Kleinkunstpreis des Landes Schramm hat den Eklat in Rust in Kauf genommen

Georg Schramm (Zweiter von rechts) und die anderen Träger des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg in Rust: Foto: dpa
Erstveröffentlicht: 
02.05.2011

Der Kabarettist Georg Schramm hat bei der Verleihung des Kleinkunstpreises des Landes der CDU den Spiegel vorgehalten – ganz bewusst, wie sich im Nachhinein zeigt. Unflätige Zwischenrufe stachelten seinen Furor nur weiter an.

 

Es war ein starker Auftritt: Georg Schramm holte in seiner Figur des notorisch schlecht gelaunten Rentners Lothar Dombrowski weit aus und las speziell den anwesenden christdemokratischen Honoratioren am Samstag im Festsaal des "Teatro dell Arte" des Europapark in Rust dermaßen die Leviten, dass Friedhelm Repnik, der Chef der Lottogesellschaft, dem Ehrenpreisträger des Kleinkunstpreises 2011 den Handschlag verweigerte – auf den sich Repnik laut vorab verbreiteter Pressemitteilung aber "besonders" gefreut haben will. Schramm war 1986 einer der ersten Träger des damals neu geschaffenen Kleinkunstpreises des Landes Baden-Württemberg, aber da war Repnik noch Apotheker in Rottenburg.

Repniks CDU-Parteifreund, der Noch-Staatsminister Helmut Rau hatte wohl eine Vorahnung bei einem seiner letzten Auftritte im Amt. Ja, man müsse sich in der Kleinkunst schon das eine oder andere anhören, was einem nicht gefalle, sage er noch jovial zur Begrüßung der Gäste. Schließlich stehe man ja im Lichte der Öffentlichkeit. Aber als es dann auch so kam, stieß es dem Minister heftig als "Publikumsbeschimpfung" auf. Immerhin gehörte Rau zu denen, die ihre gute Kinderstube nicht vergaßen, im Gegensatz zu "Arschloch"-Rufern auf den vornehmen Plätzen.

"Wer Schramm einlädt, muss mit scharfer Kost rechnen", kommentiert Martin Wiedemann, Chef des Freiburger Kuturzentrums Vorderhaus den Eklat. Auch mit dem Abstand von zwei Tagen findet er den Auftritt von Schramm jedoch nicht als unangemessen: "Ein Kabarettist, der einen Preis bekommt, hat nicht die Pflicht, zu loben oder einen Bückling zu machen."

 

Die teils unflätigen und weitgehend unsouveränen Reaktionen der Kritisierten sind für Wiedemann der beste Beweis dafür, dass der Kleinkunstpreis "dorthin gehört, wo Kleinkunst das ganze Jahr über gespielt wird, auf eine Kleinkunstbühne". Auch dort gebe es sehr schöne und angemessene Lokalitäten. Anfangs wurde der Kleinkunstpreis auch tatsächlich auf kleinen Bühnen verliehen, und als es 2003 darum ging, eine Gala im Europark daraus zu machen, wehrten sich etliche Juroren. Vergeblich.

Der Ehrenpreis 2011 ist nicht die erste Auszeichnung für den 62-jährigen Georg Schramm, der relativ spät und nach langjähriger Berufstätigkeit als Psychologe auf die Bretter des Kabaretts wechselte. In seiner Karriere hat er gewonnen, was möglich ist, den Deutschen Kleinkunstpreis, den Deutschen Kabarettpreis, den Prix Pantheon und etliche andere Preise. Er hat, räumt Schramm ein, "ein durchaus gespaltenes Verhältnis" zu solchen Preisverleihungen. Als er 1991 den Deutschen Kleinkunstpreis bekam, verhöhnte er den Altmeister und Preisübergeber Hanns Dieter Hüsch als "Vorleseopa". Der blieb gelassen, im Gegensatz zu einem Teil des Publikums, der nicht aufhören wollte, zu buhen. "Amüsiert Euch weiter, wie es Euch gefällt", rief Schramm und verließ den Saal.

Keine weitere Stellungnahme

Seinen Auftritt vom Samstag in Rust bereut der Lotto-Ehrenpreisträger 2011 nicht: "Ich nehme keinen Satz zurück", sagte Schramm der BZ nach dem Auftritt. Am Montag war der Kabarettist für weitere Stellungnahmen nicht zu erreichen. "Ich wusste um die Zusammensetzung des Publikums und diese Gelegenheit wollte ich nicht verstreichen lassen." Er hat sie weidlich genutzt, vom missglückten Versuch, den Marinerichter Hans Filbinger im Freiburger Münster zum Widerstandskämpfer umzureden bis zur Endlagerung von "abgebrannten Politikern" in landeseigenen Gesellschaften, dies und noch mehr haute Dombrowski-Schramm an- und abwesenden CDU-Größen um die Ohren.

In den hinteren Reihen wurde gejubelt, vorne beleidigt, was das Zeug hielt. "Als ich das merkte, bin ich noch einmal in Fahrt geraten. Ich habe mich in Rage geredet", räumt Schramm ein, der eigentlich schon fast fertig war mit seinem Programm. Doch "die Dramaturgie ist mir etwas entglitten", sagt er und bedauert allenfalls, nicht früher aufgehört zu haben. "Ich hätte sie mit ihren erstarrten Mienen sitzen lassen sollen". Für Schramm ist es "ein Glücksfall, wenn man ein Publikum spalten kann, das gelingt ganz selten". Aber genau das müsse Kabarett leisten. Und das hat es nicht nur am Samstagabend vor Ort geleistet: Der erste Beitrag über den Eklat auf dieser Webseite wurde über 60 mal kommentiert, der Artikel 50.000 Mal angeklickt. Zum Vergleich: Den zeitgleich online gegangenen Beitrag, dass Offenburg bei "Wetten, dass..?" die Saalwette gegen Thomas Gottschalk gewann, riefen nur 2800 Leser auf.

 

 

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