Besetztes Baugrundstück geräumt

Erstveröffentlicht: 
03.08.2011

Polizeieinsatz in Freiburg

 

StZ, vom 03.08.2011 17:07 Uhr

 

Freiburg - Es war klar, dass etwas passieren würde, aber was und wie es passiert ist, hat dann viele überrascht: Die zwei Jahre andauernde Besetzung eines Bauplatzes im ökologischen Vorzeigeviertel Vauban in Freiburg wurde am Mittwochmorgen von der Polizei beendet. In den frühen Morgenstunden hatte eine gewaltsame Unterstützerszene Barrikaden errichtet und angezündet. Die Platzbesetzer distanzierten sich von der Gewalt, weigern sich jedoch, Strafanzeige zu stellen.

 

Bereits am Sonntag war das Ultimatum abgelaufen. Nach zwei Jahren Duldung durch die Stadtverwaltung sollten die Bewohner von 30 Wohnwagen, die zunächst aus Protest gegen ein geplantes "Business-Center" rund 1800 Quadratmeter am Eingang des Vauban-Viertels besetzt hatten, ihr illegal bezogenes Quartier verlassen. Der neue Grundstückseigentümer, die städtische Wohnbaugesellschaft, will jetzt auf dem Gelände ein Hotel für Behinderte und ein Geschäftshaus errichten.

 

"Kommando Rhino"


Etliche Vermittlungsversuche und Verhandlungen über alternative Standplätze für die Wohnwagen waren gescheitert. Private Grundstückseigentümer wollten die Besetzer nicht. Die Platzbesetzer mit den Namen "Kommando Rhino" sind der Aufforderung zum Abzug nicht gefolgt und haben sich verschanzt. Vermittler unter anderem aus dem kirchlichen Bereich fanden kein Gehör mehr und stellten ihre Bemühungen ein. Deshalb war die polizeiliche Räumung nur noch eine Frage der Zeit.

Am Mittwoch kurz nach Mitternacht spannten Unbekannte Drahtseile über Zufahrtsstraßen zum Vauban-Viertel und setzten zuvor errichtete Barrikaden und Baumaschinen in Brand. Ein Autofahrer, der löschen wollte, wurde tätlich angegriffen. Die Platzbesetzer vom Kommando Rhino erklärten gegenüber Polizei und Medien, sie seien friedfertig und hätten mit den teils kriminellen Methoden nichts zu tun. "Dann sollen sie Anzeige erstatten", so Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid. Doch zu einer solchen Distanzierung sind die Rhinos nicht bereit, sie wollen "andere Aktionsformen" nicht grundsätzlich verurteilen und kriminalisieren. Kurz vor sechs Uhr morgens rückte die Polizei mit rund 40 Mannschaftswagen und schwerem Gerät an und räumte den Platz rasch. Der Widerstand hielt sich in Grenzen, da die auch von auswärts angereisten Unterstützer vor Tagesanbruch abgezogen waren.

 

Sommeralbträumchen


Nach der Räumung stehen sich an der geräumten Baustelle Polizei und Protestierer grimmig gegenüber. Die "Wägler" wissen nicht wohin. In der Innenstadt zeigt die Polizei demonstrativ Präsenz an strategischen Plätzen. Somit erlebt Freiburg ein kleines Sommeralbträumchen mit Déjà-vu-Einsprengseln. Der Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) beklagt "eine Dimension von Gewalttaten, wie es sie in Freiburg seit vielen Jahren nicht mehr gegeben hat" und erinnert an die "Pfingstrandale von 1987". Damals spielten linksradikal gebärdende Autonome die Berliner Mai-Krawalle nach, zündeten Bauwagen an und warfen Molotowcocktails auf Polizisten. Die Pfingstrandale war der Tief- aber auch der Wendepunkt des langjährigen Freiburger "Häuserkampfes". Danach hatten die Häuserkämpfer ihren Bonus aufgebraucht, den auch Bürger für ihr politisches Anliegen zeitweise bereit waren, aufzubringen. Etliche damalige Häuserkämpfer sind heute Gemeinderäte der Grünen.