Die Theaterleitung will Mehrarbeit streichen — Gewerkschaft und Personalrat vermuten, dass Billiglöhner einspringen sollen
Von unserem Redakteur Uwe Mauch
Hinter den Theaterkulissen rumort es. Die Leitung will bei einem Teil der Belegschaft die Mehrarbeit zurückfahren, um Kosten zu senken. Der Personalrat ist strikt dagegen, weil er hohe Lohneinbußen befürchtet. Gleichzeitig aber nimmt die Zahl an billigen und flexiblen Aushilfskräften zu, die meisten davon leben in Wagenburgen. Die Gewerkschaft Verdi spricht von Tagelöhnern und vermutet, sie sollen die gestrichenen Arbeitsstunden der Angestellten kompensieren. Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD) weist die Kritik als haltlos zurück.
Seit zwei Jahren verfügt das Theater über einen Pool von etwa 25 Aushilfskräften, vor allem für die Arbeit hinter der Bühne. Die hätten zuvor schon für freie Theatergruppen wie Panoptikum gearbeitet, berichtet der kaufmännische Theaterdirektor Klaus Engert. Die jungen Frauen und Männer seien Selbstständige und hätten ihr Gewerbe angemeldet. Die meisten von ihnen wohnen in Wagenburgen, zum Beispiel bei den Schattenparkern im Eselwinkel im Stadtteil Mooswald. "Mir ist egal, ob die in Herdern oder in einem Wohnwagen leben" , sagt Engert.
Die
mobile Einsatzgruppe benötigt er für Spitzenzeiten. "Wenn unser
Personal nicht mehr ausreicht." 20 Euro bekommen die flinken Helfer pro
Stunde — ob sie die geforderten Sozialabgaben entrichten, entzieht sich
Engerts Kenntnis.
Gut ein halbes
Dutzend Schattenparker sei täglich im Theater, berichten Beobachter. Das
gehe nicht ganz ohne Reibung. Richtig Ärger gibt es, seit nun bekannt
wurde, dass das Theater die üblichen Mehrarbeitsstunden vor allem bei
den angestellten Bühnentechnikern schrittweise streichen will. Der
Personalrat rechnet in seiner internen Information vor, dass das vier
bis fünf Stellen entspreche. Die Vermutung: Die billigen Aushilfskräfte
sollen einspringen.
Empört ist
Gewerkschaftssekretärin Irmgard Tauss. Es handle sich um
Scheinselbstständige, die weder kranken-, noch renten- noch
unfallversichert seien. "Das sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse" ,
sagt die Verdi-Fachfrau. Sie hat keine Zweifel, dass diese Jobber nun
die Mehrarbeitsstunden der Festangestellten kompensieren sollen. Für den
Fall kündigt sie schon den Gang vors Arbeitsgericht an.
Tatsächlich
arbeiten die 47 Beschäftigten in den Werkstätten, auf der Bühne, im
Malsaal regelmäßig 41,5 statt 39 Stunden. Ein externer Gutachter
entdeckte darin ein Einsparpotenzial von 140 000 Euro im Jahr — das hat
die Theaterleitung schon fest eingeplant. Denn der Gemeinderat verlangt
vom Stadttheater einen Sparkurs. Doch nur wer mehr als 40 Wochenstunden
arbeitet, erhält auch die monatliche Theaterbetriebszulage von
durchschnittlich 200 Euro. Nun fürchten Personalrat und Betroffene
Lohneinbußen bis 450 Euro.
Unsinn, sagt
Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach. Die Zulage, die anstelle von
Zuschlägen für Überstunden oder Nachtarbeit gezahlt wird, bleibe
erhalten. Es gehe ausschließlich um die Mehrarbeitsstunden, die auch
nicht von Schattenparkern ausgeglichen würden, sondern durch bessere
Organisation.
Der Personalrat will
angesichts der schwierigen Situation dazu nichts sagen. Aber am Freitag
in der nichtöffentlichen Sitzung des Theaterausschusses. Denn die
CDU-Fraktion im Gemeinderat hat einen detaillierten Fragebogen vorgelegt
und verlangt Klarheit.
Krach hinter den Kulissen
Die Theaterleitung will Mehrarbeit streichen — Gewerkschaft und Personalrat vermuten, dass Billiglöhner einspringen sollen
Von unserem Redakteur Uwe Mauch
Hinter
den Theaterkulissen rumort es. Die Leitung will bei einem Teil der
Belegschaft die Mehrarbeit zurückfahren, um Kosten zu senken. Der
Personalrat ist strikt dagegen, weil er hohe Lohneinbußen befürchtet.
Gleichzeitig aber nimmt die Zahl an billigen und flexiblen
Aushilfskräften zu, die meisten davon leben in Wagenburgen. Die
Gewerkschaft Verdi spricht von Tagelöhnern und vermutet, sie sollen die
gestrichenen Arbeitsstunden der Angestellten kompensieren.
Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD) weist die Kritik als
haltlos zurück.
Seit zwei Jahren
verfügt das Theater über einen Pool von etwa 25 Aushilfskräften, vor
allem für die Arbeit hinter der Bühne. Die hätten zuvor schon für freie
Theatergruppen wie Panoptikum gearbeitet, berichtet der kaufmännische
Theaterdirektor Klaus Engert. Die jungen Frauen und Männer seien
Selbstständige und hätten ihr Gewerbe angemeldet. Die meisten von ihnen
wohnen in Wagenburgen, zum Beispiel bei den Schattenparkern im
Eselwinkel im Stadtteil Mooswald. "Mir ist egal, ob die in Herdern oder
in einem Wohnwagen leben" , sagt Engert.
Die
mobile Einsatzgruppe benötigt er für Spitzenzeiten. "Wenn unser
Personal nicht mehr ausreicht." 20 Euro bekommen die flinken Helfer pro
Stunde — ob sie die geforderten Sozialabgaben entrichten, entzieht sich
Engerts Kenntnis.
Gut ein halbes
Dutzend Schattenparker sei täglich im Theater, berichten Beobachter. Das
gehe nicht ganz ohne Reibung ab. Richtig Ärger gibt es, seit nun
bekannt wurde, dass das Theater die üblichen Mehrarbeitsstunden vor
allem bei den angestellten Bühnentechnikern schrittweise streichen will.
Der Personalrat rechnet in seiner theaterinternen Information vor, dass
das insgesamt vier bis fünf Stellen entspreche. Die Vermutung: Die
billigen Aushilfskräfte sollen einspringen.
Empört
ist Gewerkschaftssekretärin Irmgard Tauss. Es handle sich um
Scheinselbständige, die weder kranken-, noch renten- noch
unfallversichert seien. "Das sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse" ,
sagt die Verdi-Fachfrau. Sie hat keine Zweifel, dass diese Jobber nun
die Mehrarbeitsstunden der Festangestellten kompensieren sollen. Für den
Fall kündigt sie schon den Gang vors Arbeitsgericht an.
Tatsächlich
arbeiten die 47 Beschäftigten in den Werkstätten, auf der Bühne, im
Malsaal regelmäßig 41,5 statt 39 Stunden. Ein externer Gutachter
entdeckte darin ein Einsparpotenzial von 140 000 Euro im Jahr — das hat
die Theaterleitung schon fest eingeplant. Denn der Gemeinderat verlangt
vom Stadttheater einen Sparkurs. Doch nur wer mehr als 40 Wochenstunden
arbeitet, erhält auch die monatliche Theaterbetriebszulage von
durchschnittlich 200 Euro. Nun fürchten Personalrat und Betroffene
Lohneinbußen bis 450 Euro.
Unsinn, sagt
Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach. Die Zulage, die anstelle von
Zuschlägen für Überstunden oder Nachtarbeit gezahlt wird, bleibe
erhalten. Es gehe ausschließlich um die Mehrarbeitsstunden, die auch
nicht von Schattenparkern ausgeglichen würden, sondern durch bessere
Organisation.
Der Personalrat will
angesichts der schwierigen Situation dazu nichts sagen. Aber am Freitag
in der nichtöffentlichen Sitzung des Theaterausschusses. Denn die
CDU-Fraktion im Gemeinderat hat einen detaillierten Fragebogen vorgelegt
und verlangt Klarheit.
Münstereck
Gewisse Widersprüche
Das Theater als Arbeitgeber
Ein erklärtes Ziel des Stadttheaters ist es, gesellschaftliche Diskussionen loszutreten, über Gerechtigkeit, Kapitalismus, soziale Beziehungen. Das ist gelungen, aber aktuell ganz anders als beabsichtigt. Denn unversehens gerät die Theaterleitung in Erklärungsnot. Sie beschäftigt dauerhaft Aushilfskräfte zu günstigen Bedingungen, um Produktionsspitzen aufzufangen. Wie ein Betrieb, der Leiharbeiter einsetzt. Nur dass diese ordentlich versichert sind. Im Gegensatz zu den "selbstständigen" Wagenburglern, die als flexible Einheit hinter der Bühne arbeiten. Im Grunde ist das Vorgehen vernünftig: Intendantin und kaufmännischer Direktor versuchen, die staatlichen Zuschüsse möglichst effizient einzusetzen. Doch diese betriebswirtschaftliche Betrachtung will nicht so richtig zur Kapitalismuskritik des Theaters passen. Einen gewissen Widerspruch — nebenbei bemerkt — müssen auch die Schattenparker aushalten, die gerne und häufig die Stadtverwaltung kritisieren und sich nun von ihr engagieren lassen. So weit, so normal. Jetzt aber fürchten Gewerkschaft und Personalrat, dass die Theaterleitung den Festangestellten die bezahlte Mehrarbeit kappt und die Aushilfskräfte noch mehr in die Bresche springen lässt. Das wäre in der Tat ein Unding. Die Verantwortlichen weisen den Verdacht denn auch von sich. Trotzdem: Die Arbeitnehmervertreter werden darauf ein Auge haben müssen — und gegebenenfalls die Diskussion befeuern.