Trotz eines Versammlungsverbotes haben Aktivisten an der Castor-Transport-Strecke demonstriert. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Fünf Castor-Transportbehälter mit hoch radioaktivem Atommüll sind von Karlsruhe auf die Reise nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern gegangen. Gegen 03.15 Uhr verließ der Atomzug die ehemalige Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK). Mehrere hundert Polizisten sicherten den Zug ab. Kernkraftgegner hatten zuvor zu Protestaktionen aufgerufen. Bei einer Gleisblockade wurden 310 Castor-Gegner in Gewahrsam genommen. Gegen zehn von ihnen wird nach Polizeiangaben ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Schon am Vortag hatten Greenpeace-Aktivisten sich rund neun Stunden lang an die Gleise direkt vor der WAK gekettet. Der Atommüll soll am Donnerstag im Zwischenlager Nord in Lubmin ankommen. Der Zeitplan könne trotz der Blockade eingehalten werden, sagte ein Polizeisprecher.
Die Atomkraftgegner widersetzten sich mit ihrer Aktion in der Nacht gegen das Versammlungsverbot entlang der Castor-Strecke in Karlsruhe. Die Stadt hatte verfügt, dass am 15. und 16. Februar eine Zone von 50 Metern links und rechts der Straßenbahnstrecke S1 für Demonstranten tabu ist.
Rund 500 Aktivisten hatten sich an der Route des Atommüll-Transportes zu einer „Nacht-Tanz-Blockade“ versammelt. Kurz vor 23.00 Uhr liefen sie spontan zu den Schienen und konnten sich auf einer Strecke von rund 200 Metern problemlos auf die Gleise setzen. Die Polizei griff zunächst nicht ein. Gegen 01.30 Uhr begannen die Beamten, die Aktivisten von den Gleisen zu tragen und in Gewahrsam zu nehmen. Die Polizei richtete eine Art Wagenburg ein, wo sie die Aktivisten festhielt.
Vor und beim Abtransport kam es zu kleineren Rangeleien zwischen Aktivisten und Beamten, wobei nach Angaben der Demonstranten auch Tränengas eingesetzt wurde. Ein Polizist erlitt durch einen Schlag eine Gehirnerschütterung. Auf Seiten der Demonstranten gab es nach Polizeiangaben keine Verletzten.
Von der Wiederaufarbeitungsanlage führt die Strecke zunächst auf Stadtbahngleisen durch mehrere Wohngebiete der Gemeinden Eggenstein-Leopoldshafen und Karlsruhe. Von Karlsruhe aus sind zwei Routen denkbar: Über Mannheim, Darmstadt, Aschaffenburg, Fulda nach Thüringen bis Mecklenburg-Vorpommern. Wahrscheinlicher ist jedoch die Strecke über Bietigheim-Bissingen, Heilbronn, Würzburg nach Thüringen und dann in den Norden.
In den fünf Castoren sind 56 Tonnen radioaktiver Abfall aus der vor zwei Jahrzehnten stillgelegten WAK. Der früher als „Atomsuppe“ bezeichnete stark strahlende Müll wurde verglast, um ihn transportfähig zu machen.
Die Castor-Gegner stören sich vor allem daran, dass der Atommüll aus Baden-Württemberg nicht dort gelagert werden soll, wo er anfällt. Die Aktivisten zeigten sich zufrieden, dass sie die Gleise über Stunden besetzen konnten. „Richtig zufrieden sind wir aber erst, wenn alle Atomkraftwerke abgeschaltet sind.“