"Wir verschwanden dann in die Nacht, während der erste der Lieferwagen hinter uns explodierte."
Die Tierbefreiungsaktivist/in Melanie Arnold, die 1995 Teil einer Operation gegen einen grossen Schlachthof in Gloucestershire (UK) war, berichtet in einem Interview über direkte Aktionen und den Umgang mit der Staatsgewalt. Bei der Aktion wurden 12 zur Anlage gehörende Fahrzeuge in Brand gesteckt, und schliesslich der Schlachthof selbst. Kurz darauf ging die Firma bankrott. Melanie Arnold erklärt im Interview mit Rod Coronado die Hintergründe und den Verlauf der Aktion.
Melanie Arnold über direkte Aktionen, Vorbereitungen und Taktik:
Nunja, die BSE Krise hatte Großbritannien wie ein zehn Tonnen-Vorschlagshammer erwischt. Es war noch nicht in dem Ausmaß an die Öffentlichkeit gelangt, das es noch erreichen würde, und die Medien blieben wortkarg, wie gewöhnlich, man ließ nur Informationsfetzen durch, um die Öffentlichkeit nicht zu sehr aufzuregen. Aber wir wussten davon und von dem was in den Läden lag. Die Fleischindustrie würde da getroffen werden wo es wehtat (d.h. — im Geldbeutel), aufgrund ihres eigenen gierigen Karmas; und um dem Bankrott von vielen kleinen Fleischdepots vorwegzunehmen, entschlossen wir uns dazu einem der grösseren Schlachthöfe, der anderenfalls evtl. noch gerade aus der Krise herausgeschlittert wäre, dabei zu helfen auf sichere und endgültige Weise in den den Abgrund zu stürzen.
Der Schlachthof Ensors hatte seinen Sitz in Gloucestershire, er befand sich in sicherer Zieldistanz, ausreichend entfernt von Häusern und benachbarten natürlichen Lebensräumen. Wir waren mehrfach zur Aufklärung in dem Gebiet, um die Arbeiter im Spätdienst, Wachpersonal, Hundeführer, usw. zu beobachten, nur um einen Eindruck von der typischen Nachtaktivität in der Umgebung des Gebiets zu bekommen das wir Abfackeln wollten. Nachdem wir zufriedengestellt waren und wussten, dass es sich um ein “sicheres” Unterfangen handelt, machten wir damit weiter uns Zugang zu dem Gebäude zu verschaffen, um festzustellen was wir später brauchen würden, dann verschwanden wir in die Nacht — ohne Spuren unser Anwesenheit zu hinterlassen.
Zwei Wochen später hatten wir alles gekauft, erstellt und improvisiert was wir benötigten, und am 10. Juni 1995, kehrten wir zurück, nur wir Beide. Wir betraten das Gelände, zerschlugen die Seitenfenster von jedem Transporter, Gefrierlaster und Fahrzeug und zogen uns dann zurück, um zu sehen, ob der Krach Aufmerksamkeit erregt hatten. Hatte er nicht. Wir sammelten unseren Vorrat an Brandsätzen ein und platzierten diesen Cocktail aus Potassium-Nitrat und Sucrose mit einem angepassten Zünder, durch jedes der Fenster auf den Autopolstern aller Fahrzeuge.
Wir drangen dann in das Schlachthofgebäude ein und begannen, indem wir die Küche oben, Kantine und Umkleideräume zerstörten, wir entschieden uns dazu den ganzen Ort mit Bezin zu überziehen, und führten eine Zündschnur aus brennbarem Material die Treppen herunter und in die zentrale Schlachthalle. Wieder begossen wir umstehende Maschinen mit grossen Mengen Benzin, und platzierten 20 Brandsätze bei den Hauptapparaturen, zusammen mit Tüten einer explosiven Mischung (und Junge, wie das explodiert!). Wir entfachten dann einige Feuer per Hand und entzündeten die Brandsätze, die später zu dem Inferno hinzugefügt werden sollten. Wir entzündeten die Brandsätze in den Lieferwagen zuletzt, da diese offensichtlicher waren und mehr Aufmerksamkeit erregen konnten als das Gebäude, in dessen fensterlosen Innenräumen das Feuer vor sich hin brannte, das gerade erst in Gang gekommen war.
Wir verschwanden dann in die Nacht, während der erste der Lieferwagen hinter uns explodierte. Technisch betrachtet, waren wir sauber davon gekommen. Keiner von uns war in dem Gebiet bekannt und unsere Planung war so ausgelegt, dass es sehr unwahrscheinlich gewesen wäre während des Jobs erwischt zu werden. Die Polizei und das Bombenräumkommando hatten keine Ahnung wer verantwortlich war und versuchten bei den lokalen Gnadenhöfen Hinweise zu finden.
Unglücklicherweise tauchte mein Co-Aktivist bei einem davon auf, weil er ihnen helfen wollte Zäune aufzubauen, und die Polizei durchsuchte und schnappte sich jeden. Die Polizei — die nicht wusste, dass er ein Tierbefreier war — hätte nie seine Cottage durchsucht, wenn er nicht die unheilvolle Entscheidung getroffen hätte, an diesem Morgen zu arbeiten. Michael gab seine Schuld zu, um die anderen beiden Verdächtigen zu verteidigen, die an den Angriffen völlig unschuldig waren und viele Tiere in ihrer Obhut hatten, aber die wachsenden Beweise gegen ihn führten ohnehin zu dieser Entscheidung.
Durch Nachbarn wurde eine Beschreibung von mir gegeben, und die Polizei wusste gut genug über mich Bescheid, um mich anhand der Beschreibung zu identifizieren und mich drei Tage später in meinem Haus in Northampton festzunehmen. Ich wurde durchgehend über mehrere Tage und Nächte verhört, wobei die Polizei jede Taktik aus dem Handbuch einsetzte, um mich zum Sprechen zu bringen. Sie logen, sie drohten, sie schmeichelten, sie flehten, sie flirteten und sie scheiterten. Die Polizei versuchte mich zu überzeugen, dass Michael mich belastet hatte die Brandsätze gebaut zu haben, und meine Reaktion auf diese Vorhersehbarkeit, brachte einen Ermittler dazu loszubrüllen “es ist nicht gut, dass du lachst, Melanie.”
Lügen, das alles.
…
Gefasst zu werden ist schlimm genug, aber wir mussten zwei Pflichten
erfüllen als das passierte. Die Erste war sicherzustellen, dass wir
denen die uns verhörten nichts sagten, und die Zweite war so schnell
wie möglich rauszukommen und in den Kampf zurückzukehren.”
aus No Compromise, Ausgabe 5
The Flames of Victory: An Interview with Convicted A.L.F. Activist Melanie Arnold
Übersetzung und Videotranskript Bite Back Germany | http://www.bitebackgermany.net
Melanie Arnold bezieht sich auch nach ihrer Zeit im Gefängnis positiv auf direkte Aktionen:
Ich glaube, dass Tiere hier und jetzt gerettet werden müssen zum Beispiel, wenn da ein Kind wäre das von einem Erwachsenen missbraucht wird, dann würden wir dieses Kind befreien wir würden keine Gründe oder Entschuldigungen dafür akzeptieren, und ich wende lediglich dieselbe Theorie und Taktik auf Tiere an nach meiner Ansicht sind Gesetze nicht in Stein gemeißelt, und falsche Gesetze wurden im Lauf der Zeit durch den allgemeinen Konsens und öffentliche Proteste geändert – und ich glaube nicht, dass man ein Gesetz je angreifen kann, ohne direkte Aktionen einzusetzen.
Mitte der 90er war ich Teil einer Operation gegen einen Schlachthof im westlichen Teil des Landes, das beinhaltete auch Brandsätze gegen 12 Fahrzeuge, einschliesslich Lieferwagen und verschiedener Autos, wir brachen ausserdem in das Schlachthof-Gebäude ein und setzen die Betriebsräume in Brand.
Ich wurde festgenommen, angeklagt und eingesperrt für diese Tat
Wenn du Brandstiftung begehst, musst du sehr vorsichtig sein, um alle Risiken zu minimieren die damit verbunden sind.
Für die Vorbereitung brauchten wir eineinhalb bis zwei Monate.
Es war nowendig den Ort sehr intensiv zu beobachten, um sicherzustellen, dass keine Menschen oder Tiere in dem Gebiet sein würden.
(Rod Coronado): Es ist sehr einfach bei direkten Aktionen menschliche Todesfälle auszuschliessen.
Daher überprüften wir die Innen- und Aussentüren, die Räume, und mögliche Routen um rein- oder heraus zu gelangen.
(Rod Coronado): Jeder direkten Aktion die durchgeführt wurde, steht etwa ein halbes Dutzend Aktionen entgegen, die nicht ausgeführt wurden, weil sie eine Bedrohung für Menschen oder Tiere hätten sein können.
Wir platzierten wohldurchdacht Brandzünder, die sich entzünden würden, während wir noch dort waren, so dass wir eine Möglichkeit hatten die Situation zu kontrollieren, bevor wir den Ort verliessen.
In diesem Fall wäre die Möglichkeit Tiere zu retten nahezu aussichtslos, zudem man nicht wüsste wo man sie unterbringen kann, wenn man sie befreien könnte.
Aber wenn man den Schlachthof schliessen würde… und man würde, zumindestens für einige Monate… dann wird es zu einem sehr viel kostspieligerem Geschäft. Der Profit der aus dem Töten von Tieren geschlagen wird, kann von ökonomischer Sabotage ausgeglichen, und manchmal gekontert werden. Somit ist das Geld was sie durch Tierausbeutung verdienen nicht kosteneffizient.
Unter diesem Gesichtspunkt wurde Schaden angerichtet.
Ich betrachte es als erfolgreiche Operation.
Melanie Arnold wurde wegen Brandstiftung verurteilt und verbrachte 21 Monate im Gefängnis.
Der Schlachthof wurde für immer geschlossen.
Keine Tiere oder Menschen wurden verletzt.