zeit, in der die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Armee und den Guerillaeinheiten der kurdischen Befreiungsbewegung wieder verstärkt zunehmen. Seit dem 17. August bombardiert die türkische Luftwaffe die Gebirgszüge Südkurdistans, eine umfassende Bodenoffensive wird vorbereitet. Zeitgleich mit der militärischen Offensive gegen die kurdische Guerilla wächst auch die Repression und der Druck auf die zivilen Strukturen der kurdischen Befreiungsbewegung in der Türkei. Massenverhaftungen von tausenden politischen Aktivist_innen werden vorbereitet, kurdische Demonstrationen von der Polizei brutal niedergeschlagen. Am 28. August wurde ein Stadtrat der legalen kurdischen Partei BDP von der Polizei bei einer Protestaktion an der türkisch/irakischen Grenze erschossen. Mit Waffenlieferungen in die Türkei und der Unterdrückung der kurdischen Befreiungsbewegung in der BRD durch Vereinsverbote und die „Antiterrorparagraphen“ § 129 und 129b beteiligt sich die Bundesregierung am Krieg gegen die kurdische Bevölkerung in der Türkei. Andrea hat diesen internationalen Charakter von Herrschaft und Ausbeutung erkannt und daraus ihre Konsequenzen gezogen. Sie wusste, dass eine Befreiung von Kapitalismus, Ausbeutung und Krieg nur im internationalen Kontext denkbar ist und hat danach ihr Handeln ausgerichtet. Für uns, die wir heute am zweiten bundesweiten Aktionstag der Kampagne „Tatort Kurdistan“ versuchen gegen den Krieg in Kurdistan und die deutsche Beihilfe zu diesem Morden aktiv zu werden, ist Andrea´s Leben ein Beispiel für praktische Solidarität und kollektiv geführten Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung.
Andrea presente
TATORT KURDISTAN |KUNDGEBUNG | DONNERSTAG | 1.SEPTEMBER | 17 – 20 UHR | HEINRICHPLATZ | KREUZBERG
Junge Welt
SZ
Doku über Andrea
Kurdisches Fernsehen über Andrea
Libertad!