Volksdeutsches Burschengefecht

Erstveröffentlicht: 
16.06.2011

Eklat beim Jahrestreffen

Beim Treffen rechter Verbindungen in Eisenach steht ein heftiger Streit über schärfere Aufnahmeregeln an, die teilweise an NS-Rasse-Ideologie erinnern. Gemäßigtere Bünde fürchten einen Ruck nach ganz rechts.

 

Zerreißprobe für die Deutsche Burschenschaft: Beim jährlichen Treffen der Verbindungen in Eisenach soll am Freitag eine Mannheimer Gliederung ausgeschlossen werden, weil sie ein „chinesischstämmiges“ Mitglied aufgenommen hat. Hinter dem Vorstoß eines Bonner Mitgliedsverbands steht, wie selbst die rechtslastige Zeitung Junge Freiheit (JF) besorgt feststellt, eine „dramatische Verschärfung“ der Aufnahmekriterien im Dachverband. Gemäßigtere Bünde fürchten einen Ruck nach ganz rechts.

1300 Studenten und mehr als 10.000 Alte Herren gehören zur Deutschen Burschenschaft (DB). Sie sind in 120 Mitgliedsverbänden organisiert. Wer da rein will, muss Deutscher sein – nicht nur dem Pass nach, sondern gemäß der Zugehörigkeit „zum deutschen Volk“. Aber wann ist das der Fall? Wenn er ihm „durch gleiches geschichtliches Schicksal, gleiche Kultur, verwandtes Brauchtum und gleiche Sprache verbunden ist“, bestimmt die Satzung der DB.

Der Rechtsausschuss des Dachverbandes aber hat unlängst per Rechtsgutachten noch ein biologistisches Kriterium hinzugefügt: „Maßgeblich ist die Abstammung von Angehörigen des deutschen Volkes.“ Personen „mit außereuropäischen Vorfahren sind dementsprechend keine Angehörigen des deutschen Volkes“. Zweifelsfälle, etwa wenn nicht beide Elternteile eines Bewerbers „dem deutschen Volke angehören“, müssen die Mitgliedsverbände dem Rechtsausschuss vorlegen.

Die „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ nimmt die reaktionäre Vorlage zum Eisenacher Burschentag gern auf. Die Bonner führen die erzrechte „Burschenschaftliche Gemeinschaft“, die aus 40 Gruppierungen besteht. Im Antrag gegen die Mannheimer, der der FR vorliegt, schreiben sie: „In Zeiten fortschreitender Überfremdung ist es nicht hinnehmbar, dass Menschen, welche nicht von deutschem Stamme sind, in die Deutsche Burschenschaft aufgenommen werden.“ Nach ihrer Ansicht, liest man an anderer Stelle, haben Menschen mit „nichteuropäischer Gesichts- und Körpermorphologie“ nichts in der DB zu suchen. Wer so aussehe, gehöre offenbar „zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung“ – Worte, die stark an die NS-Rasse-Ideologie erinnern.

Hans Merkel, 77, CSU-Politiker und in der DB als Alter Herr hochverehrt, hat das Rechtsgutachten mitgeschrieben. Angesichts des Sturms, den es auslöst, müht er sich mehr schlecht als recht um maßvollen Ton: Entscheidend für eine Mitgliedschaft solle das „Bekenntnis zum deutschen Volk und zur deutschen Kultur“ sein, sagt er der FR – „aber die Abstammung spielt schon eine Rolle“. Körpermerkmale und Gesichtszüge dürften aber nicht über Aufnahmeanträge entscheiden, gibt er als „persönliche Meinung“ zu Protokoll.

Ob die in Eisenach mehrheitsfähig ist, ist fraglich. Die Junge Freiheit, das publizistische Bindeglied zwischen Rechtskonservativen und Rechtsextremisten, will erfahren haben, dass einige Bünde das Rechtsgutachten kippen wollen – aber wie das Gefecht ausgeht, ist offen. Die JF jedenfalls trauert, dass die Deutsche Burschenschaft derzeit „meilenweit davon entfernt ist, ein bedeutender politischer Faktor zu sein“.