Bildung: Bochumer Schulstreik - 500 Schüler demonstrieren trotz Verbot für bessere Bildung

Trotz der Warnungen der Bezirksregierung Arnsberg fanden sich am Freitag 500 Schüler und Schülerinnen in Bochum ein und gingen für ihre Interessen auf die Straße.
Erstveröffentlicht: 
01.07.2011

Bochum, 01.07.2011, Jürgen Stahl

Bochum. Entgegen der Warnungen der Bezirksregierung und Schulleiter haben sich am Freitag rund 500 Kinder und Jugendliche am „Bochumer Schulstreik“ beteiligt. Die fast dreistündige Demonstration verlief friedlich. Die Polizei meldet keine Zwischenfälle.

 

„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!“: Schülerinnen und Schüler mehrerer weiterführender Schulen reihen sich um 10.30 Uhr am Hauptbahnhof in den Demonstrationsmarsch ein. „Manche Lehrer haben gegen den Streik regelrecht gehetzt statt sich inhaltlich damit auseinander zu setzen. Gut, dass sich die Schüler davon nicht haben einschüchtern lassen“, sagt der Sprecher der Bezirksschülervertretung (BSV), Jonathan Röder.

Zwar hat sich die BSV stets auf das Versammlungsrecht berufen. Um die Teilnehmer gleichwohl vor möglichen (und angeblich angekündigten) Strafen zu schützen, wurde für Freitag von 9.45 bis 15 Uhr die „1. SchülerInnenvollversammlung der BSV Bochum“ einberufen. Röder: „Alle Schüler haben dafür einen gesetzlichen Anspruch auf Unterrichtsbefreiung. Davon machen die Teilnehmer heute Gebrauch.“ Die von Röder (17) unterzeichneten „Entschuldigungen“ der BSV werden direkt vor Ort verteilt...

 

Protestmarsch gleicht einem Schulausflug

 

Eskortiert von Polizeibeamten, ziehen die Schüler durch die Innenstadt. Zwar gleicht der Protestmarsch zeitweise einem Schulausflug. Dazu tragen so kämpferische Musiktitel wie Raabs „Hier kommt die Maus“ oder „Dragostea din tei“ von O-Zone, die aus einem Lautsprecher dröhnen, nicht unwesentlich bei. An der Ernsthaftigkeit ihrer Kritik und Forderungen lassen die Jugendlichen aber keinen Zweifel. „Für Selbstbestimmung, Solidarität, die inklusive Gesamtschule, gegen Anpassung, Leistungsdruck, Mobbing und Selektion“, prangt auf dem Transparent an der Spitze des Lindwurms. „Selbstbestimmte Bildung statt Anpassungslernen“, heißt es auf einem Spruchband weiter hinten. „In keinem anderen Industrieland hängt die Zukunft der Kinder so sehr vom Geldbeutel der Eltern ab“, skandiert ein Schüler. Auch die gute alte Sesamstraße wird bemüht: „Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt bleibt dumm.“

 

Der Schulhof ist Tabu

 

Die Polizei muss nur einmal eingreifen. An der Hildegardisschule wird den Demonstranten untersagt, auf den Schulhof zu ziehen: „Lärmbelästigung“, „Störung des Unterrichts“. Minutenlang gerät die junge Protest-Bewegung ins Stocken. Hildegardisschüler grüßen und winken vom Fenster und Bürgersteig, bevor es mit der Demo zurück in die Innenstadt geht.

 

„Großartig. Die Jugendlichen legen die Finger genau in die richtige Wunde“, mischte sich der Ratsherr der Linken, Ralf Feldmann, gestern weitgehend unbeachtet unter die Demonstranten. Zwar weist die Partei Gerüchte zurück, nach denen sie an der Organisation des „Schulstreiks“ beteiligt gewesen sein soll. „Wir freuen uns aber schon ein bisschen, dass ein ,Anfangsverdacht’ bestanden hat“, so der Sprecher des Kreisverbandes der Linken, Christian Leye.