4.4. Strassbourg: Widerstand ist legitim

schwarze Wolken über Straßburg
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Blockadeaktionen, unangemeldete spontane Demos und militante Widerstandsaktionen gegen Demoverbote sowie massenhafter Zulauf zur Grossdemo haben den NATO-Gipfel verzögert. Trotz massiver Einigelung und Waffengewalt ist es den Sicherheitskräften nicht gelungen, den sichtbaren Protest wegzudrängen oder einzudämmen.

 

Morgenstund hat Gold im Mund: Block Nato
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Mindestens über 1000 Menschen zogen morgens gegen 4 Uhr von der Camp Village los um im Rahmen von BLOCK NATO zur Innenstadt zu gelangen, die in orangene und rote Zonen aufgeteilt war. Siehe hier: http://www.dazwischengehen.org/sites/dazwischengehen.org/files/images/block-nato-now.jpg

Orangene Zonen waren mit Bullenabsperrungen und Kontrollen belegt, die roten Zonen mit einem ca. 3 Meter hohem Zaun abgeriegelt.
Um überhaupt in die Innenstadt zu gelangen war es nötig über die Brücken zu kommen, die die Innenstadt umgeben.

Zusätzlich zu den Menschen die mit der Fünf-Finger-Taktik vom Camp loszogen, waren bereits zahlreiche Menschen unerkannt in die Innenstadt ins Universitätsgelände eingesickert.

In der morgendlichen Dunkelheit mussten sich die drei Demozüge vom Camp aus ersteinmal durch den KleinbürgerInnen-Bereich und dann durch den Banlieu-Bereich durchkämpfen, immer ihren Fahnensymbolen folgend. Jedesmal versuchten die zunächst überraschte aber inzwischen von 2 oder 3 Hubschraubern koordinierten französischen Nationalpolizei-Einheiten (CRS) die Demozüge durch Gas- und Blendgranaten vom weiterlaufen abzuhalten, trotzdem ging es dank der Fünf-Finger Taktik überraschend zügig voran.

Anhand der Hubschrauber war auch ungefähr zu sehen, welcher Blockadetrupp schon weiter vorgedrungen war, was immer den nachkommenden Demozügen das weitergehen ermöglichte. Besser als in Heiligendamm war hier für viele von uns sichtbar geworden, in welcher Form dieses Konzept durchaus zum erfolgreichen Vordringen führen kann.

Eine wichtige zu überwindende Hürde war ein Bahndamm, auf dem die Block Nato Trupps teilweise stark unter Beschuss durch die CRS kamen.
Danach war ersteinmal freie Bahn durch Neudorf durch bis an den Rand des Stadtinnerens vor den Brücken.

Dort gab es ab 6/7 Uhr morgens ein langes Katz und Mausspiel mit den CRS die immer wieder von der Innenstadt aus die DemonstrantInnen unter Tränengas Granatenbeschuss nahmen. Natürlich sind alle Bus- und Trambahnen eingestellt worden, so dass es nicht mehr möglich war mit den öffentlichen Verkehrsmitteln reinzukommen.

Später ist es noch zu Protesten in den Bereichen an den orangenen und roten Zohnen in der Innenstadt gekommen, da es neben den Blockadezügen aus dem Camp heraus auch zahlreichen Menschen gelungen war die Innenstadt anonym zu infiltrieren und dort gegen vormittags mit Spontandemos und Parolen loszulegen.

Von der IL gibts hierzu bereits einen umfangreichen Bericht zu den Blockade-Aktionen: http://de.indymedia.org/2009/04/246346.shtml

Von manchen gab es Kritik an der nichtoffensiven Ausrichtung des Fünf-Finger Konzepts, da auf der Wegstrecke einiges möglich war weil die Bullen wohl eher auf Absicherung der Brücken und strategischen Übergänge fixiert waren und nicht auf einen vorzeitigen Angriff auf die DemonstrantInnen. Diese Ausrichtung des Konzepts wurde aber damit gerechtfertigt, dass es nicht das Ziel gewesen war, sich schon vorher, z.B. in der Nähe des Camps oder auf dem Weg vor der Innenstadt in Scharmützel verwickeln zu lassen, sondern tatsächlich zu versuchen in die gesperrten Zonen vorzudringen.



Ab 10 Uhr: Spontandemo zur Grossdemo
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Bereits einen Tag zuvor wurde unter anderem in Presseerklärungen klargemacht, dass die Demoverbote und Einschränkungen der Demoroute von den DemonstrantInenn nicht hingenommen werden würden. Die Behörden hatten bereits via Presse die Bullenroute verbreitet, die es vorsah, das die Grossdemo lediglich einmal herum auf dem strasbourgischen Inselbereich bei der Europabrücke zu demonstrieren hätten durch ein unbewohnbares Gebiet einmal vom Auftaktort kilometerweit herum und zurück zum Auftaktort.

Da klar war, dass ein Zulauf zur Demo wahrscheinlich von massiven Vorkontrollen verlangsamt werden soll, um den Demobeginn zu verzögern, wurde im Camp beschlossen mit allen gemeinsam schon vom Camp aus bin hin zum Demobeginn zu marschieren und zu demonstrieren, und zwar gemeinsam von Blöcken wie dem antikapitalischen Block, dem antiimperialischen Block (u.a. türkische GenossInnen), kurdischen GenossInnen und dem Anarchistischen Block und viele mehr aus verschiedenen Ländern wie u.a. GriechInnen und ItalienerInnen. Aber auch an diesem Tag ankommende Reisebusse zahlreicher Organisationen wie z.b. der französischen NPA und von Friedensbewegten schlossen sich dieser unangemeldeten Vor-Demo vom Camp aus an. Dieser Demo gelang es auch, die Menschen einzusammeln, die sich bereits individuell zum Auftakt Ort begeben wollten.

Da die Demo mitten durchs Banlieu ging, erlebte sie grossen Zuspruch unter den Jugendlichen und BewohnerInnen von Neudorf, die sich teils ebenfalls dieser Demo anschlossen.

Doch nach kilometerlangem Marsch war ersteinmal schluss vor der Brücke vor der Insel, wo bereits einen Tag zuvor Stacheldraht von den Bullen vorbereitet war, weil dort eine der Hauptrouten war für Autokolonnen der NATO-Gipfel TeilnehmerInnen.

Die CRS Bullen stellten sich in den Weg mitten auf der Brücke und versperrten so den Weiterzug zum Auftaktort auf der Insel jenseits dieser Brücke.
So begann die erste massive Schlacht mit dem CRS, die so die Autostrecke hinter ihnen freihalten wollten, was aber richtig untaktisch war, da sie so unter massiven Beschuss von Steinen, Leuchtspur und Mollies kamen, eine kleine Brandbarrikade wurde ebenfalls mit Autoreifen und Baumästen entfacht, mit Strassenschildern wurde Schutz aufgebaut um an die Bullen ranzukommen, die massiv Gasgranaten verschossen. Kurzzeitig wich der erste Demoblock zurück, so das die schwarz gekleideten Freiraum hatten um vorne zu agieren. Dann ging es Schritt für Schritt voran und die Bullen mussten sich nach langer Schlacht doch in die Autoroute zurückziehen so dass sie selbt im ganzen Verlauf Schuld an der Blockade der Autoroute der NATO-Delegierten waren.
Schuld an der Verzögerung war zusätzlich auch der italienische Präsident Berlusconi der mit dem türkischen Präsidenten Erdogan ein wichtiges Gespräch führte da die Türkei den Dänen Anders Fogh Rasmussen zum Nato-Generalsekretär nicht anerkennen wollte.
Dies insgesamt hatte dazu geführt, dass auch der Kampf um den freien Zugang zum Demoauftakt an dieser ersten Brücke die Gipfel-Delegierten-Strecke nach Meinung der französischen Bullen gefährden würde.

Als die Demo dann weiterziehen konnte wurde die CRS nochmal unter Steinbeschuss genommen.

Zu erwähnen ist auch das vorbildhafte Agieren der Demosanis während aller Auseinandersetzungen, die ziemlich beschäftigt waren, den Menschen dabei zu helfen, die Augen auszuspühlen, Wunden zu verarzten usw. - und wieder fit für das weiterkämpfen zu machen. (viele grüsse und thanx.)


Auf dem Zugang der Europabrücke angekommen wurde klar, dass auf deutscher Seite die Demo über die Brück zur französischen Seite aufgehalten werden sollte, denn es hatten sich deutsche Einheiten und Wasserwerfer aufgebaut und es kamen Nachrichten darüber an, dass noch ankommenden Reisebusse teils aufgehalten wurden, damit diese erst verzögert an der Demo teilnehmen konnten.

Aus Protest gegen die Schickanen und gegen die Blockade des Zustroms zum Demoauftakt wurde u.a. die ehemalige Grenzbullen-Station auf der Europabrücke komplett demoliert und in Brand gesteckt, symbolisch von vielen auch als generelle Aktion für offene Grenzen, da ja das Schengen Abkommen ausser Kraft gesetzt wurde um den legitimen und sichtbaren Protest der Grossdemo zu unterdrücken.

Nach langem Warten auf die Beendigung der Schikanen und dem Ausgang der Demoverhandlungen von VertreterInnen der Demoorga mit den Bullen gab es weitere militante Aktionen im Umfeld des Auftaktortes der Demo, um endlich einen ungehinderten Zugang zur Demo zu erzwingen. Ein Ibis-Hotel von Accor, eine Tankstelle, ein Tourismusbüro mit Ticketverkauf für den Schnellzug TGV sowie ein Supermarkt wurden geplündert, entglasst und in Brand gesteckt, zuvor Material auf die Strasse gezogen um Barrikaden gegen eventuell von französischer Seite aus nachrückenden Bulleneinheiten zu erreichten. Diese waren aber teilweise noch massiv mit dem Schutz der nahe gelegenen Autostrecke der NATO-Delegierten beschäftigt, so dass diese lange Zeit sich nicht trauten an den Ort des Geschehens zu kommen.

Das Ibis-Hotel von Accor wie auch andere Hotels dieser Ketten waren während der Tage für Polizeieinheiten und NATO-Delegierte reserviert, die französische Polizei verbreitete in der Presse nach den Aktionen, dass die Angriffe auf das Hotel nicht zufällig waren, da der "Black Block" davon ausgehen würde, dass die Polizei in den Hotels stationiert wäre.

Nachdem diese Gebäude von meterhohen Flammen ergriffen wurden gab es über das ganze Stadtgebiet sichtbare Rauchsäulen, so dass den Verantwortlichen der Sicherheitskräften sowie auch den NATO-Gipfel-TeilnehmerInnen wie auch der Bevölkerung Strassbourgs sichtbar wurde, dass der Protest nicht mehr totgeschwiegen werden könne.

Ursprüngliches Ziel der Sicherheitskräfte war es jedoch den Protest nicht sichtbar werden zu lassen und wenn schon, dann auf das Gebiet um das Camp herum zu beschränken, weitab von der Innenstadt in den Randbezirken des Banlieus.



Grossdemo
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Nach einigen Auftaktreden der Grossdemo, wo unter anderem von der französischen Gewerkschaft das repressive Vorgehen der Bullen kritisiert wurde, formierte sich der Demozug. Provokanterweise stellten sich einzelne CRS Bullen Wannen inmitten der Menschenmassen, um zu provozieren.

Dennoch formierte sich der Demozug und auch der schon lange angekündigte antikapitalistische Block. Laut Junge Welt nahmen insgesamt 16.000 Menschen teil, laut OrganisatorInnen waren insgesamt an diesem Tag 30.000 Menschen unterwegs, die Bullenmeinung braucht hier nicht aufgezählt werden.

Die lange Latschdemo auf der Bullenroute war zwar nervig, doch es gab trotzdem offensive Blöcke, lautstarke Parolen und eine sehr breite Beteiligung der verschiedenen linken Kräfte aus verschiedenen Ländern. Eine erste Auseinandersetzung auf der Demo gab es auf der Rheinbrücke an der die Demo ursprünglich zumindest an den Rand der Innenstadt weiterführen sollte, was jedoch vor Ort von den Bullen verboten wurde. Hier provozierte der CRS mit Gasgranaten und es kam zu massivem widerstand auch mit Steinen und Flaschen gegen diese Einheiten. Da hier kein Durchkommen war musste die Demo weiterziehen wieder Richtung Auftaktort. Dort war aber kein Durchkommen mehr, und die Demo musste sehr lange Stehenbleiben, die Bullen behaupteten, dass Löscharbeiten der Feuerwehr im Gange seihen, und die Demo weitergehen dürfe wenn diese abgeschlossen seihen. Daher hatte sie den Durchgang durch die Eisenbahnbrücke hermetisch abgeriegelt.

Tatsächlich gab es jedoch zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Löscharbeiten und die rechten Bullen provozierten plötzlich mit einzelnen Gasgranaten mitten hinein in die FriedensaktivistInnen des ersten Demoblocks. Darauf hin kam es zum Widerstand von sehr vielen kämpferischen AktivistInnen, die mit Steinen die Bullen von der Bahnbrücke vertrieben und die Bullen jenseits der Bahnbrücke mit einem minutenlangen Steinhagel bedachten.


Abzug mit Erfolg
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Trotzdem dachte der CRS nicht daran seine Schikane zu beenden um die Demo auf der selbst von den Bullen vorgeschlagenen Demoroute weiterziehen zu lassen. Dem beherzten Vorgehen der demoerfahrenen französischen GewerkschafterInnen war es dann zu verdanken, dass die Demo fortgesetzt werden konnte, in dem eine Lücke zwischen den Schienen neben dem Bahndamm ausgenutzt wurde um einen Teil der Demo dort englang zu führen und den anderen halben Teil der Demo den Rückweg antreten zu lassen um sich auf der anderen Seite wieder zu treffen sowie um es den Bullen nicht zu ermöglichen die Demo in irgendeiner Form einkesseln zu können, da dann DemonstrantInnen auf zwei Strecken hätten die Bullen in die Zange nehmen können. So gelangte die Demo auf eine der Routen, die ursprünglich als End-Strecke der Bullenroute vorgesehen war. Zwar wurden die DemonstrantInnen dann zum Abzug über die eine Brücke gelassen, doch waren dort wieder alle Wege Richtung Stadt abgesperrt. Mit dieser Schikane war vorgesehen, dass die Demo sich noch endlos auf "totem Gebiet" (unbewohnt) weiterziehen solle.

Doch trotz der Absicherung der Schrebergärten war dank einheimischer Hilfe irgendwann der Weg durch die Schrebergärten frei, was den zahlreichen AktivistInnen den freihen Abzug ermöglichte.

Schon wieder war kilometerweites Latschen zurück zum Camp angesagt, durchs Banlieu durch, wo viele lautstark die AktivistInnen begrüssten, denn auch die haben Hass auf die rassistischen Bullen :-)

Abends dann gute Stimmung und Party.


Images:
http://www.randbild.de/?ID=4BP2C1FGYH
http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157616290833337
http://www.focus.de/politik/ausland/nato-proteste-feuer-steine-barrikaden_did_22722.html
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-41262.html

IL-Block Nato:
http://de.indymedia.org/2009/04/246346.shtml

Indymedia Linksunten Ticker:
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