Von unserem Redaktionsmitglied Patrizia Kaluzny
Der Geldbeutel
kann getrost zu Hause bleiben. Euro? Die möchte hier keiner haben, nicht
einmal Centstücke. Die Sachen, die sich auf den Tischen stapeln und auf
dem Boden stehen, kosten nichts - und jeder kann zugreifen. Das Motto
an diesem Sonntagmittag auf dem Werderplatz in der Südstadt lautet:
"Bring vorbei, was andere gebrauchen könnten und nimm mit, was du
gebrauchen kannst!" Organisiert hat den Umsonstflohmarkt Pascal zusammen
mit Freunden. "Die Idee ist im Freundeskreis entstanden", sagt der
21-Jährige. Neu ist sie allerdings nicht. "Solche Umsonstflohmärkte gibt
es schon in anderen Städten, in Mannheim zum Beispiel", so
Pascal.Ursprünglich kommt die Idee jedoch aus den USA. "Dort ist diese
Art von Flohmärkten sehr verbreitet, sie finden in vielen Städten auf
großen Wiesen statt", berichtet der 21-Jährige. In Karlsruhe steckt der
"Umsonstflohmarkt" noch in den Kinderschuhen. Das wollen Pascal und
seine Freunde ändern.
Der "Umsonstflohmarkt" funktioniert ganz einfach: Die Menschen bringen
Dinge mit, die sie zu Hause nicht mehr benötigen, die aber anderen noch
nützlich sein können. Man kann mitnehmen, was man möchte und wieviel man
möchte - ganz ohne nachzufragen. Man kann auch einfach etwas mitnehmen,
ohne selbst etwas gebracht zu haben - und das ganz ohne schlechtes
Gewissen. Tauschen, Feilschen oder Geld ausgeben - das tut bei einem
"Umsonstflohmarkt" keiner. "Wir möchten bewusst eine andere Art des
Warenaustauschs organisieren. Ein Warenkreislauf ohne Geld", sagt
Pascal. Es sei ein Stück weit Kapitalismuskritik und Kritik an der
Wegwerfmentalität. "Wir wollen dem etwas entgegensetzen." Die Südststadt
eignet sich gut als Veranstaltungsort, findet Pascal, der selbst in dem
ehemaligen Eisenbahnerviertel lebt. Die Menschen dort seien
aufgeschlossen und interessiert. Eine von ihnen ist Nicole. Die Lehrerin
stöbert nicht zum ersten Mal auf dem "Umsonstflohmarkt". "Ich habe über
Freunde davon erfahren und finde die Idee einfach super", erzählt
Nicole. Beim letzten Mal habe sie richtig tolle Sachen gefunden. Diesmal
hat die Südstädterin einige abgelegte Kleidungsstücke und Schuhe
mitgebracht - und ist auch selbst wieder fündig geworden. "Ist die nicht
toll", fragt sie und zeigt eine dunkelblaue, fast knielange
Strickjacke. Nicole hofft, dass noch viel mehr Leute davon erfahren und
mitmachen. Das hofft auch Pascal. "Es lebt von den Menschen - je mehr
kommen, desto besser."
Editha, Friedrich und Peter sind zum
ersten Mal da. Prima Idee finden die drei. Editha hat eine graue Jeans
gefunden. "Ich muss sie nur noch anprobieren." Friedrich freut sich über
eine Steckerleiste: "Genauso eine habe ich gesucht!" Gibt es die nicht
in jedem Baumarkt? "Ja, aber das sind in der Regel die Leisten für drei
oder fünf Stecker. Das ist aber eine Leiste für vier Stecker." Ihre
Sachen haben ebenfalls einen neuen Besitzer gefunden. "Wir haben solche
Spiralen mitgebracht, mit denen man verstopfte Rohre reinigen kann. Die
sind uns aus den Händen gerissen worden - von einem Hausmeister",
erzählen sie lachend.
Weitere Informationen und Termine gibt es unter http://umsonstflohmarktka.blogsport.de
Quelle: BNN, S. 11 vom Montag, 29. August 2011