Diesen Abend führten wir einen weiteren Knastspaziergang in Bern durch. Die Aktion führten wir anlässlich des Ermittlungsschlusses im Verfahren gegen Billy, Silvia und Costa durch. Wir zündeten diesmal vier Pneus an, und ihr fragt euch vielleicht: wer ist so bescheuert, Pneus anzuzünden, um für die Freiheit von Gefangenen einzustehen, gerade wenn es zusätzlich um die Freiheit von sogenannten Öko-AnarchistInnen geht?
Wir glauben nicht, dass wir mit brennenden Reifen die Welt verändern und Gefangene befreien können. Diese Aktion hat den simplen Zweck, mehr Aufmerksamkeit zu erlangen. Es wurden schon viele Knastspaziergänge durchgeführt, doch unsere Anliegen fanden den Weg an eine breitere Öffentlichkeit nicht. Ihr sagt, wir könnten uns nicht verbal ausdrücken und machen deswegen von Gewalt gebrauch. Doch wir wissen, ihr hört uns nicht an, solange wir Gewalt nicht als Mittel verwenden. Gewalt ist keine angeborene Ausdrucksform, kein biologischer oder psychischer Fehler eines Menschen, sondern nur die logische Antwort auf die Unterdrückung, Ausbeutung und Repression durch die Autoritäten.
Die Aktion führten wir anlässlich des Ermittlungsschlusses im Verfahren gegen Billy, Silvia und Costa durch. Die Ermittlungen wurden am zweiten Februar beendet (für mehr Informationen siehe: http://ch.indymedia.org/de/). Doch uns interessiert nicht, welchen Verbrechen unsere Genossen beschuldigt werden, und welche Beweise gegen sie aufgeführt werden. Wir verachten Knäste immer und überall.
Im Anhang befindet sich ein Text des ABC-Berlin (Anarchist Black Cross), welcher die Gründe für unsere Ablehnung gegenüber Knästen sehr schön darstellt.
Feuer und Flamme allen Knästen!
It's time for Direct Action!
Freiheit für alle Gefangenen!
Anhang:
Wieso sind wir gegen Knäste, gegen alle Knäste?
Wir sagen einfache Sachen, weil wir einfache Menschen sind.
Die
Gedanken, Wünsche und Träume, die wir versuchen auszudrücken,
trägt die Menschheit seit ihrer Entstehung in sich.
Eine endlose
Reihe von GesetzgeberInnen, PolitikerInnen, ExpertInnen,
Intellektuellen und anderen BefürworterInnen von autoritären Ideen
hat mit List und Tücke viele Fragen erschwert, sodass sich viele
Männer und Frauen als dumm und niedrig fühlen, Menschen, welche
sich immer nur auf das einzigste Buch indem irgendwelche Antworten zu
finden sind bezogen haben: dies der gelebten Erfahrung.
Sie erzählen uns, der Knast wäre der absolut notwendige Ort um Leute, welche die Gesetze der Gesellschaft übertreten zu bestrafen, zu maßregeln.
Nun, der Begriff „Regel” setzt hier voraus,
dass an der Basis dieser Gesellschaft freie Vereinbarungen getroffen
werden. Eine Gesamtheit von Normen, die von all denen, welche die
Gesellschaft bilden, freiwillig geteilt werden.
Ist dies
allerdings wirklich der Fall?
Vertreten Regierungen wirklich den
Willen der Regierten?
Stimmt der Arme mit Freude zu, wenn der Reiche durch seine Arbeit profitiert?
Würde der Dieb weiter
stehlen, auch wenn er eine Fabrik von seinem Vater geerbt hätte oder
von Zinsen leben könnte?
Wenn wir uns anschauen wie diese
Gesellschaft funktioniert, können wir uns nur dazu entscheiden wie
wir uns Gesetzen gegenüber verhalten wollen. Gesetze, welche andere
für uns beschlossen haben und die eine Regierung der Mehrheit der
Menschen aufgezwungen hat.
Bevor wir uns fragen ob es richtig ist
oder nicht diejenigen, welche die „Regeln“ übertreten haben mit
Knast zu bestrafen, müssen wir uns erst einmal fragen: wer
entscheidet – und wie – über die Regeln dieser Gesellschaft?
Sie sagen uns, Knast würde uns vor Gewalt beschützen.
Ist
dies aber wirklich der Fall?
Wieso sind denn die schlimmsten
Gewalttätigkeiten – wir denken an Krieg oder an Menschen die an
initiiertem Hunger sterben – perfekt legal?
Wieso landet jemand
im Knast, der/die wegen Eifersucht tötet, aber wenn jemand eine
gesamte Bevölkerung bombardiert, erlangt die Person Ansehen oder
wird sogar als “HeldIn” gefeiert?
Der Knast bestraft nur die
Gewalt, die entweder die Reichen und den Staat belästigt, oder ihnen
in irgendeiner Form Nutzen bringen – diese werden dann als
besonders abscheulich präsentiert (etwa wie Vergewaltigungen oder
andere Delikte die besonders grausam sind).
Allerdings wird die
strukturelle Gewalt der Machthabenden täglich vor dem Knast
beschützt.
Wie viele Unternehmen brechen täglich die Gesetze?
Wie viele der Inhaftierten sind ArbeitgeberInnen?
Um auch auf die
so genannten abscheulichen Verbrechen einzugehen: seht ihr es als
gerecht an, dass diejenigen, welche Geld fälschen, viel härter
bestraft werden als die, welche jemanden vergewaltigen?
Das darf
aber nicht seltsam erscheinen: das Gesetz muss das private Eigentum
beschützen, nicht das Wohl der Menschen.
Sie sagen uns, dass das Gesetz für alle gleich ist.
Im Knast
jedoch sitzen fast nur Menschen, die eine niedrige Schulbildung
besitzen. Illegalisierte, MigrantInnen oder Kinder von ArbeiterInnen,
welche zu meist wegen „Verbrechen“ an Eigentumsverhältnissen
sitzen, wegen Aktionen, welche hier in dieser Gesellschaft in der wir
leben tief verwurzelt sind. Es ist die Notwendigkeit, die sie von
morgens bis abends bewegt: Geld finden zu müssen.
Ohne zu
erwähnen, dass viele Gefangene schon draußen wären (oder Zugang zu
sogenannten alternativen Strafen hätten), wenn sie einfach das
benötigte Geld hätten, um eine/n anständige/n AnwältIn zu
bezahlen.
Sie sagen uns, Knast hilft dabei sich zu rehabilitieren oder in die Gesellschaft zu reintegrieren. Aber die Mehrheit der Gefangenen sind WiederholungstäterInnen, weil wenn sie wieder draußen sind, sie die gleichen Bedingungen – wenn nicht gar schlimmere – vorfinden, wie bevor sie eingeknastet wurden.
Wenn es einen Weg
gibt, wie mensch ein Individuum dabei behindern will über die
eigenen Taten zu reflektieren, dann ist es genau dieser letzte: durch
Buchführung ihm/sie den Wert eines wilden Tieres zu unterwerfen: x
Verbrechen, x Jahre.
Unabhängig von den unternommenen
„Verbrechen“ – wieso sollte er/sie sich am Ende der Strafe
(„der bezahlten Schuld”) in Ordnung fühlen? Wenn er/sie von den
Taten überzeugt ist (falls die Person z.B.: ein/e RebellIn oder
selbstbewusste/r DiebIn ist), wird nur Hass gegenüber einer
Gesellschaft empfunden, die ihn/sie eingekerkert hat, obwohl sie
selbst weitaus krimineller ist.
Wieso gilt es als erbaulich,
jahrelang von seinen/ihren eigenen ähnlichen getrennt zu sein, bis
dazu nichts spannendes zu machen, verurteilt zu werden, Zeit
verstreichen zu lassen, ausgebildet zu sein, dem/der SozialarbeiterIn
oder dem/der Psychologen/In etwas vorzutäuschen und gewohnt sich
immer den Oberen zu unterwerfen?
Am Ende fragen wir uns dann: ist
diese Gesellschaft wirklich so tugendhaft, als Verteilerin von so
gehoben Werten und so gleichgültigen Beziehungen, dass sie jemanden
empfehlen kann, ihn/sie in sich zu integrieren?
Sie sagen uns: selbst wenn sie Leute nicht rehabilitieren können, zumindest erschrecken sie sie.
Und wieso werden die Gefangenen
dann mehr und mehr? Wieso erweitert sich die Tendenz, mehr und mehr
Verhalten zu kriminalisieren?
Es handelt sich deutlich um ein
großes soziales Programm: die Armen von der Straße zu schaffen, um
gleichzeitig ins Big Business des Einsperrens zu investieren (wie
viele Firmen gibt es, die aus Bauaufträgen, Instandhaltungen,
Lieferungen usw. Profite schlagen?).
In den USA, dem Fanal der
Strafgesellschaft, gibt es mehr Gefangene als Bauern, obwohl die
Verbrechen weniger werden. Ist das der Weg, den wir gehen möchten?
Wir sind gegen den Knast, weil er geschaffen und entwickelt wurde, um die Privilegien der Reichen und die Macht des Staates zu beschützen.
Wir sind gegen den Knast, weil eine Gesellschaft ihn
nicht mehr braucht, wenn sie nicht auf Geld und Profiten sondern auf
Freiheit und Solidarität basiert.
Wir sind gegen den Knast, weil
wir nach einer Welt streben, wo die Regeln wirklich gemeinsam
entschieden werden.
Wir sind gegen den Knast, weil selbst das
grausamste Verbrechen irgendetwas über uns selbst erzählt, über
unsere Ängste, unsere Schwächen. Es bringt nichts, diese hinter
Mauern verborgen zu halten.
Wir sind gegen den Knast, weil die
größten VerbrecherInnen diejenigen sind, welche die Schlüssel
besitzen.
Wir sind gegen den Knast, weil nichts gutes auf
Unterwerfung und Zwang wachsen kann.
Wir sind gegen den Knast,
weil wir diese Gesellschaft radikal verändern wollen (und deswegen
ihre Gesetze übertreten), weil wir uns nicht friedlich in ihre
Städte, ihre Fabriken, ihre Kasernen, ihre Einkaufszentren
integrieren wollen.
Wir sind gegen den Knast, weil der Lärm der
Schlüssel im Zellenschloss eine tägliche Folter ist, Isolation eine
Abscheu, das Ende der Sprechstunde eine Qual, die eingesperrte Zeit
eine Sanduhr, welche langsam tötet.
Wir sind gegen den Knast,
weil das geschlossene Gremium der Schließer immer bereit ist zu
jeglicher Gewalttat oder jeglichem Missbrauch, entmenschlicht
aufgrund deren Gewohnheit zu Gehorsam und Denunziation.
Wir sind
gegen den Knast, weil er uns entweder viel zu viele Tage, Monate oder
Jahre, oder viel zu viele FreundInnen, Unbekannte oder GenossInnen
weggenommen hat.
Wir sind gegen den Knast, weil die Menschen,
diese wir darin getroffen haben, weder besser noch schlechter sind
als diejenigen, die unsere Existenz hier draußen kreuzen. (Oft, wenn
wir nachdenken, sogar besser).
Wir sind gegen den Knast, weil die
Notiz eines Ausbruchs unsere Herzen aufwärmt, mehr als der erste Tag
des Frühlings.
Wir sind gegen den Knast, weil die Welt, durch das
Loch eines Türschlosses gesehen, wie von verdächtigen oder
hinterhältigen Menschen bevölkert wirkt.
Wir sind gegen den
Knast, weil mensch den Sinn der Gerechtigkeit niemals innerhalb
irgendwelcher Gesetzbücher finden wird.
Wir sind gegen den Knast,
weil eine Gesellschaft die es braucht, Menschen einzusperren und zu
entmündigen, selbst ein Knast ist.
AnarchistInnen