Stuttgart: Frauenkampf heißt Klassenkampf! Aktionen zum 8. März

Frauenkampf heißt Klassenkampf

Am 8. März jährt sich der internationale Frauenkampftag das 100. Mal. Wie in vielen anderen Städten auch, organisieren linke AktivistInnen aus Stuttgart und Region Aktivitäten zu diesem symbolträchtigen Datum für den Kampf um die Befreiung der Frau und für eine solidarische und antikapitalistische gesellschaftliche Perspektive. Am Tag selber findet dazu eine Demonstration in Tübingen statt, am folgenden Wochenende geht es mit einem internationalistischem Fest mit Kulturprogramm, Vorträgen und anschließender Party in Stuttgart weiter.

 

Frauen zurück auf die Barrikaden

Vor 100 Jahren wurde am 19. März 1911 der Internationale Frauenkampftag das erste Mal begangen, nachdem Clara Zetkin auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 die Einführung eines solchen Tages gefordert hatte.  Ein jährlich stattfindender Kampftag  sollte unter anderem als Instrument für die Einführung des Frauenwahlrechtes dienen. 1921 wurde der 8. März zu Ehren der Rolle der Frauen in der russischen Februarrevolution von 1917 als internationaler Gedenktag von der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen in Moskau eingeführt.

Heute, hundert Jahre später, ist dieses Datum und der damit verbundene Inhalt immer noch von Bedeutung, denn noch immer müssen Frauen weltweit für Gleichberechtigung, für die Befreiung von patriarchaler Unterdrückung und gegen Ausbeutung kämpfen.

 

 

100 Jahre Kampf für Emanzipation und Gleichberechtigung

Nach Ende des 1. Weltkrieges wurde mit Gründung der Weimarer Republik das Wahlrecht für Frauen eingeführt, so dass sich die gesetzten Aufgaben und Ziele des Weltfrauentages änderten: Die neuen Themen waren Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich, die Senkung der Lebensmittelpreise, regelmäßige Schulspeisungen, sowie der legale Schwangerschaftsabbruch.

Während des deutschen Faschismus wurde der Internationale Frauenkampftag aufgrund seiner sozialistischen Ursprünge in Deutschland verboten. Stattdessen wurde der Muttertag eingeführt, um die Rolle der Frau entsprechend der NS-Ideologie zu festigen. Frauen sollten hier einzig als „Gebärmaschinen“ und dem Faschismus gegenüber als loyale Mütter und Ehefrauen dienen.

Ab dem Jahr 1945 entstanden in Westdeutschland wieder Frauenorganisationen. Sie wollten den demokratischen Wiederaufbau mitgestalten und sahen ihn ohne die Teilhabe und gleichberechtigte Mitwirkung der Frauen als nicht durchführbar. So bildeten sich noch vor den ersten Wahlen oder gar der Wiedergründung von Parteien Ende 1945/ Anfang 1946 sogenannte Frauenausschüsse, an denen die offizielle Politik jedoch nur wenig Interesse zeigte. Frauen, die berufstätig waren und sich nicht nur dem Haushalt und der Familie widmeten, wurden in der jungen BRD gesellschaftlich schlichtweg nicht geachtet.

In der DDR hingegen wurden Frauen ins Erwerbsleben integriert und berufstätige Mütter waren keine geächteten Einzelfälle, sondern Standard. Krippen, Ganztageskindergärten und -schulen oder Horte ermöglichten es den Frauen  weitestgehend eigenständig und erwerbstätig zu sein. Dennoch trugen sie auch hier weiterhin die Hauptverantwortung für die Erziehung der Kinder und für den Haushalt, verdienten oft weniger als Männer und waren in Führungspositionen unterrepräsentiert. Die gesellschaftliche Stellung der Frau wurde insgesamt zwar deutlich verbessert, von einer wirklichen Emanzipation konnte allerdings noch nicht die Rede sein.

In der BRD war ein extrem konservativ geprägtes Frauen- und Familienbild lange Zeit Normalität. Ab Mitte der 50er Jahre wurden hier weibliche Arbeitskräfte gesucht, was dazu führte, dass Frauen nun zwar arbeiten gehen konnten, jedoch größtenteils auch weiterhin für den Haushalt verantwortlich waren. Hinzu kommt, dass die meisten erwerbstätigen Frauen nur in Teilzeit beschäftigt waren und wesentlich weniger als Männer verdienten.

Erst Ende der 60er bildete sich aus der linken Studentenbewegung die 'neue' Frauenbewegung heraus, welche eine Welle von Gründungen von Frauengruppen und -projekten nach sich zog. Die Widerstandsformen veränderten sich, es kam zu Aktionen des zivilen Ungehorsams und Themen wie Schwangerschaftsabbruch, die Befreiung von der ökonomischen Abhängigkeit und der Bevormundung durch den Mann, Sexualität und sexuelle Selbstbestimmung, sowie Gleichheit in Bildung und Beruf rückten in den Vordergrund der inhaltlichen Auseinandersetzung. Viele Frauen organisierten sich  „autonom“: Sie wollten sich als Frauen selbst organisieren und dies vor allem eher in kleineren Gruppen als in zu großen Strukturen, um dem Aufbau von Machtstrukturen entgegen zu wirken. Dazu kam es zur Gründung von autonomen Frauenbuchläden, Frauenverlagen und Frauenseminaren.

 

 

Heute wie damals - Kampf dem Patriarchat

Auch heute, hundert Jahre nach dem ersten Begehen des Internationalen Frauentages, gibt es für die Sache der Frau noch Vieles zu tun.

Viele Frauen leiden sowohl im privaten, wie auch im öffentlichen Leben - etwa am Arbeitsplatz - noch immer unter psychischer und physischer Gewalt durch Männer. Zugleich wird ein Großteil der Billig- und Teilzeitjobs von Frauen ausgeführt. Niedrige Stundenlöhne und befristete Verträge verhindern dabei ein sicheres Einkommen und erschweren eine Einflussnahme und Mitgestaltung der Arbeitsverhältnisse durch Frauen. Statistisch verdienen Männer bei gleicher Arbeit und Qualifikation immer noch 23% mehr als Frauen, während ihnen auch weiterhin die besseren sozialen und ökonomischen Aufstiegschancen gewährt werden.

Frauen wie Angela Merkel setzen die von Männern erstellten und dominierten Ausbeutungsverhältnisse fort und zementieren die herrschaftskonformen Geschlechterrollen, statt sie aufzulösen. Sie sind keine Vorzeigefiguren der Frauenemanzipation, sondern stehen für die modernisierte Neugestaltung einer patriarchalen Klassenherrschaft. Der Aufstieg solcher Frauen steht im krassen Gegensatz zur steigenden Armut eines großen Teils der Bevölkerung. Darunter finden sich vor allem Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Erwerbslose. In diesen Gruppen sind Frauen überproportional häufig vertreten.

Auf internationaler Ebene gehören Frauen und Kinder zu den ersten Opfern von Kriegen und deren Konsequenzen wie Nahrungsmittelmangel, fehlender Infrastruktur und ansteigender sexualisierter Gewalt. Hinzu kommen global verbreitete und stets aktuelle frauenspezifische Probleme wie Zwangsehen, Prostitution und Genitalverstümmelungen .

Ein Thema welches die deutsche Frauenbewegung schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigt ist das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und der Kampf gegen den Verbots-Paragrafen 218. Die Abschaffung des Paragrafen wurde bereits 1905 von Frauen gefordert, da er einen „unwürdigen Eingriff in die allerintimste Privatangelegenheit“ einer Frau darstelle. Trotz einer mutigen Kampagne 1971, bei der sich Frauen öffentlich dazu bekannten, abgetrieben zu haben, ist dieser Paragraf bis heute in Kraft. Eine Duldung von Schwangerschaftsabbrüchen nach aufgezwungener vorheriger Beratung kann nicht über das Fortbestehen des Verbots-Paragrafen und der dadurch vollzogenen Kriminalisierung der Selbstbestimmung der Frau über ihren eigenen Körper hinwegtäuschen.

 

 

Frauenkampf heißt Klassenkampf

 

Auch heute, hundert Jahre nach dem ersten Begehen des Internationalen Frauentages, gibt es für die Sache der Frau noch Vieles zu tun.

Viele Frauen leiden sowohl im privaten, wie auch im öffentlichen Leben - etwa am Arbeitsplatz - noch immer unter psychischer und physischer Gewalt durch Männer. Zugleich wird ein Großteil der Billig- und Teilzeitjobs von Frauen ausgeführt. Niedrige Stundenlöhne und befristete Verträge verhindern dabei ein sicheres Einkommen und erschweren eine Einflussnahme und Mitgestaltung der Arbeitsverhältnisse durch Frauen. Statistisch verdienen Männer bei gleicher Arbeit und Qualifikation immer noch 23% mehr als Frauen, während ihnen auch weiterhin die besseren sozialen und ökonomischen Aufstiegschancen gewährt werden.

Frauen wie Angela Merkel setzen die von Männern erstellten und dominierten Ausbeutungsverhältnisse fort und zementieren die herrschaftskonformen Geschlechterrollen, statt sie aufzulösen. Sie sind keine Vorzeigefiguren der Frauenemanzipation, sondern stehen für die modernisierte Neugestaltung einer patriarchalen Klassenherrschaft. Der Aufstieg solcher Frauen steht im krassen Gegensatz zur steigenden Armut eines großen Teils der Bevölkerung. Darunter finden sich vor allem Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Erwerbslose. In diesen Gruppen sind Frauen überproportional häufig vertreten.

Auf internationaler Ebene gehören Frauen und Kinder zu den ersten Opfern von Kriegen und deren Konsequenzen wie Nahrungsmittelmangel, fehlender Infrastruktur und ansteigender sexualisierter Gewalt. Hinzu kommen global verbreitete und stets aktuelle frauenspezifische Probleme wie Zwangsehen, Prostitution und Genitalverstümmelungen .

Ein Thema welches die deutsche Frauenbewegung schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigt ist das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und der Kampf gegen den Verbots-Paragrafen 218. Die Abschaffung des Paragrafen wurde bereits 1905 von Frauen gefordert, da er einen „unwürdigen Eingriff in die allerintimste Privatangelegenheit“ einer Frau darstelle. Trotz einer mutigen Kampagne 1971, bei der sich Frauen öffentlich dazu bekannten, abgetrieben zu haben, ist dieser Paragraf bis heute in Kraft. Eine Duldung von Schwangerschaftsabbrüchen nach aufgezwungener vorheriger Beratung kann nicht über das Fortbestehen des Verbots-Paragrafen und der dadurch vollzogenen Kriminalisierung der Selbstbestimmung der Frau über ihren eigenen Körper hinwegtäuschen.

Wir können nicht abwarten, bis Frauen eine gleichberechtigte Stellung in der noch von Männern dominierten Gesellschaft bekommen, sondern müssen uns in ständigem Kampf für ein emanzipiertes Zusammenleben einsetzen. Klar muss sein, dass Frauen von den vielfältigen gesellschaftlichen Zwängen und Unterdrückungsmechanismen nicht los kommen, ohne deren Grundlage - den Kapitalismus an sich - zu bekämpfen und sich von der ökonomischen Ausbeutung und Vereinzelung zu befreien. Die Perspektive einer geschlechtlich gleichberechtigten Gesellschaft kann nur antikapitalistisch sein.

 

Termine:


Dienstag 8.3.

Demonstration zum internationalen Frauenkampftag in Tübingen

Zugfahrt aus Stuttgart: Treffpunkt 15 Uhr / Abfahrt 15.22 Uhr/ Gleis 2 Hbf

Demobeginn: 17 Uhr Tübingen Holzmarkt

 

Mittwoch 9.3.

Prozess gegen linke AktivistInnen

Am 9. März findet um 9 Uhr vor dem Stuttgarter Amtsgericht ein Prozess gegen drei linke AktivistInnen statt.

Ihnen wird vorgeworfen in der Nacht zum 8. März 2010 das Haus der Burschenschaft „Germania“ auf der Uhlandshöhe in Stuttgart mit der Parole "Frauenkampf ist Klassenkampf" und ein Aufruf zum internationalen Frauenkampftag besprüht zu haben. Das elitäre Verbindungswesen der Burschenschaften, ihr reaktionärer Männlichkeitskult und ihre Nähe zu verschiedenen Spektren der politischen Rechten zeigen klar, dass der Kampf gegen die Unterdrückung der Frau und für eine befreite Gesellschaft zugleich immer auch ein Kampf gegen die Bewahrer steinzeitlicher Traditionen an den Universitäten sein muss.

Kommt zum Prozess und unterstützt die Angeklagten! Emanzipation statt Elite!

 

 

Samstag 12.3.

Internationalistisches Politik- und Kulturfest

Ab 16 Uhr im Bürgerzentrum West, Bebelstraße 22, 70193 Stuttgart

Haltestelle Schwab-/Bebelstraße U-Bahn: U2,U9 Bus: 42

 

Programm:

-Brigitte Kiechle (Rechtsanwältin) über die Rolle der Frau im kurdischen Befreiungskampf

-Bericht von der internationalen Frauenkonferenz 2011 in Venezuela

-Christina Frank (ver.di) zu aktuellen Arbeitskämpfen junger Frauen

-Stellwandausstellung zur Geschichte des Frauenkampfes

-Theatergruppe „Das Chaos Quartett (3+1)“

-Bauchtanz

Anschließend Party im Linken Zentrum Lilo Herrmann mit Conscious & Ezzcape und Jaggabites Combo