Stahl statt Gummi: Der Gummiknüppel hat bei der hessischen Polizei ausgedient. Das Land rüstet seine Einsatzkräfte mit mehr als 13.000 Teleskop-Schlagstöcken aus. Die sind allerdings umstritten.
Der neue Schlagstock der hessischen Polizisten erregt die Gemüter. Das ausziehbare Modell aus Stahl sei „eine wesentlich gefährlichere Waffe als die ursprünglichen Schlagstöcke aus Gummi“, sagte Andreas Schwantner von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International der Frankfurter Rundschau am Freitag. Insbesondere Schläge gegen den Kopf könnten schwere Verletzungen hervorrufen, „bis hin zum Tod“, fügte Schwantner hinzu. Der Hesse spricht für die „Fachkommission Polizeirecherche“ bei Amnesty Deutschland.
Der Menschenrechtler sprach sich dennoch nicht grundsätzlich gegen den Schlagstock-Wechsel bei der hessischen Polizei aus. Polizisten hätten die Erfahrung gemacht, dass schon das rasche Ausfahren des 50 Zentimeter langen Teleskop-Stocks potenzielle Täter so beeindrucke, dass ein Schlagstock-Einsatz nicht mehr erforderlich sei. Entscheidend sei aber eine gute Schulung der Polizisten im Umgang mit dem neuen Gerät, forderte Schwantner.
Ähnlich argumentierte Innenminister Boris Rhein (CDU). Er sagte am Freitag in Wiesbaden: „Das Interessante an diesem Schlagstock ist, dass das Vorzeigen in der Regel genügt, um Widerstand zu brechen.“ Der Minister versicherte, dass die hessischen Polizisten ausreichend geschult würden.
Gummiknüppel oft lästig
Rhein stützte sich auf einen Test, den hessische Polizisten vor der flächendeckenden Einführung des Teleskop-Schlagstocks gemacht hatten. Sie setzten das Gerät innerhalb weniger Monate 53 Mal ein. Dabei mussten sie aber nur neun Mal zuschlagen (davon sieben Mal gegen Sachen), während in 44 Fällen das „offensive Präsentieren/Androhen“ ausgereicht habe, wie es in dem Bericht der „Arbeitsgruppe Teleskopschlagstock“ heißt.
Hessen hatte den neuen Schlagstock seit zwei Jahren an seine Polizisten verteilt. Er sei aber „erst jetzt“ zum Einsatz freigegeben, hob Rheins Sprecher Robert Schmitt hervor. Die alten Gummiknüppel waren den Beamten oft lästig und wurden nach Polizeiangaben „nicht konsequent mitgeführt“.
Schlagstock-Hersteller Bonowi wirbt damit, dass der Einsatz des neuen Geräts „sehr wirkungsvoll“ sei. „Bei einem Schlag auf die großen Muskelgruppen des Oberarms oder Oberschenkel ist ein Angreifer in der Regel angriffsunfähig“, heißt es auf der Internetseite des Unternehmens.
Die Landtags-Opposition verlangt von Minister Rhein Auskunft über Nutzen und Gefahren der neuen Schlagstöcke. Grüne und Linke kündigten Fragen an den Innenminister an. Er solle am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags informieren.
Die Linken lehnen die neue Waffe wegen der Verletzungsgefahren ab. „Gummi ist besser als Stahl“, sagte Fraktionssprecher Thomas Klein. SPD und Grüne haben sich hingegen noch nicht festgelegt. Es sei wichtig, dass Beamte ausgestattet seien, um sich verteidigen zu können, betonten die Innenpolitiker Nancy Faeser (SPD) und Jürgen Frömmrich (Grüne). „Es ist die Frage, ob man die braucht“, sagte Faeser über die Stöcke. Sie warnte vor unnötigem „Aufrüsten“. Frömmrich urteilte: „Wir müssen die Frage der Durchschlagskraft klären und die Frage der schweren Verletzungen.“