Eine Veranstaltung mit Freerk Huisken
Ausbildung macht dumm. Das steht nicht für ein Versagen von Schule und Universität, sondern das gehört zu den Aufträgen des deutschen Bildungssystems. Dummheit, was ist das?
Es fällt nicht unter Dummheit, wenn man die Rechtschreibung nicht beherrscht, nur schlecht lesen und rechnen kann oder die Nebenflüsse des Rheins nicht kennt. Das ist fehlendes Wissen, das kann man sich aneignen. Besser: das könnte man sich aneignen, wenn das Schulwesen tatsächlich das Anliegen verfolgen würde, den Nachwuchs solide in die „Kulturtechniken“ einzuführen und ihm ausgereiftes Wissen über Natur und Gesellschaft zu vermitteln. Tut es aber nicht.
Unter Dummheit fällt dagegen ziemlich viel von dem was man lernt, und zwar als Hauptschüler wie als Gymnasiast und als Student. Es fällt darunter die Ausstattung der Jugend mit einer Fülle falscher Urteile über Gott und die Welt. Das liegt nicht daran, dass sich Schulbuchverfasser und Lehrer einfach nur irren, wenn sie die Schüler mit ihren Lehren über Demokratie und Faschismus, über Geld und Markt, über Familie und Staat traktieren. Das tun sie auch. Aber das trifft nicht die Sache. Dafür sind die Dummheiten viel zu resistent gegen Argumente und haben bereits zu viele Jahrzehnte in Schulbüchern überdauert. Die frühzeitige Aneignung einer gehörigen Portion Dummheit braucht es vielmehr für die geistige Ausstattung des mündigen Bürgers. Gefordert ist sie für Leistungen, die hierzulande ständig gefordert sind: nämlich für die freiwillige Unterordnung unter alle Zwänge und Sachzwänge dieser Gesellschaft. Dummheit ist parteiliches Denken.
Zu dem gehört auch all das, was man in der Schule über Noten und Leistungsvergleiche lernt: Jeder habe den Schulerfolg mit seiner Anstrengung selbst in der Hand, lautet das Credo, das Partei nimmt für die Organisation des Lernens als Lernkonkurrenz. Merkwürdig nur, dass vor jeder Lernanstrengung der Schüler bereits feststeht, dass die Mehrheit von ihnen zum Abitur gar nicht erst zugelassen wird. Und warum landet wohl mit unschöner Regelmäßigkeit die Mehrzahl der Kinder von armen Leuten immer wieder in der gesellschaftlichen Schicht oder Klasse, aus der sie kommen? Strengen die sich denn nicht an?
All das leistet Erziehung in einer sogenannten Wissensgeschellschaft. Aber vielleicht ist das ja gar kein Gegensatz zu einer Erziehung, die den Nachwuchs auf parteiliches, also falsches Denken einschwört und zum funktionierenden Teilnehmer an der allgemeinen Konkurrenz erzieht.
Veranstalter:
Radikale Linke Bochum
Kulturzentrum Bahnhof Langendreer
Termin:
5. Mai 2011 – 19:30
Ort:
Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108
Der Referent:
Freerk Huisken, Jahrgang 1941, studierte Pädagogik in Oldenburg und war danach bis 1967 als Lehrer tätig. Danach studierte er Pädagogik, Politik und Psychologie in Erlangen-Nürnberg. Seit 1971 war er Professor an der Universität Bremen im Gebiet der Politischen Ökonomie des Ausbildungssektors. Seit März 2006 ist er im Ruhestand.