In EU zweithöchste Jugendarbeitslosigkeit.
Athen.
Die Szenen erinnern an den Tahrir-Platz in Kairo oder an den
Puerta-de-Sol-Platz in Madrid: Abend für Abend versammeln sich auf dem
zentralen Syntagma-Platz in Athen tausende Griechen, schreien "Diebe,
Diebe" und stoßen ihre Hände Richtung Parlamentsgebäude – was so viel
heißen soll wie "Schert euch zum Teufel".
Gemeint ist, ähnlich wie bei der Revolution in Ägypten oder derzeit in Spanien, nicht bloß die Regierung, sondern die politische Klasse überhaupt. Ihr und ihren Günstlingen wird Bereicherung vorgeworfen, während die Normalbevölkerung zu einem Sparkurs verdonnert wird. Am eigenen Leib erfahren musste dies Regierungssprecher Giorgos Petalotis Donnerstagabend in einer Athener Vorstadt. Rund 200 sogenannte "Empörte", wie sich die aufgebrachten Bürger nennen, schleuderten Steine, Eier und Joghurt in die Richtung des Regierungsvertreters, der zur Finanzlage Griechenlands sprechen wollte.
Auch auf der Insel Korfu wurden mehrere Parlamentsabgeordnete mit Steinen beworfen. Am Mittwoch hatten in Athen Demonstranten Abgeordnete bespuckt und beschimpft, als sie das Parlamentsgebäude verließen.
Am Freitag schließlich wurde das Finanzministerium von hunderten Demonstranten vorübergehend besetzt, die der den Kommunisten nahestehenden Gewerkschaft Pame angehören. Sie entrollten ein fünf Stockwerke überdeckendes Plakat, auf dem sie zum Generalstreik aufriefen.
Der sozialdemokratische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat erklärt, er werde die nötigen Reformen durchführen, egal, was dies politisch koste. Widerstand gegen die Sparmaßnahmen regt sich aber auch in den eigenen Reihen: 16 sozialistische Abgeordnete forderten in einem Schreiben eine umfassende Debatte über die Sparpläne, denen sie andernfalls nicht zustimmen wollen.
Aber nicht nur sie sowie die linke und rechte Opposition wehren sich. Die "Empörten" vom Syntagma-Platz haben das Vertrauen in die Politik generell verloren. Das ist kein Wunder angesichts der wirtschaftlichen Lage.
Als Beispiel für die Belastungen, die die Bevölkerung schon vor weiteren Sparmaßnahmen zu tragen hat, können die Treibstoffkosten dienen. Anfang Mai sah sich die Regierung angesichts der explodierenden Preise gezwungen, Höchstpreise festzusetzen.
Hohe Benzinpreise, niedriger Lohn
In 13 griechischen Präfekturen dürfen nun nicht mehr als durchschnittlich 1,74 Euro für den Liter bleifreies Normalbenzin verlangt werden. Ende Mai reichte der Verband der Treibstoffhändler dagegen Klage beim Verwaltungsgerichtshof ein.
Der hohe Benzinpreis kontrastiert eklatant mit dem griechischen Durchschnittslohn, der netto zwischen 700 und 900 Euro liegt (Österreich rund 1700 Euro). Zwar kann das Gehalt durch die gängige Schwarzarbeit aufgebessert werden, aber immer weniger haben überhaupt einen Job. Die Arbeitslosenrate könnte heuer auf 15 Prozent steigen.
Besonders hart getroffen sind davon die Frauen und die Jugend. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 36 Prozent mit Tendenz nach oben, europaweit übertroffen nur von Spanien mit mehr als 44 Prozent. Auch in den arabischen Ländern wurden die Aufstände von der Jugend ohne Zukunftshoffnung getragen.