Die Kampagne „ABOLISH – diskriminierende Gesetze gegen Flüchtlinge abschaffen!“ rief am 22. März zu bundesweiten Aktionen auf, um über die rassistischen Flüchtlingsgesetze in Deutschland zu informieren. In insgesamt 28 Städten fanden an diesem Tag Aktionen statt.
Auch in der Heidelberger Fußgängerzone trug sich an diesem Tag ein politisches Straßentheater zu, welches auf die rassistischen Sondergesetze für Menschen ohne deutschen Pass aufmerksam machte.
Kampagnenhomepage: ABOLISH!
Mitten in der Hauptstraße, der Einkaufsmeile Heidelbergs, wurden Migrant*innen ohne deutschen Pass von Grenzwächtern festgenommen, abgeführt und abgeschoben. Manche sperrten die Vollstreckungsbeamten in das Abschiebegefängnis des Landkreises, andere wurden sogleich über die Grenze „aus Deutschland raus“ gezerrt. Auch das Übertreten der einzelnen Landkreise führte zu Schikanen oder unmittelbar in den Abschiebeknast. Ein Grenzwächter erklärte währenddessen den vorbeilaufenden Passant*innen, dass es nichts zu sehen gäbe und die Grenzpolizei alles unter Kontrolle hätte, denn: „Abschiebungen führen wir täglich durch, wir haben darin Routine.“
Das Straßentheater erregte bei vielen Passant*innen Aufmerksamkeit, die Reaktionen fielen jedoch kontrovers aus: Manche begrüßten die Problematisierung der menschenverachtenden Abschriebepraktiken des deutschen Staates. Andere zeigten sich von der Inszenierung betroffen und mitleidig gegenüber den Opfern des Abschieberegimes. Das Gros der Passant*innen jedoch verdeutlichte wie sehr sie schon den rassistischen Diskurs verinnerlicht haben. Abschiebungen seien ein notwendiges Mittel, schließlich könne Deutschland nicht jeden Flüchtling aufnehmen. So genannten Wirtschaftsflüchtlingen wird darüber hinaus schon jegliche Berechtigung zu Einreise, Asyl und Aufenthalt entzogen, da ihre Herkunftsländer letztendlich an der miserablen Wirtschaftslage selbst schuld seien.
Dennoch konnte das Straßentheater das Thema kreativ in die Öffentlichkeit tragen. Über dessen Dauer hinweg zeigten viele Fußgänger*innen Interesse an der Performance. Der Infostand kam Nachfragen und dem Interesse an weiteren Informationen entgegen und regte manche Diskussion an.
Ihren Abschluss fand die Aktion durch einen Redebeitrag eines Aktivisten, der selbst seit vier Jahren in einem der so genannten „Gemeinschaftsunterkünfte“ im Rhein-Neckar-Kreis lebt. Die Lebensbedingungen in diesen Unterbringungen sind zutiefst menschenunwürdig: mindestens vier Personen müssen zusammen in einem 8 m² -Zimmer leben und dürfen nur mit Essensbons bestimmte Lebensmittel einkaufen. Häufig bekommen sie nur abgelaufene Nahrungsmittel gestellt. In Baden-Württemberg wird die Situation zudem durch die Regelung verschärft. Asylsuchende dürfen den Landkreis ihres Wohnorts nicht verlassen ohne eine zuvor beantragte schriftliche Genehmigung. Besuche von Sprachkursen oder Freund*innen in nahe gelegenen Städten beispielsweise macht dies meist unmöglich. Ein Verstoß gegen diese Auflagen kann zur polizeilichen Überführung in Abschiebegefängnisse führen.
Ein Leben in Würde und der Schutz ihrer als Mensch verbrieften Grundrechte wird den Flüchtlingen verwehrt. Das Erstreiten dieser ist ein notwendiger Schritt, um ein emanzipatorisches Leben aller in Solidarität miteinander zu erreichen!
Wir hoffen durch diese Aktion einige Menschen über den rassistischen und unwürdigen Alltag von Flüchtlingen in Deutschland sensibilisiert und – im besten Fall – auch zum Handeln bewegt zu haben. Auf jeden Fall konnte eine Störung des konsumorientierten Normalbetriebs in der Heidelberger Fußgängerzone erreicht und Aufmerksamkeit auf die zu bekämpfenden rassistischen Gesetze für Menschen ohne deutschen Pass gelenkt werden.
Aufgetaucht! Initiative gegen die Illegalisierung von Migrant*innen
und Freund*innen