Das hessenweite Tanzverbot rund um Karfreitag sorgt vor allem in Frankfurt für Streit. Geschätzte 1.500 "stille Tänzer" protestierten am Nachmittag dagegen - bei einem "Smartmob" auf dem Römerberg.
Über das Internet-Netzwerk Facebook hatten Gegner des Tanzverbots in Frankfurt zu der Spontan-Demo vor dem Rathaus Römer aufgerufen. Nach Angaben der Veranstalter kamen etwa 2.000 Teilnehmer. Die Polizei sprach dagegen von 800 bis 1.000 Demonstranten. Die meisten von ihnen tanzten "still" zur Musik, die sie über Kopfhörer von mitgebrachten MP3-Playern hörten. Die Veranstaltung verlief friedlich.
Frankfurts Ordnungsdezernent im Visier
"Das war ein voller Erfolg, der Platz war voll", berichtete Marcus
Bender alias DJ Marc Keen, einer der so genannten Smartmobber, gegenüber
hr-online. Mit der Aktion habe man es geschafft, eine breite
Öffentlichkeit zu erreichen. Allerdings sei die Demo nicht ganz ruhig
verlaufen, vereinzelt habe es Gegröle gegeben, beklagte er.
Einige der "Smartmobber" trugen Masken mit dem Bild des Frankfurter
Ordnungsdezernenten Volker Stein (FDP). Dieser hatte angekündigt, das im
hessischen Feiertagsgesetz verankerte Tanzverbot zu Ostern in diesem
Jahr zum ersten Mal konsequent durchsetzen zu wollen.
Ironie des Zufalls: Parallel zum "Flashmob" überquerten mehrere Christen
der kroatischen Gemeinde bei ihrer traditionellen Karfreitagsprozession
den Römerberg. Sie betrachteten das bunte Treiben der "stillen Tänzer"
mit Verwunderung.
Plötzlich wird kontrolliert
Seit 1952 untersagt das hessische Feiertagsgesetz das öffentliche Tanzen
von Gründonnerstag, 4 Uhr, bis Karsamstag um Mitternacht sowie am
Ostersonntag und Ostermontag von 4 Uhr früh bis 12 Uhr mittags.
Jahrelang hatte das Ordnungsamt das Verbot nicht kontrolliert, viele
Clubs und Diskotheken hatten geöffnet. Erst Proteste mehrerer
Frankfurter Bürger veranlassten das Ordnungsamt zum Handeln. Die Stadt
verschickte in diesem Jahr zum ersten Mal Informationsschreiben an rund
30 Disko-Betreiber und kündigte Kontrollen an.
Keine Verstöße bei ersten Stichproben
Und tatsächlich gab es in der Nacht zum Karfreitag in Frankfurt
stichprobenartige Kontrollen der Ordnungshüter. Dabei wurden nach ersten
Erkenntnissen der "hessenschau" des hr-fernsehens keine Verstöße
festgestellt.
Einzelne Diskos waren geschlossen. Andere hängten Schilder aus, auf
denen die Besucher aufgefordert wurden, sich nicht zur Musik zu bewegen.
Streit spaltet Bevölkerung
Mehrere Disko- und Clubbetreiber hatten Oberbürgermeisterin Petra Roth
(CDU) in dieser Woche in einem offenen Brief aufgefordert, dass die
Stadt auf Kontrollen verzichten solle. Im Internet werden seit Tagen
Unterschriften für eine Petition gegen das Tanzverbot an Feiertagen
gesammelt. Bis Karfreitag wurden mehr als 5.000 Unterstützer gezählt.
Auch im Landtag führte das Tanzverbot zu einer Kontroverse. Während die
Regierungsparteien CDU und FDP das Feiertagsgesetz verteidigten, nannte
es die Frankfurter Grünen-Abgeordnete Sarah Sorge "nicht mehr zeitgemäß"
und forderte eine Reform.
Kirchen verteidigen Tanzverbot
Auch die Kirchen befürworteten das Tanzverbot. Der Fuldaer Bischof Heinz
Josef Algermissen meinte, es sei selbstverständlich, dass die Ruhe an
einem der höchsten Feiertage der Christen eingehalten werde. Das hohe
Kulturgut religiöser Feiertage dürfe nicht preisgegeben werden.
Der Sprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Roger
Töpelmann, erklärte, dieser Tag mache auf Leiden in der Welt wie in
Fukushima und Libyen aufmerksam. Dieser Gedanke vertrage sich nicht mit
Ansichten, die "jedem Bürger zu jeder Zeit freie Selbstverwirklichung
zubilligen".