Wer ist Agitatorka? Warum wird sie im Exzess vorgestellt? Wer knackt die Nuss?
Agitatorka ist undialektisch betrachtet ein kiloschweres kostenloses Buchprojekt links unten. Agitatorka formuliert Perspektiven zum kollektiven Herstellen sozialer Aufstände. Sie berichtet in einer vorerst 11-teiligen Folge haselnußfarbener Hefte von Erfahrungen aus gesellschaftlich verstehbaren Betriebskämpfen um Selbstbestimmung. Sprungbrett ihrer strategischen Überlegungen sind bisher geheim gehaltene Aufzeichnungen aus den Sozialrevolutionen Südrusslands (1917f), im Tschechischen (1945ff) und auf Cuba (1959fff).
Ihre antikommerziellen Mitteilungsversuche wurden diesen Sommer mit verhalten aber wahrnehmbarem Erfolg verfügbar gehalten neben dem ebenfalls kostenlosen Klopapier autonomer Zentren im erweiterten Wirkungskreis deutscher Umgangssprache (Österreich, Schweiz, Novosibirsk, Ostbelgien, Westfriesland und was dazwischenliegt, 3000er Auflage, die Palette aus der Druckerei war schon nach wenigen Monaten fast leer). Die in einer mittelmäßig ruhigen Klopause durchaus anlesbaren Texte und Textchen flechten sich listigerweise Zug um Zug zu einem großen Bilderbogen - gemacht aus mittlerweile neuneinhalb Jahren vorbereitender Recherche durch drei Kontinente. Sie sprechen dabei auch über Geschichte(n) unserer Bewegung, denken dabei aber aus unserer Gegenwart heraus - ganz wie das knallrote Eichhörnchen und seine der Agitatorka-Papierfarbe so eng verwandte Baumfruchtsammlung - und sie handeln deshalb eigentlich in der Zukunft (jeder persönlich ungehobene Schatz kann ein immer wieder ab Januar blühender Haselnussbaum werden). WIE MACHEN SIE DAS BLOSS? Kein Geheimnis unter uns Pfarrerstöchtern: es liegt in unserer Hand! Und wer es nächsten Montag zum Exzess in Frankfurt am Main schafft wird mit daran knacken (echte Nüsse, BioMio).
Lesen können wir selbst und am besten vorher (illustrierter Klassendruck online: http://www.archive.org/stream/brama01/01_Brama_gotowy_doDruku03_tipograf_4sty2011gogo#page/n0/mode/2up, die Manuskriptreihe: http://www.archive.org/details/SammlungUnfertigerTexte__MitKorrektur_25Mar2011a). Dafür bräuchte der Aufschreibende nicht extra aus seinem derzeitigen Arbeitsort Har'kov (ein revolutionäres Zentrum südlich Moskau) zum Exzessabend angereist zu kommen. Ausserdem hat er Band eins schon als DIY-Hörbuch ins kostenlose Internett gestellt (http://www.archive.org/details/audioBrama). Wenn also alle greifbaren Nüsse an diesem Abend geknackt sind bleibt uns die Frage: was will der hier? Die Antwort ist banal aber gewohnheitsbedürftig: Martin Krämer, den die Agitatorka-Reihe im bürgerlichen Sinne für den Verfasser ausgibt, bemüht sich zwar sporadisch, so zu tun als spräche er das Deutsch das hier jede(r) täglich zu sprechen übt, aber in Wirklichkeit ist er (wie fast alle anderen in Frankfurt) Ausländer. Und zum Leidwesen des Herstellungsprozesses, den Agitatorka ihm schon seit einem Jahrzehnt aufdrängt, ist er Ausländer im Quadrat: Er treibt sich im Unterschied zu vielen anderen, die links unten Politik machen, nach einer unspektakulären Hausbesetzung in der untergehenden DDR seit geschlagenen 18 Jahren im ehemals minderkapitalistischen Ausland, in Osteuropa, Sibirien, China und auf Cuba herum. Er hat dabei eigentlich nie ein wirksames Bedürfnis entwickeln können, ausgerechnet nach Deutschland zu kommen. Das ist jetzt anders. Er braucht DICH, ja Dich. Martin will herausfinden wie das Jahrzenteprojekt Agitatorka zuendeschreibbar wäre, witzigerweise soll das zunächst in deutscher Sprache passieren. Also: keinen Schritt weiter ohne Nussknacker_innen, die durch eigene Erfahrung imstande sind, den gesammelten Satzvorschlägen Agitatorkas mit dem dabei nötigen Knacken wirklich auf ihren sozialen Kern zu gehen. Und wenn gar nichts anderes hilft: HAU DRAUF!
Das dachte sich in ihrer Sommernummer sogar die Monatszeitung „Granswurzelrevolution (GWR)“, dem eigenen Bekunden nach eigentlich ein „gewaltfreies“ Druckerzeugnis, was im Umgang mit Agitatorka aber zum Glück mal nicht als die sonst handelsübliche schlichte Gewaltlosigkeit gegenüber Klassenverhältnissen verbraten wurde (Buchbesprechung voon Daniel Korth, "Brama, Klassendruck aufheben, aushebeln" in GWR Nr. 360, Sommer 2011, http://www.graswurzel.net/360/) Die Wurzelrevolution ließ sich von Agitatorkas nussigem Papierregen interessanterweise ungeniert in einen nachlesbaren Strudel militanter Klassendruckanalysen ziehen. Von dort dann pöbelte sie eindrucksvoll konsequent, wohl aus der vom eigenen Lesen erreichten Tiefe: Agitatorka klettere noch zu sehr in der Avantgarde. Moment mal, wie ist eigentlich bei Frühherbstlicht betrachtet der soziale Herstellungsprozess einer kognitiven Abseitsfalle? Wer muss letztlich die Nüsse knacken für ein besseres Leben hier+jetzt? Agitatorka oder wir alle? Wird ihr Abseits von der naiv aber nicht nur spaßenden Agitatorka denn wirklich ganz alleine hergestellt? Und wie holen wir sie da raus? Nur Mut. Agitatorka sieht gern die ROTE KARTE. Das ist ihr Element. Aber was kommt dann? GWR, das krautig-sympathische Zentralorgan der bundesdeutschen Selbstorganisation - neben Infoläden in jedem gut sortierten Bahnhofshandel erhältlich - hat es als seine Aufgabe erkannt, die kletterlustige Agitatorka zurückzupfeiffen. Nicht gleich auf die Reservebank aber immerhin hinein in eine von der GWR extra neu aufgemachte Art bieder zielgerecht formulierender Fabrikagitation. Moment mal. Wo ist hier wessen Tor? Jedem lesend-regelmäßigerem Infoladen-Gast konnte bereits im Hinspiel bekannt geworden sein, dass dem Agitatorkaprozess die leidenschaftlich-lustvolle Fabrikagitation näher liegt als den bürgerlich desertierten Milieupolitiker_innen der GWR im friedensliebenden Heerlager zu Münster.
Was kommt dabei raus? Wesentliches! Dass wir an schwierigem Deutsch den Spass verlieren können ist ein zu wichtiger Gesichtspunkt um die Kritik der „Graswurzelrevolution“ einfach als erkennbar vordergründiges klassenkämpferisches Überholmanöver zu enttarnen. Das ist sie auch. Aber vielleicht ist sie mehr? Ja mei, wenn's keinen Spaß macht linkes Zeug zu lesen, wenn das nicht flutscht wie Butter in unserem von materiellen Widersprüchen blankpolierten Alltagsverständnis, dann braucht auch keiner an so etwas weiter schrieben. Heute wie vor 50 Jahren: Niemand, und sei sie noch so link, hat die Absicht eine Mauer zu bauen! Niemand hier unten will an den tapfer lesenden vorbeischreiben. Aber wird die Vorbereitung unserer kommenden sozialen Revolution im Wirkungsbereich deutscher Sprache vornehmlich eine Frage der Vereinfachung dieser Sprache sein? Weil die Befreiung der Arbeiter nur das Werk der Arbeiter_innen sein kann, wird auch jedes ehrlich gemachte Buch den Weg ins Werk finden (Nicht nur ins VW-Werk, auch an manchen WG-Tischen wird noch am kommenden Aufstand produziert). Und wie bekommen wir für diese spannende Aufgabe z.B. den Brecht'schen Methodenschatz aus dem tätlichen Strudel unserer beiden pseudoproletarischen Schundblätter „taz“ und „Bildzeitung“? Oder, um eine knifflige Frage aus dem nicht allen verständlichen Polnisch des Filozofen Tomasz Wiśniewski zu übersetzen: „Kann Revolutionsvorbereitung nach anderhalb Jahrhunderten Umsetzungsarbeit zum kommunistischen Manifest uns diese unbedingt von uns selber zu lösende Aufgabe EINFACH vor Augen führen?“ (aus seinem Programmreferat auf dem Gründungskongress der „Neuen Linken“, Warszawa, 2003). In seinem sing- und tanzbaren „Lob des Kommunismus“ erklärt unser geliebter Augsburger Kreidewolf, Bert Brecht, dass sein einfaches ganz besonders schwer zu machen sei. Agitatorka Band eins wurde in einem manchmal geradezu aufreibenden kollektiven Prozess vom März 2008 bis Januar 2011 einfachergeschliffen. Es hat nicht gereicht? Machen wir also weiter!Übrigens verlor Genosse Tomasz mit seinem im Speisesaal druckreif auf Serviettenpapier geschmierten Programmentwurf in einer Kampfabstimmung des polnischen Sonderkongresses, später schied er auch noch aus dem Herausgeberkreis der „Le Monde Diplomatique Polska“ aus wegen seiner eigentlich angenehm dialektisch relativierenden Nordkoreasolidarität. Nüsse solcher und besserer Machart, atemberaubende Übertragungen aus kyrillischen Buchstabensalaten, tschechischen Tschischlauten und cubanische Vergnügungen liegen im Exzess bereit. Das absehbare Ende des Kapitalismus wird alle Grenzen, Schalen Häute zwischen uns aufheben. Greifen wir ihm also vor! Wir liefern Euch rundes und erlesenes Material zum abarbeiten. Die Nussknacker_innen und Genoss_innen müsst ihr schon selber mitbringen. Denn es soll ja schließlich dabei auch was rumkommen. Knackbar heißt essbar. Herzlich willkommen!
Knackbar heißt essbar und NIX DA trauter Frühherbstbeginn in der Bücherstadt Frankfurt:
kommt zum Nüsse knacken mit der Agitatorka im Exzess!
Montag, 29. August 2011, 21:00 Uhr zur Nussknacker_innen-fishbowle im Café Exzess,
Einlass über Infoladen, dort ab 19:00 Uhr open space im Beisein sichtbarer und bisher unsichtbarer Verfasser_innen
des 12-bändigen Machwerks Agitatorka (wird dort auch verschenkt), selbstorganisierter Eintritt frei.
Ort: Café Exzess
über Infoladen Frankfurt am Main (Paule und Schorsch), Leipziger Straße 91 - 60487 Frankfurt, Telefon: 069 / 77 46 70, http://www.infoladen.de/ffm/