Am Sonntagabend um Mitternacht ist die Frist für die Kommando Rhino-Wagenburg im Vauban abgelaufen - ab jetzt kann das Gelände jederzeit von der Polizei geräumt werden, damit die Freiburger Stadtbau mit dem Bau eines Hotel- und Geschäftskomplexes beginnen kann. Gestern abend wurde Abschied gefeiert. Unser Guru war dabei.
Die Jungs an der Tür
Tür? Welche Tür? Das M1-Gelände steht jedem offen, der Eintritt ist frei, anstehen muss man auch nicht. Der Andrang hält sich trotzdem in Grenzen.
Inneneinrichtung und Dekoration
Ich muss sagen: Ich bin beeindruckt. Wo vor wenigen Stunden am Nachmittag noch fast alles aussah wie immer – gut, ein paar Wagen weniger, der innere Teil des Platzes war schon fast leer, in der Mitte ein Haufen Einkaufswagen – ist jetzt klar, dass das Kommando Rhino keinesfalls freiwillig räumen wird und vorher noch eine nette Abschiedsparty feiert. Der Eingang ist mit eben jenen Einkaufswagen barrikadiert, meterhoch, im Hintergrund das lilafarbene Transparent mit der Aufschrift: „Rhino bleibt!“ Hier steht eine Schlacht bevor. Heute macht die „Wagenburg“ ihrem Namen alle Ehre.
Wer war da?
Um kurz nach zehn gemischtes Publikum: Rastatlockenträger,
Tätowierte, Rhino-Bewohner, die Nachbarn aus der Susie, halbwüchsige
Schüler, ein paar neugierige Studenten von nebenan, Fotografen, ein
Kamerateam und auch der ein oder andere Mittelschichtler aus dem Rest
des Viertels.
Die sogenannten „Alternativen“ sind klar in der
Überzahl, verteilen Zettel mit der Nummer für den „Räumungsalarm“ – wer
sich dort meldet, bekommt bescheid, sobald die Ordnungshüter anrücken.
Einige Verirrte, die eigentlich zur kurzfristig verlegten Facebook-Party
wollten, sind nicht auszuschließen. Um Mitternacht sind die
Mittelschichtler sind ins Bett gegangen, den Halbwüchsigen ist es zu
langweilig geworden, die Presse hat Feierabend. Übrig geblieben sind
Rhinos und Susies.
Klangwagen- TÜV und Partyatmosphäre
Musik? Fehlanzeige. Eine Anlage oder Ähnliches ist auch nicht zu
sehen, nicht mal ein Ghettoblaster lässt sich orten. Partyatmosphäre?
Na ja.
Man wartet. Ein bisschen lethargisch, sitzt auf der
Bordsteinkante in der Straße zwischen Rhino und Susie. Es herrscht eine
Stimmung des grimmigen Trotzes. Um ein Lagerfeuer stehen ein paar
Gestalten. Alles friedlich. Alles ein bisschen angespannt.
„Rhino“, ruft einer.
„Bleibt!“, antworten ein paar.
„Gute Stimmung hier!“, wird propagiert.
Man wartet weiter.
Ich gehe nach Hause.
Catering und Getränke
Weder noch. Kluge Menschen haben ihre Getränke selbst mitgebracht. Als es noch hell war, sind ein paar Jugendliche mit Bier über den Platz gestolpert, zu späterer Stunde gibt es auch Wein. „Schmeckt scheiße, das Zeug“, höre ich. Heute ist irgendwie alles uncool. Wie soll da der Alkohol auch gut sein?
Auf dem Klo um halb zwo
Welches Klo?!
Aufregerle
Man hört, das „Aufregerle“ soll in den frühen Morgenstunden anrücken. Ich habe irgendwas von Räumung gehört…
Aufheiterle
… kann aber auch sein, dass ich mich getäuscht habe
Fazit
Ich scheine die richtige Abschieds-Party am Wochenende verpasst zu haben. Jetzt wird nur noch "Warten auf Rhino" inszeniert. Als ich mich auf den Heimweg mache liegt ein Hauch Melancholie - wer weiß schon, ob Rhino noch da ist, wenn ich morgen früh am Paula Modersohn Platz in die Straßenbahn steige.