Durfte ein ausgeliehener Polizeiagent aus Großbritannien auch in Deutschland spitzeln?.
BERLIN. Der Engländer Mark Kennedy hat als verdeckt ermittelnder Polizeibeamter militante Umweltschützer und Globalisierungskritiker in ganz Europa ausspioniert. Durfte er das? Die Zweifel wachsen, ob der Einsatz Kennedys zulässig war. Auch in Deutschland war Kennedy aktiv. 2007 infiltrierte er die Proteste gegen den G 8-Gipfel in Heiligendamm und beteiligte sich unter anderem an einer Straßenblockade.
Anfang 2009 war er auch in Baden-Württemberg tätig – im Umfeld des Nato-Gipfels von Baden-Baden. Sein drittes Standbein in Deutschland war Berlin, wo er eine langjährige "Liebesbeziehung" unterhielt. Angeblich war er dort nicht im Einsatz – obwohl er im Dezember 2007 am Rande einer Autonomen-Demo festgenommen wurde. Er hatte den Inhalt eines umgekippten Müllcontainers angezündet. Seine Freunde kannten nicht seinen wahren Namen, sondern nur sein Pseudonym "Mark Stone". Erst Ende 2010 flog das Doppelspiel des Mannes mit den langen Haaren und den Ohrringen auf. In rund zwanzig Ländern war Kennedy aktiv, von Island bis Italien. Inzwischen ist er in den USA untergetaucht. Er soll die Ausspionierten um Entschuldigung gebeten haben.
Die deutsche Polizei wusste vom Treiben Kennedys. Die Landesregierungen
von Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern schlossen mit
Großbritannien sogar eine Vereinbarung über die Details des Einsatzes.
Das Bundeskriminalamt fungierte nur als Vermittler, sagte BKA-Präsident
Jörg Ziercke diese Woche im Bundestag. Verantwortlich seien die Länder.
Grundsätzlich ist in Deutschland der Einsatz verdeckter Ermittler
erlaubt. Zur Aufklärung schwerer Straftaten oder zur Verhinderung
erheblicher Kriminalität darf die Polizei Beamte einsetzen, die unter
falschem Namen und mit falschem Paß ermitteln und sich so das Vertrauen
von Verdächtigen erschleichen. Geregelt ist das in der
Strafprozessordnung und in den Polizeigesetzen der Länder. Erst jüngst
war in Heidelberg ein Verdeckter Ermittler aufgeflogen, der linke
Studenten bespitzelt hatte.
Auch der Einsatz ausländischer verdeckter Ermittler ist nicht generell
verboten. Auf eine Anfrage der Linken erwähnte die Bundesregierung
jüngst das EU-Rechtshilfeübereinkommen, das solche Einsätze zur
Strafverfolgung erlaubt. Allerdings ist Mark Kennedy in Deutschland wohl
nicht zur Verfolgung, sondern zur Verhinderung von Straftaten
eingesetzt worden. Vermutlich fehlte seinem Einsatz deshalb die
Rechtsgrundlage.
Aber selbst wenn der Einsatz des Geheimermittlers zulässig gewesen sein
sollte, so durfte er in Deutschland jedenfalls keine Straftaten begehen.
Für ausländische Polizisten gilt in Deutschland das deutsche Recht. Und
auch ein deutscher verdeckter Ermittler darf sich nicht strafbar
machen. Wenn Mark Kennedy in Deutschland Brandstiftungen und andere
Delikte beging, so handelte er illegal. Die beteiligten
Landesregierungen wollten dies gestern nicht kommentieren.
Nicht geregelt ist, ob ein verdeckter Polizeibeamter Liebesbeziehungen
und sexuelle Affären haben darf. BKA-Chef Jörg Ziercke sagte im
Innenausschuss des Bundestags. "Das geht gar nicht." Ein ausdrückliches
Verbot findet sich aber weder in den Gesetzen noch in den Richtlinien
für verdeckte Ermittler. Es verstößt aber wohl gegen das Grundgesetz,
wenn verdeckte Ermittler sich in den Intimbereich von Personen
einschleichen, um diese besser aushorchen zu können.