Der Bundesanwalt ermittelt nach dem Brandanschlag auf eine Berliner Polizeiwache, zu der sich die "autonome gruppen" bekannt haben. Sie bezogen sich auf die Räumung der Liebigstraße 14 und den kommenden 1. Mai.
Nach dem Brandanschlag auf das Dienstgebäude des Polizeiabschnitts 51 in Friedrichshain hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe jetzt die Ermittlungen übernommen. Da bei den Angriffen mit Brandsätzen auch ein Mensch in Gefahr geriet, werde den bislang unbekannten Tätern jetzt unter anderem auch versuchter gemeinschaftlicher Mord vorgeworfen, sagte Frank Walenta, Sprecher der Anklagebehörde, am Mittwoch. Unterdessen haben sich Linksautonome zu dem Anschlag am frühen Montagmorgen bekannt. Im Internet tauchte ein Bekennerschreiben auf, das mit „autonome gruppen“ unterschrieben ist. Die Bundesanwälte prüfen derzeit allerdings noch die Echtheit des Selbstbezichtigungsschreibens.
Mehrere Vermummte am Montagmorgen das Polizeigebäude an der Wedekindstraße mit Brandsätzen und Steinen angegriffen. Zum Zeitpunkt des Angriffs befand sich eine Reinigungskraft im Vorraum der Wache und war nach Polizeiangaben von den mannshohen Flammen eingeschlossen. Ein Polizeibeamter zog den 27-Jährigen schnell durch eine zweite Sicherheitstür und bewahrte den Mann so vor schlimmen Verletzungen. Zudem hatten die Täter an den umliegenden Kreuzungen Krähenfüße ausgelegt, wodurch Reifen einiger Fahrräder und Autos Platten bekamen. Obwohl einer der Wachleute aus dem Fenster sprang, um die Angreifer zu verfolgen, konnten die sechs oder sieben Täter auf Fahrrädern flüchten.
Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwoch, zwei Tage nach dem Brandanschlag, die Ermittlungen übernommen. Nach Angaben eines Sprechers könne die Behörde in besonderen Fällen so verfahren. Der Anschlag sei ein solcher Fall, weil ein Mensch in große Gefahr geraten und es nicht bei einer Sachbeschädigung geblieben sei. Neben dem Tatvorwurf des versuchten Mordes ermittelt der Generalbundesanwalt auch wegen des Verdachts der besonders schweren gemeinschaftlichen Brandstiftung. Den Angaben zufolge haben das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen.
AUTONOME RECHTFERTIGEN GEWALT
In dem Bekennerschreiben behaupten die Autoren, dass niemand einer direkten Gefahr ausgesetzt gewesen sei. Zudem hätten sie die Krähenfüße mit Warndreiecken kenntlich gemacht. Als Begründung für den Angriff hieß es in dem Schreiben wörtlich: „von dieser wache werden die einsätze gefahren um den reibungslosen ablauf von kommerz und profitmaximierung im friedrichshainer kiez zu sichern.“ Zynisch und in szenetypischer Verdrehung sämtlicher Tatsachen erklären die Autoren weiter, mit dem Anschlag an der Wedekindstraße jener Mitstreiter, „die durch polizeigewalt zu tode kamen“, zu gedenken. In dem Schreiben wird nicht nur auf die im Februar erfolgte Räumung des linksalternativen Hausprojekts Liebigstraße 14 Bezug genommen, sondern auch auf den bevorstehenden 1. Mai. Kreuzberg werde zur „polizeilichen besatzungszone“ und zum „experimentierfeld für konzepte der aufstandsbekämpfung“.
Politiker, Sicherheitsexperten und szenekundige Polizeibeamte hatten den Anschlag bereits vor Bekanntwerden des Bekennerschreibens als Vorboten des 1. Mai bezeichnet. Für den mobilisieren inzwischen nicht nur die linke Szene und ihre Sympathisanten, auch Extremisten und gewaltbereite Autonome lassen schon mal verbal die Muskeln spielen. Die Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB) will laut eigener martialischer Ankündigung den 1. Mai zum „Tag des Zorns“ machen und ruft dazu auf, den Kampf mit allen Mitteln zu führen. Staats- und Verfassungsschützer rätseln noch, ob diese Ankündigungen nur übliches Wortgetöse sind oder ein ernst zu nehmender Aufruf zur Gewalt. Durch die Tatsache, dass die ARAB dahintersteckt, lässt sich Letzteres zumindest nicht ausschließen. Verfassungsschützer attestieren der Gruppe, Gewalt als legitimes Mittel des Protestes zu befürworten. Die Staatsanwaltschaft ermittelte bereits mehrfach wegen Aufforderung zu Straftaten.
Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) geht davon aus, dass „einige Hundert“ Personen am 1. Mai wieder die Auseinandersetzung mit der Polizei suchen werden. Sorgen bereitet den Behörden wie in jedem Jahr vor allem die „revolutionäre Mai-Demo“, die ab 18 Uhr unterwegs ist und in deren Umfeld es alljährlich zu Ausschreitungen kommt. In diesem Jahr haben die Initiatoren eine Route angemeldet, die vom Kottbusser Tor über die Sonnenallee und die Karl-Marx-Straße bis zum Südstern in Neukölln führt. Ob die Route genehmigt wird, ist allerdings noch unklar. In der Vergangenheit hatte die Polizei als Versammlungsbehörde regelmäßig Auflagen zum Streckenverlauf erlassen, über die letztlich die Gerichte entscheiden mussten.