Verdeckter Ermittler: Ein britischer Spitzel hat beim Nato-Gipfel im April 2009 im Auftrag einer Sondereinheit der Freiburger Polizei die linke Szene ausgespäht. Die Praxis soll Straftaten verhindern – ist aber umstritten.
STUTTGART (dpa). Dies teilte Innenminister
Heribert Rech (CDU) auf eine Landtagsanfrage der Grünen mit. Rechs
Angaben sind den Grünen und der SPD noch zu dünn. Der Grünen-Abgeordnete
Hans-Ulrich Sckerl kritisierte am Freitag: "Die wesentlichen Fragen
bleiben unbeantwortet." So hülle sich Rech zu näheren Einzelheiten des
Einsatzes und die Bezahlung des verdeckten Ermittlers in Schweigen.
Rech hatte vor bereits den Einsatz eines Spitzels in der studentischen Szene in Heidelberg eingeräumt. Inzwischen gibt es Hinweise auf weitere verdeckte Ermittler.
Auch die SPD forderte Aufklärung. In der nächsten Sitzung des
Innenausschusses an diesem Mittwoch müsse Rech offenlegen, in welchem
Umfang es in Baden-Württemberg Einsätze verdeckter Ermittler in
studentischen Szenen gibt, sagte der SPD-Abgeordnete Rainer
Stickelberger. Er will auch wissen, wie viele ausländische Polizeibeamte
in Baden-Württemberg eingesetzt werden und was die genauen
Rechtsgrundlagen für den Einsatz während des NATO-Gipfels waren.
Die Staats- und Regierungschefs der Nato hatten am 3./4. April 2009 in
Baden-Baden, Kehl und Straßburg das 60-jährige Bestehen des Bündnisses
gefeiert. Dabei war es auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit
Nato-Gegnern gekommen, die gegen den Gipfel demonstrierten. Der Chef des
Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, hatte vor kurzem im
Bundestags-Innenausschuss berichtet, dass der Brite Mark Kennedy auch in
Diensten der baden-württembergischen Polizei gestanden habe.
Das Innenministerium erklärte daraufhin, es sei bei verschiedenen
Gipfeln in der Vergangenheit erforderlich gewesen, auch durch den
Einsatz ausländischer verdeckter Ermittler Erkenntnisse über geplante
gewalttätige Aktionen der linken Szene aus dem Ausland zu gewinnen. Vor
dem Nato-Doppel-Gipfel in Baden-Württemberg habe es zahlreiche
Vorbereitungstreffen gegeben, bei denen auch britische Aktivisten eine
Rolle spielten. Nun teilte das Ministerium auf die Grünen-Anfrage mit,
aus einsatztaktischen Gründen könnten keine Einzelheiten zum Einsatz des
britischen Ermittlers veröffentlicht werden. Minister Rech werde aber
im Landtagsausschuss unter Wahrung der nötigen Geheimhaltung darüber
berichten, sagte seine Sprecherin der dpa. Hinweise über Straftaten
ausländischer verdeckter Ermittler in Baden-Württemberg lägen dem
Ministerium nicht vor.
Nach Angaben der Antifaschistischen Intitiative Heidelberg sind auch
nach der Enttarnung des verdeckten Ermittlers mit dem Decknamen Simon
Brenner eine Frau und ein Mann als Spitzel des Landeskriminalamtes in
der linken Studentenszene aktiv. Die "unsägliche" Bespitzelung müsse
aufhören und verbliebene V-Leute müssten abgezogen werden, forderte der
Aktivist Michael Csaszkoczy. Die Begründung des Innenministeriums,
wonach mit dem Spitzeleinsatz schwere Straftaten verhindert werden
sollen, sei eine Floskel. "Die Begründung ist völlig aus der Luft
gegriffen". Das Innenministerium wollte sich dazu nicht äußern.