Fast 19.000 wissenschaftliche Aufsätze hat ein Netzaktivist im Web veröffentlicht - aus Wut über die Festnahme von Aaron Swartz. Gegen den wird ermittelt, weil er Millionen solcher Texte aus dem Online-Archiv JSTOR kopiert haben soll.
Berlin - Als Protest gegen die Festnahme des "JSTOR-Räubers" Aaron Swartz hat ein amerikanischer Informationsaktivist fast 19.000 wissenschaftliche Artikel aus dem kostenpflichtigen Online-Archiv JSTOR über das Filesharing-Portal The Pirate Bay veröffentlicht. Das berichtet "Wired". Gegen Swartz wird derzeit ermittelt, weil er über vier Millionen wissenschaftliche Aufsätze von JSTOR illegal kopiert haben soll.
Der Uploader der Textsammlung, Gregory Maxwell, Autor bei Wikipedia und der Mediensammlung Wikimedia Commons, ist davon überzeugt, dass wissenschaftliche Veröffentlichungen grundlos überteuert sind: "Die Autoren kriegen kein Geld, die Peer-Reviewer keines, selbst die Journal-Redakteure arbeiten oft unbezahlt. Manchmal müssen die Autoren sogar den Verlag bezahlen," schreibt Maxwell in einem Manifest. "Und trotzdem gehören manche wissenschaftliche Veröffentlichungen zu den himmelschreiend teuersten Stücken Literatur, die man kaufen kann."
So würden die von ihm veröffentlichten Aufsätze pro Stück zwischen 8 und 19 Dollar kosten - und das, obwohl sie digital vertrieben werden und allesamt mindestens 79 Jahre alt sind. Ginge es nach Maxwell, gehörten diese Werke in die Public Domain: als kostenloses Allgemeingut, das ja einst von der Allgemeinheit finanziert im wissenschaftlichen Betrieb entstanden ist.
JSTOR bezog mittlerweile Stellung zu den Vorwürfen: Laut "Wired" erklärt die gemeinnützige Organisation, dass die von Maxwell genannten Preise so nicht stimmten - und dass er, auch wenn der Urheberschutz der Dokumente ausgelaufen sei, diese Dokumente nicht veröffentlichen dürfe, weil das die Nutzungsbedingungen verböten.
JSTOR müsse zudem viel Geld für das Scannen, Aufarbeiten und Indizieren des Materials aufwenden, hieß es weiter. Außerdem sei das Archiv vielen Menschen über Unis und öffentliche Bibliotheken zugänglich, teilweise sogar kostenlos, erklärte JSTOR in einer Stellungnahme.
Aktivisten der Open-Access-Bewegung (OA) - zu der auch Gregory Maxwell gehört - dürften diese Argumente kaum zufriedenstellen. Mit den Creative Commons gibt es ein ernsthaftes, Copyright-kompatibles, flexibles Urheberschutz-System. Die OA-Bewegung hat längst alternative Veröffentlichungswege für wissenschaftliche Arbeiten etabliert.
Maxwell glaubt, dass die Entkommerzialisierung von Wissen einer Gesellschaft nutzt. In seiner Missionsbeschreibung bei Wikimedia Commons heißt es: "Ich bin überzeugt davon, dass eine Person nur dann als frei bezeichnet werden kann, wenn sie die enorme Fülle der geistigen Arbeit anderer studieren, verändern, teilen und weiter entwickeln kann."
fko