Digital wegradiert: Offener Brief an Kristina S.

Erstveröffentlicht: 
21.01.2011

Der „Offene Brief an Kristina S.“ beim Neuen Wort von Radio Fritz, der vor wenigen Stunden noch auf der RBB-Website verfügbar war, hat sich leider in politischem Wohlgefallen und einem HTTP-Error 404 aufgelöst. Die Ausrede Begründung für die Entfernung dieses Beitrages zur politischen Unwillensbildung soll laut Fehlerseite sein, dass der RBB wegen des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages seine Inhalte nicht mehr zeitlich unbefristet ins Netz stellen darf — und dass man deshalb einen Artikel nicht mehr finden könne, weil er nach eine Woche gelöscht wurde.

 

In Berlin scheint so eine Woche freilich recht schnell zu vergehen. Heute ist der 21. Januar 2011, und der offene Brief wurde am 19. Januar 2011 publiziert. Vielleicht hilft es ja bei der Beschleunigung des Zeitablaufes, wenn ein Mitglied der Bundesregierung es nicht so gern sieht, dass jemand seinen Ekel über das zynische und widerwärtige Gelaber dieses Mitgliedes der Bundesregierung mit deutlichen Worten ausdrückt.

Zum Glück ist jedoch noch eine kleine Kopie des Briefes verfügbar. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass auch diese Kopie demnächst auf eine nicht leicht nachvollziehbare Weise wegradiert wird, hier noch einmal zum allgemeinen Genuss und Verdruss der Text des Briefes:

Su Holder sagt der Familienministerin ihre Meinung

Es ist ungefähr so, wie wenn der größte Klassenstreber, der immer nur Einsen schreibt, sagt: „Oh Gott, hoffentlich fall ich nicht durch“…

Familienministerin Kristina Schröder ist schwanger und sorgt sich um ihre Zukunft. Die Frauen der FritzRedaktion haben sich heute morgen extrem darüber aufgeregt.

Su Holder mit einem offenen Wort an die schwangere Familienministerin:

Liebe Kristina Schröder,

ich freu mich eigentlich immer über Schwangerschaftsbotschaften, aber alle Zitate von ihnen, die man heute lesen muss, rufen Ekel und Würgereflexe in mir hervor. Zum Beispiel: „Wir werden vor den gleichen Herausforderungen stehen wie viele andere Paare in Deutschland, bei denen beide beruflich sehr gefordert sind.“

Wie anmaßend, schamlos, unmoralisch, blind und bescheuert sind Sie eigentlich? Mit 16.529,50 Euro im Monat und einem garantierten, vergoldeten Betreuungsplatz in der 5-Sterne-Bundestags-Kita stehen Sie NICHT vor den gleichen Herausforderungen wie viele andere Paare in Deutschland.

Sie hoffen „Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen mit der Unterstützung ihrer Familien“… Erzählen Sie uns bitte nicht, dass Sie von Existenzängsten geplagt sich nachts wälzen und sorgen, ob das Geld für Windeln reichen wird, ob sie problemlos ihre Arbeitsstelle zurückbekommen. Fragen Sie sich lieber, wer eigentlich vor kurzem das Elterngeld gekürzt hat.

Ich wünsche Ihnen Sodbrennen, Wasserbeine, Müdigkeit, Krampfadern und Hämorrhoiden — wenigstens körperlich gleiche Herausforderungen.

Eine Zensur findet in der BRD übrigens nicht statt. Steht ja so im Grundgesetz.

Um auch noch die Leserkommentare nachvollziehen zu können, hier der Screenshot des offenen Briefes an Kristina S. als PNG.