Eine Veranstaltung mit Erich Ribolits
Die Schule soll uns zu leistungsbringenden, konformen und verwertbaren Individuen heranziehen. Grundsätzlich ist das Ziel der Schulbildung nicht die Herausbildung selbstbestimmter und -bewusster Individuen, sondern die Produktion von verwertbarem Menschenmaterial. Allgemeine Konkurrenz, genau so wie kritikloses Gehorchen gegenüber Autoritäten gehört schon seit über 100 Jahren zum Standardrepertoire dessen, was in der Schule unterm Strich vermittelt wird. Seit einiger Zeit allerdings lassen sich neue Konzepte im Unterricht feststellen. Statt dem sogenannten „Frontalunterricht“, bei dem nur der Lehrer redet, sollen Schüler_innen aktiv in den Unterricht mit einbezogen werden. Gruppenarbeiten, selbstbestimmtes Lernen, lernen im eigenen Tempo gelten neuerdings als pädagogische Erfolgsrezepte. An der Konzeption der Schule als Ort der Zurichtung für die Verwertung ändert das allerdings nichts. Um Bildung, die den Interessen und Fähigkeiten der Schüler_innen entspricht und ihre sozialen, intellektuellen und menschlichen Pontenziale fördert, handelt es sich weiterhin nicht.
Viel mehr um eine Reaktion auf die veränderte Situation am Arbeitsmarkt. Durch den technischen Fortschritt wird weniger der fleißige und gehorsame Industriearbeiter verlangt, sondern vielmehr Arbeitskräfte, die die Produktion und die Vermarktung verwalten und planen. Hier sind berufliche Eigenverantwortung, Selbstgeißelung und „Flexibilität“ gefragt. Wer auf der neuen Situation am Arbeitsmarkt keinen Job mehr findet, der soll dies ganz eigenverantwortlich als seine eigene Schuld anerkennen – und boß keine gesellschaftskritischen Ansätze dazu entwickeln. Hier wird der sich selbst bestimmen wollende Schüler an der Nase herumgeführt. Statt mehr Freiheiten erhält er nur die Freiheit, sich selbst zu zwingen – bei Strafe seines eigenes Untergangs.
Veranstalter:
Radikale Linke Bochum
Kulturzentrum Bahnhof Langendreer
Termin:
31. Mai 2011 / 19:30 Uhr
Ort:
Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108
Der Referent:
Professor Erich Ribolits, geb. 1947 in Wien, war ursprünglich als Techniker, dann als Berufsschullehrer und später in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern berufsbildender Schulen tätig. Zuletzt war er Leiter der Abteilung für Aus- und Weiterbildungsforschung am Institut für Bildungswissenschaften der Universität Wien. Seit seiner Pensionierung 2008 ist er weiterhin als Privatdozent tätig. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Verhältnis von Arbeit, Bildung und Gesellschaft. Letzte Buchveröffentlichung: Bildung ohne Wert. Wider die Humankapitalisierung des Menschen.