Blockadeaktionen, unangemeldete spontane Demos und militante
Widerstandsaktionen gegen Demoverbote sowie massenhafter Zulauf zur
Grossdemo haben den NATO-Gipfel verzögert. Trotz massiver Einigelung
und Waffengewalt ist es den Sicherheitskräften nicht gelungen, den
sichtbaren Protest wegzudrängen oder einzudämmen.
Morgenstund hat Gold im Mund: Block Nato
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Mindestens
über 1000 Menschen zogen morgens gegen 4 Uhr von der Camp Village los
um im Rahmen von BLOCK NATO zur Innenstadt zu gelangen, die in orangene
und rote Zonen aufgeteilt war. Siehe hier: http://www.dazwischengehen.org/sites/dazwischengehen.org/files/images/block-nato-now.jpg
Orangene
Zonen waren mit Bullenabsperrungen und Kontrollen belegt, die roten
Zonen mit einem ca. 3 Meter hohem Zaun abgeriegelt.
Um überhaupt in die Innenstadt zu gelangen war es nötig über die Brücken zu kommen, die die Innenstadt umgeben.
Zusätzlich
zu den Menschen die mit der Fünf-Finger-Taktik vom Camp loszogen, waren
bereits zahlreiche Menschen unerkannt in die Innenstadt ins
Universitätsgelände eingesickert.
In der morgendlichen
Dunkelheit mussten sich die drei Demozüge vom Camp aus ersteinmal durch
den KleinbürgerInnen-Bereich und dann durch den Banlieu-Bereich
durchkämpfen, immer ihren Fahnensymbolen folgend. Jedesmal versuchten
die zunächst überraschte aber inzwischen von 2 oder 3 Hubschraubern
koordinierten französischen Nationalpolizei-Einheiten (CRS) die
Demozüge durch Gas- und Blendgranaten vom weiterlaufen abzuhalten,
trotzdem ging es dank der Fünf-Finger Taktik überraschend zügig voran.
Anhand
der Hubschrauber war auch ungefähr zu sehen, welcher Blockadetrupp
schon weiter vorgedrungen war, was immer den nachkommenden Demozügen
das weitergehen ermöglichte. Besser als in Heiligendamm war hier für
viele von uns sichtbar geworden, in welcher Form dieses Konzept
durchaus zum erfolgreichen Vordringen führen kann.
Eine
wichtige zu überwindende Hürde war ein Bahndamm, auf dem die Block Nato
Trupps teilweise stark unter Beschuss durch die CRS kamen.
Danach war ersteinmal freie Bahn durch Neudorf durch bis an den Rand des Stadtinnerens vor den Brücken.
Dort
gab es ab 6/7 Uhr morgens ein langes Katz und Mausspiel mit den CRS die
immer wieder von der Innenstadt aus die DemonstrantInnen unter
Tränengas Granatenbeschuss nahmen. Natürlich sind alle Bus- und
Trambahnen eingestellt worden, so dass es nicht mehr möglich war mit
den öffentlichen Verkehrsmitteln reinzukommen.
Später ist es
noch zu Protesten in den Bereichen an den orangenen und roten Zohnen in
der Innenstadt gekommen, da es neben den Blockadezügen aus dem Camp
heraus auch zahlreichen Menschen gelungen war die Innenstadt anonym zu
infiltrieren und dort gegen vormittags mit Spontandemos und Parolen
loszulegen.
Von der IL gibts hierzu bereits einen umfangreichen Bericht zu den Blockade-Aktionen: http://de.indymedia.org/2009/04/246346.shtml
Von
manchen gab es Kritik an der nichtoffensiven Ausrichtung des
Fünf-Finger Konzepts, da auf der Wegstrecke einiges möglich war weil
die Bullen wohl eher auf Absicherung der Brücken und strategischen
Übergänge fixiert waren und nicht auf einen vorzeitigen Angriff auf die
DemonstrantInnen. Diese Ausrichtung des Konzepts wurde aber damit
gerechtfertigt, dass es nicht das Ziel gewesen war, sich schon vorher,
z.B. in der Nähe des Camps oder auf dem Weg vor der Innenstadt in
Scharmützel verwickeln zu lassen, sondern tatsächlich zu versuchen in
die gesperrten Zonen vorzudringen.
Ab 10 Uhr: Spontandemo zur Grossdemo
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Bereits
einen Tag zuvor wurde unter anderem in Presseerklärungen klargemacht,
dass die Demoverbote und Einschränkungen der Demoroute von den
DemonstrantInenn nicht hingenommen werden würden. Die Behörden hatten
bereits via Presse die Bullenroute verbreitet, die es vorsah, das die
Grossdemo lediglich einmal herum auf dem strasbourgischen Inselbereich
bei der Europabrücke zu demonstrieren hätten durch ein unbewohnbares
Gebiet einmal vom Auftaktort kilometerweit herum und zurück zum
Auftaktort.
Da klar war, dass ein Zulauf zur Demo
wahrscheinlich von massiven Vorkontrollen verlangsamt werden soll, um
den Demobeginn zu verzögern, wurde im Camp beschlossen mit allen
gemeinsam schon vom Camp aus bin hin zum Demobeginn zu marschieren und
zu demonstrieren, und zwar gemeinsam von Blöcken wie dem
antikapitalischen Block, dem antiimperialischen Block (u.a. türkische
GenossInnen), kurdischen GenossInnen und dem Anarchistischen Block und
viele mehr aus verschiedenen Ländern wie u.a. GriechInnen und
ItalienerInnen. Aber auch an diesem Tag ankommende Reisebusse
zahlreicher Organisationen wie z.b. der französischen NPA und von
Friedensbewegten schlossen sich dieser unangemeldeten Vor-Demo vom Camp
aus an. Dieser Demo gelang es auch, die Menschen einzusammeln, die sich
bereits individuell zum Auftakt Ort begeben wollten.
Da die
Demo mitten durchs Banlieu ging, erlebte sie grossen Zuspruch unter den
Jugendlichen und BewohnerInnen von Neudorf, die sich teils ebenfalls
dieser Demo anschlossen.
Doch nach kilometerlangem Marsch war
ersteinmal schluss vor der Brücke vor der Insel, wo bereits einen Tag
zuvor Stacheldraht von den Bullen vorbereitet war, weil dort eine der
Hauptrouten war für Autokolonnen der NATO-Gipfel TeilnehmerInnen.
Die
CRS Bullen stellten sich in den Weg mitten auf der Brücke und
versperrten so den Weiterzug zum Auftaktort auf der Insel jenseits
dieser Brücke.
So begann die erste massive Schlacht mit dem CRS,
die so die Autostrecke hinter ihnen freihalten wollten, was aber
richtig untaktisch war, da sie so unter massiven Beschuss von Steinen,
Leuchtspur und Mollies kamen, eine kleine Brandbarrikade wurde
ebenfalls mit Autoreifen und Baumästen entfacht, mit Strassenschildern
wurde Schutz aufgebaut um an die Bullen ranzukommen, die massiv
Gasgranaten verschossen. Kurzzeitig wich der erste Demoblock zurück, so
das die schwarz gekleideten Freiraum hatten um vorne zu agieren. Dann
ging es Schritt für Schritt voran und die Bullen mussten sich nach
langer Schlacht doch in die Autoroute zurückziehen so dass sie selbt im
ganzen Verlauf Schuld an der Blockade der Autoroute der
NATO-Delegierten waren.
Schuld an der Verzögerung war zusätzlich
auch der italienische Präsident Berlusconi der mit dem türkischen
Präsidenten Erdogan ein wichtiges Gespräch führte da die Türkei den
Dänen Anders Fogh Rasmussen zum Nato-Generalsekretär nicht anerkennen
wollte.
Dies insgesamt hatte dazu geführt, dass auch der Kampf um
den freien Zugang zum Demoauftakt an dieser ersten Brücke die
Gipfel-Delegierten-Strecke nach Meinung der französischen Bullen
gefährden würde.
Als die Demo dann weiterziehen konnte wurde die CRS nochmal unter Steinbeschuss genommen.
Zu
erwähnen ist auch das vorbildhafte Agieren der Demosanis während aller
Auseinandersetzungen, die ziemlich beschäftigt waren, den Menschen
dabei zu helfen, die Augen auszuspühlen, Wunden zu verarzten usw. - und
wieder fit für das weiterkämpfen zu machen. (viele grüsse und thanx.)
Auf
dem Zugang der Europabrücke angekommen wurde klar, dass auf deutscher
Seite die Demo über die Brück zur französischen Seite aufgehalten
werden sollte, denn es hatten sich deutsche Einheiten und Wasserwerfer
aufgebaut und es kamen Nachrichten darüber an, dass noch ankommenden
Reisebusse teils aufgehalten wurden, damit diese erst verzögert an der
Demo teilnehmen konnten.
Aus Protest gegen die Schickanen und
gegen die Blockade des Zustroms zum Demoauftakt wurde u.a. die
ehemalige Grenzbullen-Station auf der Europabrücke komplett demoliert
und in Brand gesteckt, symbolisch von vielen auch als generelle Aktion
für offene Grenzen, da ja das Schengen Abkommen ausser Kraft gesetzt
wurde um den legitimen und sichtbaren Protest der Grossdemo zu
unterdrücken.
Nach langem Warten auf die Beendigung der
Schikanen und dem Ausgang der Demoverhandlungen von VertreterInnen der
Demoorga mit den Bullen gab es weitere militante Aktionen im Umfeld des
Auftaktortes der Demo, um endlich einen ungehinderten Zugang zur Demo
zu erzwingen. Ein Ibis-Hotel von Accor, eine Tankstelle, ein
Tourismusbüro mit Ticketverkauf für den Schnellzug TGV sowie ein
Supermarkt wurden geplündert, entglasst und in Brand gesteckt, zuvor
Material auf die Strasse gezogen um Barrikaden gegen eventuell von
französischer Seite aus nachrückenden Bulleneinheiten zu erreichten.
Diese waren aber teilweise noch massiv mit dem Schutz der nahe
gelegenen Autostrecke der NATO-Delegierten beschäftigt, so dass diese
lange Zeit sich nicht trauten an den Ort des Geschehens zu kommen.
Das
Ibis-Hotel von Accor wie auch andere Hotels dieser Ketten waren während
der Tage für Polizeieinheiten und NATO-Delegierte reserviert, die
französische Polizei verbreitete in der Presse nach den Aktionen, dass
die Angriffe auf das Hotel nicht zufällig waren, da der "Black Block"
davon ausgehen würde, dass die Polizei in den Hotels stationiert wäre.
Nachdem
diese Gebäude von meterhohen Flammen ergriffen wurden gab es über das
ganze Stadtgebiet sichtbare Rauchsäulen, so dass den Verantwortlichen
der Sicherheitskräften sowie auch den NATO-Gipfel-TeilnehmerInnen wie
auch der Bevölkerung Strassbourgs sichtbar wurde, dass der Protest
nicht mehr totgeschwiegen werden könne.
Ursprüngliches Ziel
der Sicherheitskräfte war es jedoch den Protest nicht sichtbar werden
zu lassen und wenn schon, dann auf das Gebiet um das Camp herum zu
beschränken, weitab von der Innenstadt in den Randbezirken des
Banlieus.
Grossdemo
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Nach
einigen Auftaktreden der Grossdemo, wo unter anderem von der
französischen Gewerkschaft das repressive Vorgehen der Bullen
kritisiert wurde, formierte sich der Demozug. Provokanterweise stellten
sich einzelne CRS Bullen Wannen inmitten der Menschenmassen, um zu
provozieren.
Dennoch formierte sich der Demozug und auch der
schon lange angekündigte antikapitalistische Block. Laut Junge Welt
nahmen insgesamt 16.000 Menschen teil, laut OrganisatorInnen waren
insgesamt an diesem Tag 30.000 Menschen unterwegs, die Bullenmeinung
braucht hier nicht aufgezählt werden.
Die lange Latschdemo auf
der Bullenroute war zwar nervig, doch es gab trotzdem offensive Blöcke,
lautstarke Parolen und eine sehr breite Beteiligung der verschiedenen
linken Kräfte aus verschiedenen Ländern. Eine erste Auseinandersetzung
auf der Demo gab es auf der Rheinbrücke an der die Demo ursprünglich
zumindest an den Rand der Innenstadt weiterführen sollte, was jedoch
vor Ort von den Bullen verboten wurde. Hier provozierte der CRS mit
Gasgranaten und es kam zu massivem widerstand auch mit Steinen und
Flaschen gegen diese Einheiten. Da hier kein Durchkommen war musste die
Demo weiterziehen wieder Richtung Auftaktort. Dort war aber kein
Durchkommen mehr, und die Demo musste sehr lange Stehenbleiben, die
Bullen behaupteten, dass Löscharbeiten der Feuerwehr im Gange seihen,
und die Demo weitergehen dürfe wenn diese abgeschlossen seihen. Daher
hatte sie den Durchgang durch die Eisenbahnbrücke hermetisch
abgeriegelt.
Tatsächlich gab es jedoch zu diesem Zeitpunkt
keine konkreten Löscharbeiten und die rechten Bullen provozierten
plötzlich mit einzelnen Gasgranaten mitten hinein in die
FriedensaktivistInnen des ersten Demoblocks. Darauf hin kam es zum
Widerstand von sehr vielen kämpferischen AktivistInnen, die mit Steinen
die Bullen von der Bahnbrücke vertrieben und die Bullen jenseits der
Bahnbrücke mit einem minutenlangen Steinhagel bedachten.
Abzug mit Erfolg
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Trotzdem
dachte der CRS nicht daran seine Schikane zu beenden um die Demo auf
der selbst von den Bullen vorgeschlagenen Demoroute weiterziehen zu
lassen. Dem beherzten Vorgehen der demoerfahrenen französischen
GewerkschafterInnen war es dann zu verdanken, dass die Demo fortgesetzt
werden konnte, in dem eine Lücke zwischen den Schienen neben dem
Bahndamm ausgenutzt wurde um einen Teil der Demo dort englang zu führen
und den anderen halben Teil der Demo den Rückweg antreten zu lassen um
sich auf der anderen Seite wieder zu treffen sowie um es den Bullen
nicht zu ermöglichen die Demo in irgendeiner Form einkesseln zu können,
da dann DemonstrantInnen auf zwei Strecken hätten die Bullen in die
Zange nehmen können. So gelangte die Demo auf eine der Routen, die
ursprünglich als End-Strecke der Bullenroute vorgesehen war. Zwar
wurden die DemonstrantInnen dann zum Abzug über die eine Brücke
gelassen, doch waren dort wieder alle Wege Richtung Stadt abgesperrt.
Mit dieser Schikane war vorgesehen, dass die Demo sich noch endlos auf
"totem Gebiet" (unbewohnt) weiterziehen solle.
Doch trotz der
Absicherung der Schrebergärten war dank einheimischer Hilfe irgendwann
der Weg durch die Schrebergärten frei, was den zahlreichen
AktivistInnen den freihen Abzug ermöglichte.
Schon wieder war
kilometerweites Latschen zurück zum Camp angesagt, durchs Banlieu
durch, wo viele lautstark die AktivistInnen begrüssten, denn auch die
haben Hass auf die rassistischen Bullen :-)
Abends dann gute Stimmung und Party.
Images:
http://www.randbild.de/?ID=4BP2C1FGYH
http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157616290833337
http://www.focus.de/politik/ausland/nato-proteste-feuer-steine-barrikaden_did_22722.html
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-41262.html
IL-Block Nato:
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